"Wunder gibt es immer wieder" - Kritik zu "Die Physiker" im Augsburger Staatstheater

Die Physiker, v.l.: Sebastian  Müller Stahl und Jenny Langner.
Foto:  Jan-Pieter Fuhr


Irre, einfach nur irre! Dieses Wort erhellt, was in „der Klinik Park Martini“ auf der Bühne und in der Gegenübertragung beim Publikum abgeht.

Regisseurin Antje Thoms – in Augsburg bekannt mit ihren Inszenierungen von Hanoch Levins „Das Kind träumt“ und der „Gas-Trilogie“ von Georg Kaiser – zeigt mit Ausstatter Florian Barth, was Friedrich Dürrenmatt der Welt vor Augen führen wollte: nämlich, dass diese „irre“ ist. Dürrenmatts Handlung von 1961 auf das Jahr 2020 verlegt, zeigt mit AHA- Effekten (Abstand, Hygiene, Atemmaske), was sich auf der Weltbühne abspielt.

Zur Uraufführung 1962 im Schauspielhaus Zürich, war der Konflikt zwischen den USA und der Sowjetunion noch durchschaubar. Was hat sich seither geändert? Nichts, müssen die Theatergänger zugeben. Außer, dass vor 50 Jahren keine Pandemie um den Erdkreis strömte, und die Angst vor dem Ende sich nicht nur auf zwei Irre an den Schalthebeln reduzieren lässt.

Im „Irrenhaus“ des Staatstheaters Augsburg passen sich die „Klinik-Insassen“ Johann Wilhelm Möbius (irre gespielt von Sebastian Müller-Stahl), der sich seiner Bedeutung stets bewusste Sir Isaak Newton (Gerald Fiedler) und das Übergenie Albert Einstein (Klaus Müller stuft ihn ab in die Kategorie Normalo) den Gegebenheiten an. 

Morde à la Geheimdienst-Operationen gehören dazu, und Klinikleiterin wie Strippenzieherin Mathilde von Zahnd (Eins A: Ute Fiedler) toppt das Verrücktsein ihrer Patienten. Zur Auflockerung wird Flöte gespielt und gesungen: „Happy birthday“ beim Händewaschen wegen der Corona-Hygienevorschriften und auch Katja Epsteins Hit „Wunder gibt es immer wieder“. Schade, Mitsingen ist wegen Corona verboten.

Diese Augsburger „Physiker“ nerven ganz wunderbar. Im kaum veränderten Originaltext gibt es lokale Querverweise, die die Lachmuskeln reizen.

Welche Hoffnung kann der Besucher aus diesem „Irrentheater“ mit nach Hause nehmen? Wie wär’s denn mit dem Gedicht des Augsburgers Bert Brecht: „Gegen Verführung“? 

Applaus ohne jede Ausnahme im Theater im Martinipark


Sybille Schiller

Die Physiker, v.l.: Gerald Fiedler, Sebastian Müller-Stahl, Ute Fiedler.
Foto: Jan-Pieter Fuhr

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