| U. Albin Konrady und Jolanda Szabo auf der Bühne beim Theaterviertel-Fest. |
Nach dem bunten nachmittäglichen Treiben auf dem Augsburger Theaterviertel-Fest, auf diversen Bühnen, im Hofgarten, auf den Wiesen, in den Parks, zogen mit der Dämmerung auch immer dunkler werdende Wolken auf. Zum Finale kletterte die Band Budapester Puppenmuseum auf die Bühne vor der Baustelle des großen Theatergebäudes. Weil schon eine Absage des Konzerts der Horror-Rock-Band drohte, musste sie ohne Vorbereitung mit dem Konzert starten. Vor der Bühne hatte sich schon eine riesige Zuschauermenge gebildet, die trotz des drohenden Unwetters auf die Songs und die Show des Budapester Puppenmuseums hoffnungsvoll wartete.
Blaue, gelbe, rote, violette und grüne Scheinwerfer durchbrachen die Dunkelheit, ließen die Regentropfen wie fallende Sternschnuppen aufleuchten. Der Asphalt glänzte voller Nässe schwarz wie ein Fluss aus Pech, im gleißenden Licht der Straßenlaternen. Ringsum sah man die bedrohliche Silhouette der Stadt: eine hohe Mauer war eine riesige Kulisse, gestützt von eisernen Knechten, daneben ein monströser Kran, dessen Stahlgitter sich wie ein Skelett gegen den Himmel abzeichnete. Die runden Zementsilos hinter der Bühne wirkten, als seien sie gigantische Säulen einer antiken Kulisse für dieses nächtliche Spektakel.
Mit monumentalem Sound präsentierte das hervorragend rockende Quintett auf der Bühne puren Horror-Rock-Exzess. Song auf Song ließ die Band das Publikum nicht los, zog es an wie ein teuflischer Magnet: Wir hörten The Dark Triangle, Megabit In Love, Cassandra, Black Holes, Midnight Funeral, Opposite Of Amor und Night Of The Nights. Abwechslungsreiche Songs, die eine musikalische Bandbreite von tosendem Metal bis hin zum melodiösen Hardrock und melancholischen Balladen haben.
Ronald Danner, der Roboter-Drummer genannt, saß hinter seiner Schießbude in seinem übertrieben biederen Beamten-Outfit, das im Stroboskoplicht der Bühne ziemlich absurd wirkte. Draußen tobte das Unwetter. Doch Ronald ließ sich davon nicht beirren. Er war die unerschütterliche Basis dieses nächtlichen Konzerts. Seine Schläge waren präzise wie ein unermüdliches Uhrwerk.
| Hinter seinen Trommeln: Ronald Danner. |
Inmitten des tosenden Sturms aus Musik und Wetter bemerkten die Zuschauer einen Musiker, der die Bühne in ein Mausoleum der faszinierenden Klänge verwandelte: Rolf Spechtmeister, der langhaarige Bassist mit Hut! Outfit: Hippie-Bestatter-Look. Wenn seine Finger die vier Bass-Saiten zupften, war jeder Ton ein mächtiger Wumms, der in die Eingeweide des Publikums drang. Als der rotgekleidete Sänger von der Bühne verschwand, übernahm Spechtmeister gekonnt das Mikrofon und ließ seine facettenreiche Hardrock-Stimme erklingen. Es war auch seine Rolle, mit dem Beil einen gewissen Rudi Ohnescheiß aus seinem hölzernen Gefängnis zu befreien, eine Bauchrednerpuppe, das Maskottchen der Band.
| Bestatter am Bass: Rolf Spechtmeister. |
Ezra Almunkat, der Keyboarder des Budapester Puppenmuseums, schien an seinen schwarzweißen Tasten ein Sound-Bote des Unerklärlichen zu sein. Während der Regen auf das Dach der Bühne prasselte, stand er da wie ein Geschöpf aus einer anderen Welt. Seine Augen hinter einer Brille mit schwarzen Gläsern versteckt. Sein Anzug: flüssiges Silber, das jeden Scheinwerferstrahl widerspiegelte. Seine Hände und Finger: lang, fast knochig, schwebten über den Tasten, als würden sie nicht spielen, sondern Melodien aus der Luft zaubern.
| Ezra Almunkat in Silber wehrt sich gegen den Sänger in Rot. |
Die Gitarre der bleichgesichtigen Krankenschwester aus alter Zeit heulte wie Geister im Sturm. Die coole Gitarristin, Jolanda Szabo, holte bei ihrem Spiel faszinierende Töne hervor! Ihre Finger flogen über die sechs Saiten ihrer magischen Gitarre, dieses elektrische Sound-Skalpell. Jeder Jolanda-Akkord, jedes Riff, das sie den Saiten entlockte, war ein Wahnsinnsklang, der sich über das Publikum ergoss und es jubeln ließ.
| Unerschütterliche Jolanda Szabo an der Gitarre. |
Die markante Stimme von U. Albin Konrady, eine Erscheinung wie ein Zirkusdirektor aus einer anderen Zeit, mit hohem roten Zylinder, roter nietenbesetzter Reißverschluss-Lederjacke ausgestattet, gellte mit Punkblues-Elementen wie ein Tornado durch die Nacht und krallte sich in die Ohren der hin- und herbewegten Zuschauermenge. Fäuste reckten sich in den peitschenden Regen, während die Stimme des mysteriösen Sängers mit Radio auf der Schulter, wirbelndem Gehstock und spitzen roten Schuhen die Nacht zerschnitt, wie das Heulen eines Wolfs mit Opernerfahrung im blutroten Moor, aus dem unzählige Geisterstimmen antworteten.
| U. Albin Konrady versucht Töne einzufangen. |
Neben der Bühne, so war vom Veranstalter hinterher zu hören, hatte schon die Polizei gewartet, bereit, die Veranstaltung und das ganze Fest am Theater bei kommendem Hagel, der angekündigt war, sofort abzubrechen. Davon wusste das Publikum nichts. Für die Band, die das mitbekam, war das sicher eine große Belastung. Aber sie haben das tapfer durchgestanden und sich bewundernswerter Weise nichts anmerken lassen, sondern: volle Kraft voraus, alles gegeben.
Am Ende war es nicht die Polizei, die das Festival stoppte, sondern der Himmel selbst. Der Regen, erst nur ein rauschender und feuchter Begleiter des Konzerts, wurde zum Totengräber, das gesamte Theaterviertel-Fest musste leider bestattet werden.
Dieses Konzert zum Finale des Theaterviertel-Fest, auf dem wohl über 20.000 Menschen waren, war mehr als ein Konzert. Das war ein Aufstand gegen die Vernunft, schon eher ein dionysisches Fest. Die Band Budapester Puppenmuseum hatte nicht nur gespielt. Sie hatten ein düsteres Sound-Universum beschworen. Es stimmt, Augsburg wurde mit ihrem mystischen Sound infiziert!
Bericht: Dr. Mephisto (der manchmal leicht übertreibt!)
Fotos: Lothar Felkel
![]() |
| Das Budapester Puppenmuseum bedankt sich bei den nassen, aber begeisterten und standhaften Zuschauerinnen und Zuschauer. - - - |
Musik-Video "Midnight Funeral"
BUDAPESTER PUPPENMUSEUM

Kommentare
Kommentar veröffentlichen