Textil-Saga spielt in Augsburg: Vierter Bestseller von Anne Jacobs!

 


Neues aus der Tuchvilla: Die Augsburger Familien-Saga geht weiter

Ein weiterer Roman von Anne Jacobs, der hauptsächlich in Augsburg spielt. Meistens dreht sich das Geschehen um die Familie Melzer, die eine Textil-Fabrik besitzt. Eine Spinnerei und Weberei. Die Villa mit Park in der sie wohnen wird als "Tuchvilla" bezeichnet. Mit dem Titel "Tuchvilla" beginnt auch diese Familien-Saga. Band 2 nennt sich "Die Töchter der Tuchvilla" und band 3 "Das Erbe der Tuchvilla".

Vor ein paar Tagen ist Band 4 "Rückkehr in die Tuchvilla" erschienen. Er beginnt während der deutschen Wirtschaftskrise um 1930. Jacobs flicht politisches Geschehen von Kommunisten und Nationalsozialisten ein. Eine Saalschlacht in einem Münchner Wirtshaus zwischen den Roten und den Braunen geht für einen Augsburger Redner aus dem Lager der Kommunisten schlecht aus. Er verliert drei Zähne und hat Schnittwunden im Gesicht durch den Schlag mit einem Bierglas.

Paul Melzer, der zum Melzer-Clan gehört, muss um das Überleben seiner Tuchfabrik kämpfen. Arbeiter, die damals sowieso nicht gerade im Überfluss lebten, droht die Entlassung.. Als er an einer Herzmuskelentzündung erkrankt, springt seine Frau Marie ein, um das Unternehmen vor dem Ruin zu retten, denn das Schicksal der ganzen Familie steht auf dem Spiel. Wichtige Entscheidungen sind zu treffen, denn außer den politischen Unberechenbarkeiten lasten auf den Schultern der Familie Melzer hohe Kreditschulden.

Die Melzers haben Zwillinge. Dodo und Leo. Das Mädchen Dodo ist technisch begabt, ihr Bruder will Musiker werden. Dodo will Pilotin werden, was zur damaligen Fliegerstadt Augsburg passt, auch wenn es für ein Mädchen ungewöhnlich ist. Als eine Maschine in der Textilfabrik ihrer Eltern kaputtgeht, scheut sie nicht, mit dem Schraubenschlüssel an die streikende Maschine, einen Ringspinner, zu arbeiten: Wir lesen: "Die Maschine wurde lebendig. Schnaufte erst ein wenig. Surrte dann, ratterte, zischte. Die kleinen Garnrollen spannten sich, begannen sich zu drehen, die großen folgten langsamer. Der Ringspinner begann zu singen. Hundertstimmig, tausendstimmig war seine schleifende, summende sirrende Musik, die Ballerinas tanzten ihre unendlichen Pirouetten, drehten sich um ihre eigene Achse und hüllten sich in ihre weiße Kleider aus zarten Baumwollfäden. Sie tanzten und sangen eine endlose, sich ewig wiederholende Komposition und wollten nicht damit aufhören." Aber auch Dodos Zwillingsbruder Leo darf in der Mozartstadt-Augsburg zum gefragten Komponisten heranreifen. Er erhält am Konservatorium Musikunterricht von einer Russin, in die er sich verliebt.

Bei dieser Dodo-Szene mit der Ringspinner-Maschine beweist sich, dass die Autorin Anne Jacobs gut recherchiert hat. Die Augsburger Straßennamen und auch die Gebäude sind stimmig. Ein Arzt wohnt in der Langen Gasse. Tilly von Klippstein, frisch geschieden, besucht sie ganz allein, was damals nicht so üblich ist, ein Café in der Maximilianstraße. Marie überlegt sich in der Karolinenstraße, wie sie eine unerwünschte Frau von ihrer Tuchvilla fernhalten kann. Mit einer Herzmuskel-Entzündung wird ihr Gatte Paul in das Hauptkrankenhaus aus roten Backsteinen eingeliefert. 

Natürlich ist viel Gefühl, Leidenschaft und Liebe bei diesem Roman mit im Spiel. Eine Tochter sucht ihren unbekannten Vater und ein ehemaliger Russe, Kriegsgefangener aus dem 1. Weltkrieg, fahndet nach einer Frau, die gut zu ihm war. Es ist ein durchaus unterhaltsam erzählter Roman, der sich nicht davor scheut auch den damaligen politischen Zeitgeist zu bringen. 

Zum Schluss des Romans erleben wir Weihnachten in Augsburg, vor 90 Jahren. "Die Stadt war voller Menschen. Unter dem düsteren Winterhimmel schleppten die Augsburger Weihnachtsbäume, Pakete und gefüllte Einkaufskörbe durch die Straßen, vorbei an den Kriegskrüppeln und Bettlern, die an den Ecken saßen und immer wieder von den Ordnungshütern vertrieben wurden", schreibt Jacobs. Sie berichtet auch über das Elend der damaligen Arbeiter. Und Gustav, der sie im letzten Krieg einen Fuß verloren hatte, bekam seinen wunden Stumpf eingeschmiert und verbunden, wobei dann die Holzprothese nicht mehr passte und er hinken muss.  

Würde uns nicht wundern, wenn daraus mal eine TV-Familien-Serie würde, wie einst "Samt & Seide", aber sicherlich etwas größer, denn schon jetzt bezeichnet der blanvalet-Verlag die "Tuchvilla"-Romane als die "größte Familien-Saga der Gegenwart". 



Anne Jacobs, die Tuchvilla-Autorin.
(Bild: Fotostudio Marlies)


Valentina Vock

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