Wo lag der Augsburger Nacktbadestrand?

Das Wasserrad am Schwallech.


Mit seiner neuen Führung durch Augsburg mit dem Motto "Vom Nacktbadestrand zum Wasserrad" bot Buchhändler Kurt Idrizovic von der Buchhandlung am Obstmarkt einen sonntäglichen Spaziergang vom Zollhaus beim Jakober Tor in der Jakober Vorstadt bis zum Mühlrad an. Beim Treffpunkt Zollhaus wurden die Teilnehmer von einer Vertreterin des neuen Zollhaus-Teams (Quartiers-Management Jakober Vorstadt Nord) begrüßt und durften eine Besichtigung im Inneren machen. Das alte Zollhaus, ein kleines Gebäude im Fachwerkstil, das vor einigen Jahren mal als Kiosk genutzt wurde, soll wiederbelebt werden. Eine Freiluftbücherei an der Außenwand ist ein Beginn.

Am alten Zollhaus beginnt die Führung "Vom Nacktbadestrand zum Wasserrad."

 
Der Schwerpunkt dieser Führung lag auf der UNESCO-Wasserstadt Augsburg und ihrem besonderem historischen Wasser-Management. Der Weg ging entlang des äußeren Stadtgrabens, vom Zollhaus, zum Jakober Wall, wo die „Historische Bürgergilde“ ihren Sitz hat. Idrizovic erklärte den Verlauf des Inneren und den des Äußeren Stadtgrabens, die in Augsburg als mehr oder weniger breite Bäche von Süden nach Norden fließen. Am Vogeltor erzählte Idrizovic nicht nur vom Baumeister, der vom Tor herunter sein Geschäft verrichtete, um Zweifel an seiner Baukunst zu zerstreuen, sondern zeigte auch die Stelle, wo sich der Äußere Stadtgraben vom Inneren trennt und sich dann durch die Wiese bei der Dult, am Fünffingerlesturm und am St. Jakobs-Wasserturm vorbei, bis zur Kahnfahrt schlängelt, wo er wieder in den Inneren Stadtgraben zurückfließt.

Jakober Wall mit Historischer Bürgergilde.


Die Teilnehmer erfuhren auch von der Funktion der Augsburger Wassertürme und dem System des getrennten Brauch- und Trinkwassers, das in Augsburg bereits im 15. Jahrhundert eingerichtet worden war. Erst 1879 wurde das Wasserwerk am Hochablass gebaut, das die Augsburger Haushalte mit Trinkwasser aus dem Siebentischwald versorgt. Idrizovic betreut auch den St. Jakobs-Wasserturm bei der Kahnfahrt. Dort erzählt er auch bei einer anderen Führung vom Architekten Albert Gollwitzer, der in Augsburg einen Binnenhafen errichten wollte. 

Hier gehts auf der Dult-Strecke zum Vogeltor.


Vor allem die Fachbegriffe "Wasserkreuzung" und "Düker" erklärte Idrizovic dem interessierten Publikum. Bei "Wasserkreuzungen" fließt ein Graben, Kanal oder Bach über den anderen darüber. Gut zu sehen auf der Brücke beim Kino "Liliom". "Düker" hingegen sind die Stellen im Augsburger Wasser-System, wo das Wasser unter einen anderen Graben, Bach oder Kanal durchgeleitet wird. Idrizovic zeigte das am Äußeren Stadtbach, der bei der Brücke zur City-Galerie unter den Lechkanal "Sparrenlech" durchfließt und ein paar Meter weiter in der Wiese an der Dult auftaucht und dann zum Jakober Wall weiterfließt.

An der alten Stadtmauer beim Vogeltor trennt sich der Äußere Graben vom Inneren.


Auf dem Weg konnte Idrizovic auch zwei Wasserräder präsentieren, von denen es im Mittelalter viel mehr in Augsburg gab, die damals durch ihre Verwendung als Mühlen oder Hammerwerke für den Reichtum der Stadt Augsburg sorgten. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden sie von Turbinen abgelöst, die heute noch in einigen Augsburger Wasserkraftwerken eingebaut sind und für ökologisch guten Naturstrom sorgen.

Liebesschlösser an der Brücke mit Blick zum Wasserrad am Vogeltor.
(Alle Fotos: Neue Augsburger Rundschau)


Natürlich wurden alle Teilnehmer der Führung sehr hellhörig, als Idrizovic am Rande des Kanals "Schwallech", der vor der Mauer des Klosters St. Ursula in den Mittleren und Hinteren Lech geteilt wird, die Geschichte vom Augsburger Nacktbadestrand als erste FKK-Bewegung in Datschiburg humorvoll erzählte. Im Mittelalter war es für die Augsbürger üblich, dass sie hier tagsüber nackt ins Wasser sprangen. Das sorgte für einiges Aufsehen, was dem Pfarrer in der nahen Kirche ein Dorn im Auge war. Ganz verbieten konnte man es nicht", schildert Idrizovic die delikate Angelegenheit bei unseren Vorfahren, "jedoch wurde das Nacktbaden am Schwallech nur noch nachts erlaubt."

Als Abschiedsgeschenk für alle Beteiligten gabs eine Postkarte vom Nacktbadestrand.


Weitere Führungen
mit Kurt Idrizhovic
"Vom Zollhaus zum Nacktbadestrand bei St. Ursula"
am Sonntag 1.11.2020/11.00 Uhr (Treffpunkt am alten Zollhaus).
Und auch andere Führungen können bei der
Augsburger Buchhandlung am Obstmarkt
gebucht werden. 
 
Claudia Fessler

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