Als die Pest in Augsburg wütete und 16.000 dahingerafft wurden - Interessant in Corona-Zeiten



Mittelalterlicher Pestarzt mit Schutz-Maske.

Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber mit Schutz-Maske.


Besonders schlimm soll die Seuchenkrankheit Pest um 1420, also vor 600 Jahren in der Freien Reichsstadt Augsburg gewütet haben. Laut alten Chroniken seien damals 16.000 Menschen gestorben, die sich mit der Pest-Krankheit infiziert hatten. Dagegen sind unsere Corona-Pandemie-Zahlen der Todesfälle in Augsburg bis jetzt eher harmlos. Natürlich waren die Ärzte damals ziemlich machtlos gegen die unbekannte Seuche. Viele Blätter und Bücher wurden in Augsburg von Ärzten verfasst, die über diese schreckliche Krankheit informieren sollten. Den Bürgern war damals schon klar, dass es ungünstig war, sich mit vielen Leuten an einem Platz oder in einem Haus aufzuhalten. Wer genug finanzielle Mittel hatte, der floh aus dem tödlichen Augsburg zu seinem Landsitz.

"Für die Augsburger Stadtärzte waren die natürlichen Ursachen der Luftvergiftung von größter Bedeutung. Darum wiesen sie vor allem auf die Auswirkungen der unregelmäßigen Jahreszeiten hin: Die vernünftigen ursachen fürgeben und die erfarung bezeüget / und achten / niemand verstendiger werde zweiflen, das diese Pestilentz erwachse durch unnatürliche zeyt etlicher jar so nach ainander gewesen seind . 

Der Ausbruch der Epidemie konnte nach der damaligen Auffassung insbesondere dadurch verursacht werden, dass Frühling und Sommer warm und feucht waren und danach ein milder und ebenfalls zu feuchter Herbst und Winter folgte. Wenn dann noch im Jahresverlauf keine längere Hitzeperiode stattfände, die die Feuchtigkeit aus der Luft, der Erde sowie den menschlichen Körpern söge, könnten daraus leicht die Fäulnis im Blut und in anderen Körpersäften entspringen. 

In derartigen Jahren wären vor allem ungekochte Früchte sehr schädlich und es käme zur Verstopfung aller dampf oder schwaißloechlach im Körper, wodurch der mensch genaigt ist solche boese eintruckung zu empfahen. Nach Ansicht der Stadtärzte neigten insbesondere diejenigen Menschen zur Pesterkrankung, die in warmer und feuchter Luft lebten, deren Leib verstopft und unrein sei, die an Müβiggang und Fülligkeit gewohnt seien, wie auch viel Koitus und erschrockenen weybischen herzlosen gemut hätten." 

Das alles und viel mehr über diese Horror-Krankheit in Augsburg, die schon vor 1420, aber auch nach 1420 ausbricht, schreibt Mariusz Horanin aus Kołobrzeg, Polen in seiner Dissertation zur Erlangung des philosophischen Doktorgrades an der Philosophischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen. 

Medizinbuch zur Aufklärung über die Pest-Seuche, in Augsburg gedruckt.

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Um die Menschen von der Pest heilen zu können, wurden damals in Augsburg Pest-Hospitale errichtet. Über diese weiß Mariusz Horanin auch einiges zu berichten: 

"Nach der Aufnahme ins Pesthospital wurden die Kranken ihrer eigenen Kleidung entledigt und dann in ein vom Barbier und dem Brechvater gemeinsam verordnetes Bett gelegt. Ihre Kleidung und sonstige Sachen seien dabei in den Gemächern der Kranken aufzubewahren, damit man sie ihren Inhabern im Fall einer Genesung wieder zurückgeben konnte." 
Augsburger Pest-Hospital außerhalb der Stadtmauern.


Alle Waffen, die von Kranken mitgebracht wurden, mussten während ihres Aufenthaltes zur Sicherung der Hausordnung unter die Aufsicht des Brechvaters genommen werden. Nach dem Tod eines Kranken durfte seine Kleidung nicht mehr benutzt werden, sondern wurde verbrannt. Und wenn von den Insassen der Pesthäuser Essen und Getränke übrig waren, durfte man es keinesfalls an Personen außerhalb des Hospitalgeländes weitergeben. Es wurde alles in die Wertach, die Singold, oder in den Lech geschüttet. 

Die Pest-Kranken und Rekonvaleszenten wurden in einem der zwei Brechhäusern getrennt voneinander versorgt, damit die genesenden Personen nicht mehr von den Kranken vergiftet werden konnten.
Zudem waren die Insassen nach Geschlechtern getrennt untergebracht. Die Frauen lagen in den Betten auf der Erde und die Männer mussten in den oberen Bettgestelle schlafen.

Pest-Kranke werden untersucht und die unzähligen Pest-Leichen werden in Massengräber gebracht.

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Während wir heute täglich, ja stündlich, über Corona-Infizierte und Corona-Tote überall hören und lesen können, hatten die Augsburger Stadträte früher eine andere Strategie:

Die Augsburger Obrigkeit wollte den Schrecken unter den Einwohnern in der Seuchenzeit einschränken, wodurch nach der damaligen Auffassung der Mediziner, die Erkrankung an der Pest leichter ihren Anfang nehmen würde. Daher verordneten die Ratsherren: den Verstorbenen durch die Pest, viel zahlreicher als in normalen Zeiten, samstags mit Glockenläuten zu gedenken. Außerdem solle auch die Anzahl der Pestopfer nicht öffentlich angegeben werden. Auch das Verbot des Tragens von Trauermützen die das Gesicht völlig verhüllten, war gegen aufkeimende Panik gerichtet. Nach der Erkenntnis des Rates konnten diese Kopfbedeckungen den Bürgern mehr Entsetzen als Trost spenden.

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