Polit-Knall: Mardaus-Paar wechselt von SPD zu Grünen!

Frank und Caro Mardaus verließen die Augsburger SPD.
Bei den Grünen starten sie einen politischen Neuanfang.

Caro und Frank Mardaus wechseln nach einen frustrierenden Zeit bei der Augsburger SPD zu den Grünen, teilten uns Augsburger Polit-Insider mit. Frank Mardaus, der auch als Foto-Künstler aktiv ist, wurde vor allem durch seinen Widerspruch bei der Fusion Erdgas Schwaben mit den Stadtwerken Augsburg (SWA) bekannt. Auch seine Partnerin Caro war damals dagegen.

Die meisten Augsburger SPD-Leute im Augsburger Stadtrat waren damals allerdings für diese umstrittene Fusion, die mit viel Werbegeld durchgepeitscht werden sollte. Die Stadtrat-SPD hielt lieber zum CSU-Gribl und dessen Interessen. Auch wenn die Bürger dann sogar gegen diese Fusion stimmten und dem Mardaus-Duo recht gaben, wurden die beiden in der SPD nicht mehr glücklich. Auch als Kultur-Politiker wurde Frank Mardaus bei den Sozis nicht richtig ernst genommen. Statt sich mit dem Mardaus-Paar zu versöhnen, bockte die Augsburger SPD.

Caro und Frank Mardaus, die beide im Augsburger Lechviertel wohnen und den Ortsverein Ulrichsviertel der Sozialdemokraten leiteten, verließen stillschweigend ihre SPD im November 2018 und ließen sich vor einigen Wochen bei den Grünen als Mitglieder aufnehmen.

Die Beweggründe zum Übertritt beschreibt das Mardaus-Duo folgendermaßen: "Die SPD hat uns trotz vieler Bemühungen isoliert. Wir haben 15 Jahre gekämpft und sie haben uns verachtet."

Zum Einstieg bei den Grünen verrät das Mardaus-Paar: "Es war anfangs sehr schwierig, aber wir glauben, es wird ganz gut. Wir haben uns das vorher angeschaut. Die Grünen sind doch ein bisschen anders als wir dachten. Es gibt zwar bürgerliche Werte, aber doch auch viel Interesse und Kompetenz für das Soziale."

Nun hat die SPD Augsburg zwar zwei unbequeme Querdenker weniger, aber diese werden der  schwächelnden Partei zwischen Lech und Wertach als originelle Impulsgeber mächtig fehlen.

Eine Partei, die ihre Mitglieder nicht genügend respektiert, siehe auch den Weggang von Roland Wegner zu den Veganen, die kann viel leichter scheitern.


Augsburgs Grüne nahmen das Mardaus-Duo auf. Die Grünen haben vor einiger Zeit ihren Stadtrat Christian Moravcik an die SPD verloren.

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"Unsichtbarer Feind"
Unser Gespräch mit Caro und Frank Mardaus zu ihrem überraschendem Übertritt von der SPD zu den Grünen

Hallo Caro, hallo Frank, warum seid Ihr einst in die SPD eingetreten?

Frank: Ich bin das Kind einfacher Leute: Schon seit den 80er hatte ich gehofft, dass eines Tages die SPD die CSU ablösen kann, und eine soziale Politik nach Bayern kommt, damals war das nicht nur wirtschaftlich gedacht. Als Paul Wengert nach Augsburg kam, war ich eingetreten und wollte von Anfang an mitgestalten. Das hat auch gut geklappt. Da war ich schon als Künstler anerkannt und promovierte gerade, es war genau der richtige Zeitpunkt. Wir konnten der Partei in Augsburg ein gutes Profil geben, gerade was das Kulturelle angeht.

Caro: In meiner Jugendzeit, das sind die 70er, hatten wir viele neue Lebensformen ausprobiert, Leben auf dem Land, Begeisterung für Literatur, Kommunen. Die SPD war hochangesehen, die Grünen gab es noch gar nicht. Als dann Frank zu SPD ist, hat er mich mitgenommen und wir haben viel für sie gearbeitet, ich war 6 Jahre im Vorstand des Unterbezirks Ulrichsviertel.

Caro Mardaus liest aus ihrem Buch in der Augsburger Stadtbücherei.

Was gab es für Euch noch Ärgerliches in der Augsburger SPD außer der Befürwortung der Fusion?

Frank: Man kann das gar nicht so sehr an einzelnen Leuten festmachen. Es ist häufig eine eigenartige Stimmung, man glaubt immer, gegen Wände zu reden. Ich diskutiere gerne über Möglichkeiten. Aber in der SPD habe ich in 15 Jahren keine freie Diskussion über ein tatsächlich zur Entscheidung anstehendes Thema erlebt, außer die im Ortsverein der Innenstadt, den ich 14 Jahre führte. Alles ist von einer unsichtbaren Struktur gesteuert, die treffend schon vor 80 Jahren beschrieben wurde. Das hat weniger mit Hinterzimmerpolitik zu tun, sondern mit einer historischen Verkrampftheit gegenüber einem unsichtbaren Feind. Wo, wenn nicht in der SPD, müsste man über die Dialektik der Aufklärung der Frankfurter Schule heute noch reden, also über die Verheerungen durch den Monopolkapitalismus in allen Lebensbereichen. Aber in Augsburg ging es letztlich nur darum, ob die Streugutkiste bleibt. Womit ich nichts gegen diese Einrichtung gesagt haben will, denn jeder weiß, wie teuer Streugut im Winter beim Baumarkt ist.

