Rainer Werner Fassbinder war in Augsburg auf der Schule

Klassenfoto: 1957 im Annahof: in der obersten Reihe blau markiert Rainer Werner Fassbinder, eine Reihe darunter Wotan Wolfgang Magg, links unten Michael Romanowski und rechts außen Gymnasliallehrer Johannes Felsch.
(Bild: SoSo Agt.)
 

"Warum darf ich nicht zu meiner Mutti?"
Augsburg-Erfahrungen des „Enfant Terrible “ Rainer Werner Fassbinder

Keine Frage, Filmemacher Oskar Roehler (* 1959 in Starnberg), kennt den legendären Filmemacher Rainer Werner Fassbinder (geb. 1945 in Bad Wörishofen, gest. 1982 in München). Natürlich ist Roehler einer, der den sich einst am Filmset wie ein „enfant terrible“ aufführenden Fassbinder, in dem gleichnamigen Film (zurzeit im Augsburger Kino Liliom) zu charakterisieren versteht. Ob und wie ihm das gelungen ist, mögen die Filmkritiker beurteilen. 

Zeugnis für Rainer Werner Fassbinder, Hum. Gymnasiums bei St. Anna, 1956/57.
(Bild: SoSo Agt.)


Nur, wer von denen weiß, dass Fassbinder als Elfjähriger „... hilfsbereit und gutmütig und immer auch ein wenig traurig …“ gewesen war. Beteuert hat dies vor 20 Jahren die damals 94-jährige Witwe von Erich Hessel (1911 bis 1979), ehemals Oberstudiendirektor des Hum. Gymnasiums bei St. Anna. Rainer Werner Fassbinder wiederholte, nachdem er das Klassenziel der ersten Gymnasialklasse am Theresiengymnasium München nicht erreicht hatte, die erste Klasse und blieb bis nach der 2. Klasse in dieser Schule, bevor er wieder wechselte. 

Die Zeugnisse aus dieser Zeit liegen vor, sind in Privatbesitz. Als Bemerkungen von den damaligen, längst verstorbenen Klassleitern Hoffmann und Johannes Felsch sind Zeugnisbeurteilungen zu lesen, in denen handschriftlich vermerkt ist: „Mit einem sehr bedenklichen Leistungsstand erreichte der Schüler das Klassenziel. Sein Betragen und seine Nachlässigkeit gaben wiederholt zu Beanstandungen Anlaß“! Und Fassbinders Noten? „Deutsch 5“ steht im Zwischenzeugnis, im Jahresschluss dann „4“, in Latein blieb die „5“, also mangelhaft. 

Rainer Werner Fassbinder, 1978.


Als Schüler in Augsburg wohnte Fassbinder im damaligen Annakolleg, eine Art Internat, das es so nicht mehr gibt, in dem Gertrud Hessel Leiterin war. Doch von einem „enfant terrible“ war damals nie die Rede, Fassbinder musste eher unglücklich gewesen sein, wie Hessel im Jahr 2000 bestätigte. Er habe ständig ihre Nähe gesucht und immer wieder gefragt, warum er nicht zu seiner „Mutti“ dürfe.

Klassenkameraden von damals wie „Wotan“ alias Wolfgang Magg und Peter Michael Romanowski erinnern sich zum daran, dass das „enfant terrible“ auf dem Pausenhof des Annagymnasiums, heute bekannt als „Annahof“, der Schüler Rainer Werner Fassbinder kurze Hosen und Kniestrümpfe mit Strapsen getragen hatte.

Fassbinder: "Meine Kindheit war keine Kindheit im normalen Sinne."

Ja, so waren sie halt die 1950er Jahre.

Zeit aber wird es, zu registrieren, dass Rainer Werner Fassbinder eine Augsburger Vergangenheit hat.

Sybille Schiller

Zeugnis für Rainer Werner Fassbinder, Hum. Gymnasiums bei St. Anna,1957/58.
(Bild: SoSo Agt.)



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