Neues Bürgerbegehren gegen die gigantischen Modernisierungskosten des Augsburger Staatstheaters startet!

Alexander Süßmair: Kopf des neuen Bürgerbegehrens.

Das erste Bürgerbegehren gegen die Kostenexplosion bei der Sanierung und Modernisierung des Staatstheaters Augsburg ist knapp gescheitert. Das Augsburger Staatstheater, damals noch Stadttheater, organisierte eine große Kampagne mit "theJAter", um jene Kritiker der hohen Kosten mundtot zu machen, die als Gegner der Theater-Kultur hingestellt und angeprangert wurden. Der Buchhändler Kurt Idrizovic, der viel für die Lesekultur in Augsburg organisiert hat, wurde beleidigt, boykottiert und als Veranstalter von der damaligen Intendantin Juliane Votteler aus dem Theater geworfen.

Auf dem Foto (v.l.n.r.:) sind die Mitinitiatoren Roland Wegner (V-Partei), Peter Bommas, 
Bruno Marcon (AiB) und Anna Xenia Weingart.


Damals wurde als großes PR-Spektakel von der Feuerwehr Rauch durchs alte Theatergebäude geblasen, um die Gefährlichkeit für die Zuschauer zu beweisen. Einfache Gegenmaßnahmen wurden abgelehnt. Der damalige CSU-Oberbürgermeister Gribl und seine Groko aus Grünen, SPD und CSU wollten die Theater-Modernisierung auf Biegen und Brechen durchziehen. Was auch die neue Stadtregierung unter CSU-Oberbürgermeisterin Eva Weber und ihr Koalitionspartner, die Grünen, weiter verfolgen wollen. Obwohl deutlich sichtbar wird, dass Augsburgs hoher Schuldenstand den Stadtrat immer mehr lähmt.

Zu den Initiatoren des neuen Bürgerbegehrens, die sich am Donnerstag, 8.10.2020 am Vormittag im Musiksaal des Augsburger Zeughauses den Medien präsentierten, gehören: Alexander Süssmair, Anna Xenia Weingart, Tobias Bevc, Ronald Hattensaur und Peter Bommas. Mit dem Ex-Linken Alexander Süssmair, und dem Kultur-Manager Bommas greifen damit zwei politische erfahrene Schwergewichte mit dem neuen Bürgerbegehren an und wollen mit der Frage: "Sind Sie dafür, dass die Planung und weitere Auftragsvergaben der Theatersanierung sofort gestoppt und die Stadtverwaltung beauftragt wird, kostengünstigere Alternativen zu prüfen und vorzulegen?" die nötigen 11.000 Unterschriften für das Bürgerbegehren sammeln.

Anna Xenia Weingart studiert an der Universität Augsburg Kunst- und Kulturgeschichte und engagiert sich stark für Nachhaltigkeit. Tobias Bevc ist Kreisvorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Ronald Hattensaur ist Mitglied bei der Augsburger Musiker-Vereinigung Kuki.

Bommas, der schon beim ersten Bürgerbegehren mitwirkte ist sich sicher: "Es ist doch kein Problem, die Bauarbeiten beim Theater zu stoppen, denn außer Abbrucharbeiten ist bisher kaum etwas geschehen, und es geht ja nicht darum, die Sanierung grundsätzlich zu verhindern, sondern nur die jetzt geplante, viel zu teure, Version." Und Süßmair, der auf der Liste der Polit WG für den Augsburger Stadtrat kandidierte: "Wir tun das für die Augsburger Stadtgesellschaft!"

Noch sind keine Kommentare zu dem neuen Bürgerbegehren aus der Zentrale des Augsburger Staatstheaters zu hören. Intendant André Bücker scheint mit der Premiere der Oper "Orfeo ed Euridice" voll beschäftigt zu sein. Orfeo (Orpheus) steigt in die Unterwelt, um seine tote Geliebte zu sehen. Aber: Furien und Geister wollen ihm am Eingang zur Totenwelt Angst einjagen, um ihn davon abzuhalten.
Was wird Bücker machen, um die Dämonen des Bürgerbegehrens zu verjagen?


Ronald Hattensaur von Kuki.


Die Begründung zum Bürgerbegehren lautet folgendermaßen: "Die Kostenentwicklung für die Theatersanierung läuft dramatisch aus dem Ruder. Wichtige Maßnahmen und schon lange geplante Projekte im Kultur-, Bildungs- und Sozialbereich müssen weichen oder werden um Jahre verschoben. Der ursprüngliche, vom Stadtrat beschlossene Kostendeckel von ca. 187 Millionen Euro wurde gesprengt, der vorgesehene Kostenpuffer von 20 Millionen ist schon aufgebraucht.

Aktuell wurde auf der Stadtratssitzung am 23.07.2020 mit einem neuen Kostenrahmen zwischen 281 Millionen und 321 Millionen Euro bei einem Baupreissteigerungsindex von 2,5 % bis 5,0 % kalkuliert.

