Bob Dylan in Augsburg: Ein Hauch von Ewigkeit

"Rigoroses Regime mit Mitstreitern in einer kreativen Zwangsjacke"
Bemerkungen zum Konzert von Bob Dylan mit Band in Augsburg


Ich bin ja auch deshalb zum Konzert von Bob Dylan mit seiner Band gegangen, um ihn nochmal vor der Haustür zu erleben. War angenehm überrrascht. Die Band war absolut routiniert und sehr gut besetzt. Der Sound war - bis auf den Pianoton - top. 

Als aktiver Musiker kann ich sagen, dass der Sound bei diesem Bob Dylan-Konzert in der Schwabenhalle noch nie so gut war. Auch das Bühnenbild und die Beleuchtung waren stimmig und nie aufdringlich. Einen Mythos muss man ja auch nicht in Szene setzen; er hat sich die Bescheidenheit der medialen Unterstützung mehr als verdient. 

Aber: Ich hoffe, ihr seid mir nicht böse, wenn ich Folgendes zu kritisieren habe: Musik lebt und atmet durch Veränderung, Spontanität und Improvisation. Der Meister darf und kann an seinen Werken schrauben und sägen, wie er will. Es sind seine Eigentümer. 

Dass er seinen Mitmusikern keinen Raum für Improvisationen lässt, das muss ich ihm ankreiden. Wie gerne hätte ich in diesem komplett an den Blues angelegten Konzert ein ausgedehntes Steel/Mandolin/Geige/Gitarren/Bass- Solo von diesen großartigen routinierten Musikern gehört.

Das hätte seinen streckenweisen monotonen Sprechgesang entzerren können und der Lockerheit gut getan. Keine einzige zweite Stimme, kein Chor.

Da führt der Meister wohl ein rigoroses Regime und steckt die Mitstreiter in eine kreative Zwangsjacke. Habt ihr den Gitarristen lachen sehen? Auch das "ehrfürchtige" Publikum hatte wohl mehr Angst, den Meister durch falsche Reaktionen zu erschrecken. 

Natürlich: Standing Ovations! 

Doch für was? Lebensleistung, Konzert, Songs für die Ewigkeit? Es war toll das Konzert! Aber Bobby, als ehemaliger Streiter für Freiheit ... Mensch, lass doch deine Kollegen auch mal von der Leine. Dann wird das Konzert auch länger, spannender und demokratischer. Oder täusche ich mich?

Natürlich hat Bob Dylan das Recht, seine Songs immer neu zu erfinden. Klar! Allmählich setzen sich nach diesem Konzert die Eindrücke: Es ist eben nichts Neues entstanden, wenn man eine Melodie komplett anders umbaut, so dass sie definitiv nicht mehr erkennbar ist. Das wäre ungefähr so, als würde Beethoven das Tatatata als Tüüüteritütü aufführen. Heroica absurd.

War auch interessant, dass er hier in Augsburg vorgeführt hat, dass tatsächlich seine Texte im Vordergrund stehen und weniger seine Melodien.


Und noch eine kleine Anmerkung: Das Programm war mehrheitlich in einer bluesigen Ausprägung, die üblicherweise Raum für Improvisationen der Musiker lässt. Hier war deutlich zu erkennen, dass Bobby seinen Mannen keinen Raum geben wollte. Der Gitarrist hatte zwar jede Menge Gitarren, aber über ein paar kleine Sprengsel ... niente. Auch der Steeler/Geiger/Mandoline ... Staffage.

Folgende Songs von Dylan wie It Ain't Me, Babe, When I Paint My Masterpiece, Like a Rolling Stone und auch Highway 61 Revisited erkannte ich. Als Zugabe brachte er Blowin' in the Wind und It Takes a Lot to Laugh, It Takes a Train to Cry.

Der Rest kam mir irgendwie bekannt vor, konnte ihn aber nicht identifizieren.

Seine Lebensleistung nötigt mir Respekt ab und er hat auch das "Ei des Kolumbus" in musikalischer Hinsicht erfunden, mit dem andere dann davon geeilt sind. Er hat etwas losgetreten und war der entstandenen Lawine in seinen jungen Jahren nicht gewachsen.

Bin froh hingegangen zu sein und Bob Dylan in dieser guten Form erlebt zu haben. Und das Wichtigste: Einen Hauch von Ewigkeit habe ich ebenso mitnehmen können wie den Eindruck, warum dieser Mann einer ganzen Generation den Stempel aufdrücken konnte.






Karl Poesl, Musiker

Kommentare