Augsburgs Kulturszene trauert: Christel Peschke ist verstorben!

Christel Peschke singt Brecht am Augsburger Wasserturm bei der Kahnfahrt.


Christel Peschke war eine der beliebtesten Schauspielerinnen und Sängerinnen in Augsburg. Geboren wurde sie am  26. März 1938 in Troppau in der Tschechoslowakei. Von 1965 bis zu ihrer Pensionierung 2003 war Peschke beim Ensemble des Augsburger Stadttheaters. Ebenso war sie künstlerisch aktiv als Sprecherin für die Augsburger Puppenkiste.

Die letzten Jahre lebte Peschke bei der Augsburger Kahnfahrt, wo auch Bert Brecht aufwuchs. Fast täglich kurvte sie auf ihrem roten Fahrrad durch Augsburg. Als Sängerin trat sie in letzter Zeit noch bei den Talk-Runden mit a-tv, auch beim Brecht-Brunch, in der Kultur-Kneipe Brechts Bistro im Lechviertel auf. 

Bei einer Lesung vor einigen Wochen mit Timo Frasch und Harald Schmidt in der Augsburger Stadtbücherei begrüßte sie ihren ehemaligen Schauspiel-Kollegen Schmidt, der mit ihr öfters gemeinsam auf der Bühne des Augsburger Stadttheaters stand. 

Vor einigen Tagen hat der Jazz-Musiker und Komponist Wolfgang Lackerschmid mit ihr noch wegen einem kommenden gemeinsamen Auftritt telefoniert. Mit ihm und seiner Frau, der Sängerin Stefanie Schlesinger, hatte Peschke als Erzählerin "Mein Violoncellchen - als Mozarts Bäsle errötete" im Martini-Park des Augsburger Staatstheaters aufgeführt.

Christel Peschke ist nun in Augsburg verstorben. 

Sie war auch die packende Mutter Courage im Brecht-Stück am Augsburger Theater. 
(Fotos: Lima423)

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Ihr Augsburger Schauspieler-Kollege Klaus Müller verabschiedete sich mit folgen den Worten von Christel Peschke: "In Peer Gynt war Christel Peschke meine Mutter Aase - und ich habe sie zum Himmelstor gefahren. Wir beide mochten diese Szene sehr, und oft, wenn wir uns trafen oder miteinander telefonierten, haben wir uns daran erinnert. Ganz leise ist sie hinübergegangen auf der Bühne. Und danach schloss sich der Vorhang: Sie war zur Pause „abgespielt“, wir mussten weiterspielen. Ich werde dich vermissen, Christel! Adieu."

Christel Peschke und Klaus Müller.


Mit dem Musiker Geoffrey Abbott am Piano vertonte Christel Peschke in Bert Brechts Geburtshaus Gedichte und Lieder aus Brechts „Hauspostille“. Kommentar der Zuschauer: "Eindrucksvoll interpretiert an einem ebenso bewegenden wie nuancenreichen Nachmittag. Den Künstlern gelang in der von ihnen getroffenen Auswahl – trotz gewohnt gesellschaftskritischer Brecht’scher Grundhaltung – ein spannender Stimmungswechsel: von tief düsteren und bitteren Tönen bis hin zu sanft-lyrischen Akzenten, die alle Gäste mitnahmen.“ Mit Abbott präsentierte sie in der Langen Brechtnacht beim Augsburger Brecht-Festival 2016 das Programm „In der Frühe sind die Tannen kupfern“ mit Lieder und Gedichte Brechts aus den Jahren 1945 – 56.

a3kultur berichtete über Christel Peschke: "Es spricht für ihre Vortragskunst ebenso wie für die Intelligenz ihres Publikums, dass dabei immer wieder kleines glucksend-glückliches Lachen zu hören war. 'So wie du sie vorträgst, machst du die Texte durchsichtig', sagte nachher David Ortmann, Hausregisseur am Staatstheater Augsburg."

Christel Peschke in "Arsen und Spitzenhäubchen".


»Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt.«
(Bertolt Brecht)
Unvergessen bleibt Christel Peschke. Untrennbar bleibt sie mit unserem Haus verbunden.
Nach ihrer Schauspielausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart und verschiedenen darauffolgenden Engagements, wurde sie 1965 festes Mitglied des Schauspielensembles am Theater Augsburg und blieb es bis zur ihrer Pensionierung 2003. Auch in den Jahren danach durften wir sie regelmäßig als Gast begrüßen. Ihr letztes Engagement bei uns war für 2019 geplant. Doch ihre Krankheit kam dazwischen. 

Christel Peschke in "Romeo und Julia".


Christel Peschke begann an den damals noch Städtischen Bühnen Augsburg als Operetten- und Musicalsängerin. Und fand letztlich ihre Berufung in der Schauspielerei, allen voran als Brecht-Interpretin. Der damals ebenfalls am Theater Augsburg engagierte Schauspieler und spätere Showmaster Harald Schmidt machte sie damals mit Bertolt Brecht vertraut. Und obwohl Brecht Christel Peschke vor ihrer Zeit in Augsburg nicht wirklich ein Begriff war, fand sie in seiner Geburtsstadt eine tiefe Verbundenheit zu seinem Schaffen. 

Unvergessen bleibt sie durch ihre Rollen, wie die der Mutter Courage. Die der Aase in »Peer Gynt« oder der Fräulein Schneider in »Cabaret«. Ihre letzte Paraderolle spielte sie noch in der Alten Komödie als Martha Brewster in »Arsen und Spitzenhäubchen«, das über siebzig mal zur Aufführung kam.
Unvergessen bleibt sie aber vorallem durch ihre Persönlichkeit. Warmherzig, stets von kindlicher Fröhlichkeit umgeben, eine immer währende Neugierde in sich tragend.
Christel Peschke bleibt fest mit der Augsburger Theatergeschichte verbunden.
Wir werden ihr ein ehrendes Andenken bewahren. (Staatstheater Augsburg)

Brecht-Festival 20190.

Der kleinen Hexe, der Meerjungfrau Sursulapitschi, der Schneekönigin, dem schläfrigen Lama, der Pechtrine, Papagena, der 13. Dornröschen-Fee, unzähligen Kabarett-Figuren und vielen, vielen mehr. Ihnen allen hat Christel Peschke ihre einzigartige, wandlungsfähige Stimme verliehen. Vor 50 Jahren hatte sie im „Kleinen König Kalle Wirsch“ zum ersten Mal eine Sprechrolle für die Puppenkiste übernommen. Auch noch in unserem „Kabarett 2020“ war Christel Peschke beteiligt.
Ihre unvergleichliche Stimme wird in der Augsburger Puppenkiste noch lange zu hören sein. (Augsburger Puppenkiste)

Siegfried Zagler schrieb in seiner DAZ: "Peschke war in Augsburg eine Berühmtheit, eine Institution der Schauspielkunst, eine Diva ohne Allüren. Das Schelmenhafte der Jugend schien der Schauspielerin nicht verloren zu gehen. Nach ihrer Ausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart und verschiedenen Engagements in Oberhausen, Dortmund, Münster und Wunsiedel kam Peschke nach Augsburg – und blieb. Von ihrer Erkrankung, gegen die sie sich viele Jahre zu wehren verstand, wussten nur wenige."

 Das Foto zeigt Christel Peschke bei einem Konzert im Brechthaus vor einem Jahr.

Der Brechtkreis trauert um unser Mitglied Christel Peschke. Sie war und blieb die Mutter Courage des Augsburger Theaters, bis zuletzt im Kontakt mit ihrem Publikum, bei unvergesslichen Auftritten mit Rezitation und Gesang, oft am Klavier begleitet von Geoffrey Abbott. Das Dreigroschenheft schrieb über dieses Konzert: "Und wie mitfühlend Christel die Marie Farrar spricht, die hilflose Magd, die ihr Kind getötet hat, und wie couragiert-lebensfroh die Ballade von den Seeräubern – ein uneingeschränkter Genuss. Bedauernswert, wer‘s nicht hören konnte."
Noch vor wenigen Tagen trat sie im Bürgertreff Hochzoll auf. Sie ist unvergesslich.
Michael Friedrichs / Brechtkreis

Peschke und Poldi.

