Brechtiger Augsburg-Geburtstag, der 123.

Bert Brecht als junger Sänger in Augsburg.
(Grafik: Daniela Kulot)

Es war das Jahr 1898 als die USA einen Krieg mit Spanien begann und die ungarisch-österreichische Kaiserin Elisabeth "Sisi" durch einen italienischen Anarchisten mit einer Feile erstochen wurde, in dem im Augsburger Lechviertel im Haus mit einer Feilen-Werkstatt am Kanal Hinterer Lech der Knabe Eugen Berthold Friedrich Brecht auf die Welt. Inzwischen schon längst der bekannteste und berühmteste Augsbürger weltweit. Die Brecht-Geburt war am 10. Februar und so kann heute der 123. Geburtstag des Autors, Lyrikers und Theatermachers Bert Brecht gefeiert werden. Wie wird unser Bert Brecht speziell in Augsburg an seinem Geburtstag gefeiert? Oder beherrscht ein Bischof, der sich vielleicht zu schnell gegen Corona impfen ließ, die heutigen Medien-Themen?


Wer sich über Brecht-Aktivitäten an seinem 123. Geburtstag auf der Homepage der Stadt Augsburg erkundigen will, erfährt auf der Startseite nichts darüber. Fehlanzeige! Informiert wird nur über die Einrichtung eines Welterbe-Info-Zentrums oder über die bequeme Fahrt mit dem Golfcart zum Corona-Impfzentrum. Brecht-Geburtstag ist da Fehlanzeige, auch wenn die Stadt Augsburg inzwischen das Geburtshaus von Bert Brecht im ehemaligen Handwerkerviertel zur Gedenkstätte ausgestattet hat, ein Brecht-Preis vergeben wird und ein Brecht-Festival sogar jährlich stattfindet. Die Corona-Vorschriften versperren zurzeit das Brecht-Haus für Besucher und das Brecht-Festival wird digital durchgezogen.

Auf der Homepage der Stadtbücherei ist vom weltbekannten Augsburger Autor Bert Brecht und seinem 123. Geburtstag nichts zu entdecken. Aber was soll man von einer Bücherei auch erwarten, die in ihrer Lechhauser Stadtteilbücherei lieber groß den Pfeffersack Fugger abbildet als einen Schriftsteller Brecht? 

Wurde Bert Brecht in Augsburg von konservativen Kreisen nach dem Zweiten Weltkrieg gerne noch als "Kommunistenschwein" beschimpft, hat man ihn ab den 1980ern endlich als Tourismus-Magnet entdeckt. Der CSU-Stadtrat Erich Maiberberger wurde als Brecht-Fan gerne für "verrückt" erklärt. 

Es waren der Skandal-Journalist, Krimi-Autor und Punkrockmusiker Arno Loeb und der Tourismus-Direktor Bernd J. Geversmann die in den 1980ern den ersten Brecht-Prospekt "Auf Brechts Spuren durch Augsburg" herausbrachten. Inzwischen stehen auch einige rote Metallfiguren in der Brecht-Stadt herum, die auf ihn hinweisen sollen. Und wir haben in Augsburg mit dem Jürgen Hillesheim sogar einen Brecht-Beauftragten. Ganz zu schweigen von einem Bert-Brecht-Kreis und einem Brecht-Magazin, das sich Dreigroschen-Heft nennt. 

Homepage des Brecht-Hauses mit einigen Filmen zu Bert Brecht.


Bei der Stadt Augsburg wird fürs aktuelle Brechtfestival immer noch mit einem Bild
des vergangenen Brechfestivals geworben.

Auf der Internet-Seite des digitalen Brecht-Fesivals 2021 liest für den 10. Februar die Schrifstellerin Annett Gröschner "Nächster Halt, Prenzlauer Allee!" Sie nimmt das Publikum mit ins verschneite Berlin und liest vor der S-Bahn-Kulisse.



Sehenswert ist auf Youtube auch der Beitrag von arte, bei dem der Sänger Max Raabe den Augsburger Autor Bert Brecht vorstellt: "Typisch Brecht, wo er auftaucht, gibt es Streit!"

Knut Schaflinger präsentiert bei der Buchhandlung am Obstmarkt
per Zoom "Die Unrast der Atome".


Die Augsburger Buchhandlung am Obstmarkt mit seinem Brecht-Shop veranstaltet heute zum 123. Brecht-Geburtstag eine Live-Lyrik-Session mit dem Augsburger Dichter Knut Schaflinger, der aus Österreich stammt. Er kam als Theater-Fan nach Augsburg, um die Stadt kennenzulernen, in der Bert Brecht geboren wurde und aufwuchs. Brecht besaß am Ende seines Lebens einen österreichischen Pass, was einen weiteren Zusammenhang mit Knut Schaflinger herstellt. 

"Die Unrast der Atome" nennt sich der aktuelle Lyrik-Band von Schaflinger, der von Buchhändler Kurt Idrizovic und Literatur-Vermittler Lutz Kliche per Zoom-live-Übertragung ab 19.00 Uhr dem Publikum mit Lesung und Gespräch vorgestellt wird. Wer dabeisein will, kann sich per E-Mail dazu kostenlos anmelden.

Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!
Der dort ruhig über die Straße geht
Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde
Die in Not sind?

(Bert Brecht / aus "An die Nachgeborenen")

Dieses erschütternde Bild einer jüdischen Flüchtlings-Frau, die mit ihrem Baby aus dem Meer vor Palästina  gefischt wurde, aus der "Kriegsfibel" von Bert Brecht, sollte sich jeder Mensch anschauen und tief einprägen. Das Baby weiß nicht, dass sein Vater auf der Flucht vor den Nazis im
Marmara-Meer grausam ertrank.


Gastautorin: Veronika v. Laasmir

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