Bauexperten befürchten, dass aufgrund der Baupreisentwicklung und den nicht vorhersehbaren Kostensteigerungen bei der Altbausanierung des Großen Hauses die tatsächlichen Kosten weiter steigen können.

Dieser geänderte und von der Regierungsmehrheit im Stadtrat am 23. Juli 2020 beschlossene Kostenrahmen belastet den städtischen Haushalt mit 6,5 Millionen Tilgung jährlich und wird auf Jahrzehnte zu Einschränkungen bei dringend notwendigen Investitionen im Bereich der Schulen, der Sport- und Freizeitanlagen, der Mobilität, dem Klimaschutz, im Sozialbereich bei Wohnen und Gesundheit sowie nicht zuletzt im gesamten Bereich von Kunst und Kultur führen.

Der Stopp der bisherigen Planung kann dazu benutzt werden, diese unter Einbeziehung von alternativen Vorschlägen und den Möglichkeiten der vorhandenen Spielstätten zu korrigieren und Lösungsvorschläge zu machen, die zu gravierenden Kosteneinsparungen führen."

Tobias Bevc von der GEW.


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Stimmen dazu:

Verena von Mutius-Bartholy, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat: "Für uns Grüne ist entscheidend, dass die Planung einhergeht mit der im Bürgerbeteiligungsprozess formulierten inhaltlichen Weiterentwicklung des Staatstheaters. Wir sind der Meinung, dass eine starke und vielfältige kulturelle Landschaft der fruchtbare Boden für ein lebenswertes Augsburg von morgen ist. Dazu gehört für uns auch ein gut aufgestelltes Staatstheater."

Leo Dietz, Fraktionschef der CSU im Augsburger Stadtrat: "Trotz der Kostensteigerung standen wir mit unserem Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen von Beginn an geschlossen für diese Fortführung. Die Theatersanierung an einem zentralen Standort ist für unsere Stadt ein Jahrhundertprojekt und viele weitere Generationen werden davon profitieren. Deswegen wäre es zum jetzigen Zeitpunkt unverantwortlich gewesen, das Vorhaben kaputtzusparen und somit die Funktionalität für den zukünftigen Theaterbetrieb einzuschränken."

Eva Weber, 
Augsburgs Oberbürgermeisterin, CSU: "Der Bürgerentscheid ist ein demokratisches Beteiligungsformat, das in der Kommunalpolitik vorgesehen ist. Das respektiere ich. Der Stadtrat hat im Juli mit Mehrheit die Theatersanierung beschlossen, das ist maßgeblich."

Ronald Hattensaur, Kuki: "Die Kostenexplosion von 186 Millionen auf nun 280 bis 320 Millionen Euros lässt sich nicht logisch erklären. Da läuft was falsch und vor allem auch die Transparenz fehlt völlig. Generationen werden darunter leiden. Deswegen müssen wir die Stadtregierung zur Umkehr bewegen. Das Geld darf einfach nicht zum Fenster herausgehauen werden. Die allergrößte Enttäuschung ist hier vor allem auch die grüne Partei, die bei einer Kostenexplosion alles nochmals überdenken wollte. Davon ist nichts mehr übrig geblieben."

Reinhard Gammel, Künstler: "Das Augsburger Theater für nächsten 100 Jahre - das ist jetzt der Werbespruch. Was hat das Augsburger Theater in den lezten 100 Jahren zur deutschen Kultur beigetragen? Gab es da jemals einen geistigen Impuls über das Premierenpublikum hinaus? Außer BB natürlich, aber den kann man nicht sich nun wirklich nicht auf die eigenen Fahnen schreiben. Den einzigen geistigen Impuls, den Augsburg in den letzten zehn Jahren der Welt gegeben hat, ist das 
Grandhotel Cosmopolis. Eine halbe Ruine, aber voll menschlicher Ideen. Davon haben die Medien national und international berichtet. Aber keine Sau wird sich weltweit dafür interessieren, ob Augsburg jetzt ein renoviertes Theater hat. solange von Augsburg keine Ideen ausgehen."

Bernd Heydel, Geschäftsmann: "Ich hoffe, dass durch das kommende Bürgerbegehren diese Fehlplanung gestoppt werden kann, und die Theatersanierung in ein finanzierbares Fahrwasser für die Stadt Augsburg kommt. Es dürfen keine anderen wichtigen Bereiche wie Bildung, Soziales, Umwelt und letztlich auch die anderen Kulturbereiche unter diesem Projekt leiden."

Florian Freund, Fraktionschef der SPD im Augsburger Stadtrat: "Bereits im Juli haben wir im Stadtrat ein Moratorium gefordert, um weitere Einsparpotenziale zu realisieren. Augen zu und durch hieß es damals von schwarz-grün. Die Quittung gibt es jetzt aus der Bürgerschaft, die Sparzwänge an den Schulen nicht hinnehmen will, während Geld beim Theater Augsburg keine Rolle zu spielen scheint."

Schildbürger Frank im Einsatz.

Baustelle Staatstheater am Kennedy-Platz.
(Foto: Lina Mann)




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