Gemeinsam mit der Schauspielerin Christel Peschke (ehemaliges Ensemblemitglied des Theaters Augsburg) haben Ingrid Hausl (Fagott) und Cornelia Wild (Klavier) 2015 "Die wundersamen Märchenballons" auf CD aufgenommen. Nun können sich Jung und Alt das Märchen über Glück und Freundschaft sowie die traumhafte Musik von Camille Saint-Saëns mit ihren warmen Fagott- und Klavierklängen auch zu Hause anhören.

Christel Peschke und Natalie Böck. Seit 1995 leitet Böck zusammen mit ihrem Mann,
István Németh, das DC No1.


DanceCenter No1: Ruhe in Frieden liebste Christel, wirst immer in unseren Herzen sein! Du warst ein Geschenk für diese Welt, das Theater! Danke für all die gemeinsamen Jahre auf und hinter der Bühne!


 Bei der Premiere des Brecht-Stücks "Mann ist Mann", Premiere im Augsburger Stadttheater am 2. Februar 1976 spielten neben Christel Peschke auch Jürgen Stößinger, Peter Hackenberger, Gudo Hoegel, Christian Seiler, Frank Burkhard, Winfried Küppers, Christine Müller-Hegenauer, Eike Gramss  und Gottfried Pilz mit. Inszenierung: Peter Kopf. Bühne und Kostüme: Gottfried Pilz.

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"Mit ihrer warmen Herzlichkeit"
Nachruf von Wolfgang Lackerschmid auf Christel Peschke

Christel Peschke beim Einsprechen im Tonstudio.

Einen gemeinsamen Aufritt mit unserem Bäsle-Hörspiel hatten wir am 19.12. 2020 im Augsburger Kulturhaus Abraxas geplant. Als meine Frau, Stefanie Schlesinger, vor wenigen Wochen bei Christel anrief, um diese wegen des Termins zu fragen, lautete ihre lapidare Antwort: „Wenn ich bis dahin noch lebe!“ 

Die beiden telefonierten daraufhin lange, und Christel sprach davon, wie schön ihr Sommer gewesen war und dass sie immer noch den Leonhardsberg mit dem Fahrrad bezwingen könne. Dabei machte sie sich direkt Sorgen, ob man denn im Falle ihres Ablebens dann auch einen Ersatz für sie finden könne.
Und all das sagte sie im Wissen um Ihre Krankheit mit ihrer warmen Herzlichkeit und ihrer immer mit einem Lächeln unterlegten Stimme.

Wir waren wieder enger in Kontakt gekommen, als wir sie 2018 für unser Hörbuch „Mein Violoncellchen - als Mozarts Bäsle errötete“ als Erzählerin gewinnen konnten. Obwohl Christel so viel für die Augsburger Puppenkiste eingesprochen hatte, war dies für sie ihre erste richtige Hörbuch-Produktion. Sie war unglaublich aufgeregt und hatte großen Spaß bei uns im Studio und bei der Uraufführung im April 2019 im Martini-Park. In der Vergangenheit hatte ich bereits bei einigen Stücken am Theater Augsburg die Freude mit ihr zusammenzuarbeiten, als ich die Bühnenmusiken zu Peer Gynt oder Pancomedia schrieb.

Stefanie Schlesinger und Christel Peschke.

Außerdem durfte ich sie als großartige Brecht-Interpretin bei mir im Studio gemeinsam mit Geoffrey Abbott am Klavier aufnehmen. Im Nachhinein bin ich umso dankbarer für diese Initiative von Sybille Schiller, denn auch durch diese Aufnahme wird Christel für uns immer wieder hörbar sein.

Liebe Christel, danke für all die Momente der Kunst und der Freundschaft!
Dein Wolfgang

(Red. NAR/Arno Loeb)

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