Caro: Ich will ein Beispiel geben, dass mich betrifft. Im Arbeitskreis Kultur machten wir einen Vorschlag zur neuen Bücherei. Aber kurze Zeit später hieß es, ich wolle den Posten des Büchereileiters. Kaum einer in der Partei glaubt, es gäbe andere Motivationen, als das eigene Weiterkommen zu sichern. Oft genug schaut es ja danach aus. Wir glaubten, irgendjemand sähe die Notwendigkeit, das zu ändern. Die Partei hätte neu aufgebaut gehört, und lange versuchten wir es. Aber nein, der Neffe von Klaus Kirchner, der ehemalige Ordnungsreferent, wird wieder – genau: Ordnungsreferent. Und nun wahrscheinlich OB-Kandidat, wie uns vor 5 Jahren der Genosse Leichtle aus Haunstetten versicherte.

Frank Mardaus mit seiner Caro und deren Zwillingsschwester.


Welche SPD–Leute in Augsburg findet Ihr trotzdem immer noch in Ordnung?

Frank: Fangen wir bei Paul Wengert an, dem ehemaligen Augsburger Oberbürgermeister und zwar nicht nur, weil er uns immer gefördert hat. Wengert hat Augsburg weitaus mehr vorangebracht als Kurt Gribl. Wengerts Projekt, den Bahnhof umzubauen, und in Folge dessen auch den Königsplatz, wird in 50 Jahren noch Bestand haben, genau so wie die Entscheidung für eine neue Eishalle und auch das Fußballstadion. Er wusste genau, dass die Kultur auch nach der Gründung des Textilmuseums und des Museums im Glaspalast, dem Neubau der Stadtbücherei weiter entwickelt werden muss. Dann sind es die Landtagsabgeordneten. Ich sage nur Harald Güller, ein Kämpfer, mit dem wir viele wertschätzenden Gespräche geführt haben.

Caro: Ja gut, das sind die „Höheren“. Aber was wirklich toll war, sind die einfachen Mitglieder, ihre Treue und Überzeugung. Es waren die Genossinnen und Genossen in unserem Ortsverein, ohne wenn und aber. Zum Beispiel die kürzlich verstorbene Alt-Stadträtin Lisl Williams, der Jurist Matthias Künzel, wir waren ja viele und was haben wir nicht alles gemacht. Und bei den Landtagsleuten: Simone Strohmayer, was für eine Frau! Die hat Überzeugungen und hilft viele Leuten.

Frank Mardaus beim Diskutieren über Kunst.

Warum seid Ihr denn zu den Grünen und keiner anderen Partei in Augsburg gegangen?

Frank: Gute Frage, denn ich hatte durchaus Vorurteile gegen die Grünen, von wegen zu bürgerlich. Aber ich habe das nicht so bestätigt gesehen. Zu Bruno Marcon? Mit ihm haben wir erfolgreich gegen die Fusion gekämpft und er hat es gut gemacht. Aber eine Partei von Substanz braucht Geschichte und demokratische Kultur. Bei den Grünen wurden wir sehr freundlich aufgenommen.

Caro: Als wir aus der SPD rausgegangen sind, war das zunächst einmal, um dem Terror, den wir durch die SPD erfuhren, ja, man muss schon von institutioneller Gewalt sprechen, ein Ende zu machen. Wir wurden an den Rand gedrängt, und dafür auch noch zahlen? Nein! Es war jedenfalls unklar, ob wir uns weiter engagieren. Aber dann, wie das so ist, mit dem Frühlingswind, hatten wir Lust auf soziales, also politisches Leben, wir machen es zu lange und zu gerne, und – nun darf ich es sagen – für mich als Naturliebhaberin und Gärtnerin – ist sowieso nichts anderes in Frage gekommen.


Was könnt Ihr bei den Grünen in Augsburg vielleicht bewegen?

Frank: Wir stehen nach der Europa- vor der Kommunalwahl. Da geht es ums Ganze, zum ersten Mal in Bayern ist ein grüner Bürgermeister oder grüne Bürgermeisterin möglich. Davon wollen wir alle, die wir kennen, überzeugen. Kulturell hat sich viel getan, aber im Bereich der Museen sehe ich großes Potential, etwa bei der Frage, wie die Römerstadt sichtbarer sein soll, aber auch bei der bildenden Kunst gibt es einiges zu tun.

Caro: Mir ist ein Anliegen, dass Augsburg mehr für die Schriftsteller und auch das literarische Leben in der Brechtstadt noch mehr tun kann. Da kann auch die regionale Zeitungslandschaft etwas mehr tun.

Caro und Frank Mardaus bei ihrer Foto- und Text-Ausstellung im Augsburger Holbeinhaus.

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