Theaterpredigt: Themaverfehlung!

Gerald Fiedler, Sebastian Müller-Stahl und Klaus Müller.


„Endlich ist wieder etwas los“, bemerkte eine Besucherin in der evang. Kirche St. Anna, vor der viele warteten, durchs Kirchentor gehen zu dürfen. Aber nicht etwa zur gottesdienstlichen Zeit, sondern nachmittags zur Kaffeestunde. „Ein Wort zum Sonntag“ war zum Saison-Auftakt angesetzt als erste Theaterpredigt zu Friedrich Dürrenmatts „Die Physiker“. Soweit, so gut. Gut auch die szenische Einführung mit den Schauspielern Klaus Müller (Einstein), Sebastian Müller-Stahl (Möbius) und Gerald Fiedler (Newton) sowie die wohlüberlegten Worte des evangelischen Pfarrers Dr. Martin Beck vom Annaforum sowie die des katholischen Stadtdekans Helmut Haug (St. Moritz).

Doch was der zugegeben sehr kluge Dipl. Physiker, Wissenschaftsjournalist und Buchautor Michael Büker von der St. Anna-Kanzel dem Theater-Kirchenvolk zu sagen hatte, war vielleicht für einige neu, aber hatte weder etwas mit dem Theater (höchstens mit dem der Weltmächte) zu tun, noch mit einer Botschaft (Schlusssatz ausgenommen), die für uns Menschen hier und heute wichtig ist.

Hand aufs fromme Herz, Aufklärung über die Atomforschung und den derzeitigen Stand der Dinge hilft den um Wahrheit und Zuversicht ringenden Menschen nicht, ihre brennenden Fragen hinsichtlich des Fortbestandes von Himmel und Erde zu beantworten. 

Die Annakirche war gut besucht.


Da hätte doch die biblische Botschaft aus dem Alten Testament (1. Mose 8,22) „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ gerade im Kontext von Kriegsgefahr und von Menschen verursachten Klimakatastrophen den anwesenden Gläubigen, aber auch allen Ungläubigen sehr gutgetan, ja wäre vielleicht sogar ein Trost gewesen oder gar ein Fingerzeig Gottes, über das eigene Leben nachzudenken.

In eine Theaterpredigt, die nächste ist am 24. Januar in St. Moritz zu „Orfeo und Eurydice“, darf mit Verlaub gesagt, auch aus der Bibel zitiert werden! In diesem Zusammenhang sei deshalb das Publikum gefragt, warum es gar so viel Applaus gespendet hat, zumal die Einschätzung der „Theaterpredigt“ eindeutig war und einer Themaverfehlung gleich kam. In der Schule entspricht so etwas der Note „ungenügend“.

Sybille Schiller

Referent: Michael Büker.

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