Kommentar zur Woche
Was darf Satire? heißt die derzeit in allen Medien kontrovers diskutierte Frage. Deshalb sei in der Augsburger Internet-Zeitung auch mal hinterfragt, was eine gute Satire auszeichnet und wo die Grenze zum Kabarett, zur Comedy, zur bloßen Ha-Ha-Show verläuft.
Der einstige, in Augsburg bekannte Hofnarr, der Kaufbeurer Kunz von der Rosen (1470 bis 1519) hatte dem „heimlichen Bürgermeister von Augsburg“, Kaiser Maximilian I. die Wahrheit gerne durch die Blume gesagt. Der in Deutschland zu Lebzeiten oft verfemte Heinrich Heine (1797 bis 1856) war desgleichen ein brillanter „Dichter als Narr“. Und in Augsburg bleibt unvergessen der meistens sanfte Satiriker Rüdiger Schablinski.
In den Goldenen Zwanzigern des vorigen Jahrhunderts nun tat der wunderbare Kurt Tucholsky (1890 bis 1935) auf den Satire-Plan und lehrte die Deutschen in seinen Texten und Gedichten Mores. Nach der unsäglichen Naziherrschaft trat, als die Deutschen wieder normal geworden, in den 1950er Jahren der bis heute kaum zu toppende Loriot alias Vicco von Bülow (1923 bis 2011) auf die Satire-Bühne. Er und nach ihm noch andere wie Jürgen von Manger, Wolfgang Neuss, Hanns Dieter Hüsch, Dieter Hildebrandt, Elke Heidenreich, Gerhard Polt und Lisa Fitz waren und sind weit entfernt von der Sintflut jener Comedy-Stars, die von der Prämisse einer Satire, nämlich die Persönlichkeits- oder besser noch die Menschenrechte zu wahren und dazu nicht zu tief unter der Gürtellinie zu spielen, weitest entfernt sind!
Deshalb sei hier nachtarockt auf die Tucholsky-Frage: Was darf Satire?“ Tucholskys Antwort war: „Alles.“ Tucholsky hatte mit diesem „Alles“ Recht zu einer Zeit, in der es unter der Gürtellinie noch nicht so heiß und freizügig zuging wie heute im TV, auf youtube und in den sozialen Medien, zu einer Zeit also, in der „Me too“ noch kein Mainstream-Propagandathema war, sondern in der es galt, Unrecht so intelligent aufzuzeigen, dass Leser zum Nachdenken gezwungen wurden. Es war das geschriebene und das gehörte Wort, das Gedicht oder die Erzählung, die gezielt traf und nicht der gewollte, publicitysüchtige Blick in jede Kamera. Kurt Tucholsky war in Sachen Satire kein gnadenloser Selbstdarsteller.
Auch heute noch muss sich eine Satire um die Sache, aber nicht um die eigene Person drehen. Dass der eine oder die andere Comedy-Selbstdarsteller*in gerne auf den Satire –Sexy-Selbstdarsteller-Zug aufspringt, ohne zu wissen, wohin die Fahrt geht, ist nur eitel und von Mitläufertum geprägt. Mitläufer aber hatten und haben wir schon genug!
Lore Richter
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