Bücher zum Thema Fugger: Skrupellose Machtpolitik, Menschenhandel und Völkermord!

Ein Augsburg-Krimi von Peter Garski nennt sich "Das Fuggerei-Phantom".

Zwei Bücher sind vor ein paar Tagen erschienen, die sich mit den Fuggern und ihren Aktivitäten beschäftigen. Anlass dazu ist wohl das Jubiläum der Fuggerei-Errichtung vor 500 Jahren.

Ein Buch beschäftigt sich mit der Fuggerei. Das andere mit der Familie Fugger als Kultursponsoren. Wir besprechen hier beide Bücher, die sich bei manchen Themen überschneiden. 

Die ockerfarbenen Häuser der Fuggerei in der Jakobervorstadt von Augsburg wurden vor 500 Jahren von Jakob Fugger errichtet. Als Wohnungen für verarmte katholische Bürger. Die Herausgeberin des Buches, Astrid Gabler, hat einige mehr oder weniger bekannte Autorinnen und Autoren gebeten, sich über die Fuggerei, die Stifterfamilie und ihre Bewohner zu äußern. Positiv natürlich.
 
Dietmar Schiersner (Wissenschaftlicher Leiter des Fürstlich und Gräflich Fuggerschen Familien- und Stiftungsarchivs) macht sich Gedanken über die Fugger, Augsburg und die weite Welt. Über das Schenken und Stiften - Frömmigkeit und Familie und über den Mietnachlass als soziale Innovation und warum ein Rheinischer Gulden als Jahresmiete verlangt wird. "Gut und wirig nach allem Vorteil" heißt der Text von Hilde Strobl (Architektur-Historikerin). Sie beschreibt die "Architektur der Fuggerei zwischen Tradition und Modernität". Stefan Birkle (Mitarbeiter des Fugger-Archivs) widmet sich der Arbeit für die Fuggerei, Anke Sczesny der "Armenfürsorge und Armutsbewältigung von der Gründung der Fuggerei bis 19052. Fanz Karg (Archivar des Fugger-Archivs) betrachtet "Veränderungen und Krisen", aber auch "Die Fuggerei und die Fuggerschen Stiftungen". Gegenwärtiges Leben schildert die Lyrikerin Anja Kampmann mit "Möchten's Pfannkuchen? Eine Einladung in die Fuggerei von heute". 

Einen großen Auftritt als Autorin für mehrere Themen-Kapitel bekommt Sigrid Gribl, die Gattin des ehemaligen Augsburger Oberbürgermeisters Dr. Kurt Gribl, die für die Werbeagentur M&M von Daniel Melcer arbeitet, die das Buch gestaltete und druckfertig machte.

Erfahren wir in dem Gabler-Buch etwas Neues über die Fuggerei? Nein, das kennen wir alles schon aus diversen Büchern und Prospekten. Zudem schlimme Schleimerei im Quadrat. Ausnahme: Anke Sczesny mit ihrem Armutsreport. Wie sagte schon der Augsburger Theatermacher und Lyriker Bert Brecht als er an die Fugger dachte: "Reicher Mann und armer Mann standen da und sah'n sich an. Und der arme sagte bleich, wär ich nicht arm, wärst du nicht reich."


Der Verlag preist das Fuggerei-Buch folgendermaßen an: "1521 stiftete Jakob Fugger die Fuggerei als Reihenhaussiedlung für bedürftige Augsburger – und bis heute leben hier Menschen mit geringem Einkommen für 88 Cent Jahreskaltmiete. Der reich illustrierte und von langjährigen Kennern verfasste Band liefert erstmals eine umfassende, profunde und anschauliche Darstellung der Fuggerei, deren soziales Engagement in einer Tradition steht, die in die Zukunft weist. Die Geschichte der Familie Fugger und die Gründe, die eine der einflussreichsten Handelsdynastien des 16. Jahrhunderts zur Stiftung einer Sozialsiedlung bewegten, werden ebenso dargestellt wie die Architektur der Bauten, Berufe und Aufgaben in der Fuggerei, die Geschichte ihrer Bewohner, Bewerbungen und Voraussetzungen für den Aufenthalt in der Geschichte und lebendige Eindrücke von heute."

Das Bildmaterial ist weder reichlich noch besonders gut. Die meisten alten Bilder sind bekannt und die zahlreichen alten Schriften und Urkunden ermüden das Auge. Das belanglose Cover erinnert an Fuggerei-Bücher aus den 1960ern. Das haben auch die Layouter bemerkt und versucht ein bisschen Leben mit bunten Fotos der heutigen Bewohner unterzubringen. Hoffentlich haben die Honorar dafür bekommen? Da dürfen sogar drei Kinder ihre Zunge rausstrecken. Aber wo bleiben die blutigen Körper der Menschen, die mit dem Geld von Jakob Fugger "dem Reichen" und seinem Clan für die Kriege der deutschen Kaiser getötet wurden? Da ist viel Leid und Blut an dem Geld, mit dem die Fuggerei finanziert wird. 

Auch als Landbesitzer saugten die Fugger die Bauern durch harte Frondienste erbarmungslos aus. Der Autor Alber Norden behauptet: "In allen Phasen schlugen sich die Fugger mit ihrem Kapital auf die Seite der Stärksten, die deshalb so stark waren, weil sie fest eingesessene Macht, die Kraft des Goldes und die Besetzung fremder Territorien dazu machte. Ausbeutung und Krieg bildeten immer eine Einheit. Durch Unterdrückung der einfachen Menschen wollten die Herrscher und die Fugger sich mästen, den Fortschritt auslöschen und verketzern." 

Während Jakob Fugger in der "goldenen Schreibstube" sein zusammengerafftes Geld zählte, mussten tausende von Bergarbeiter- und Weberfamilien in dunklen und feuchten Räumen samt ihren Kindern an ratternden Webstühlen mühsam ums Überleben kämpfen. 

Außerdem habe Jakob Fugger damals die Fuggerei, die ihm nicht mehr als der Brautring seiner Gattin Sybille Arzt gekostet habe, errichten lassen, damit sein Image verbessert würde. Anscheinend wurde er wegen übler Geschäfte nicht nur schief angeschaut, sondern es drohten ihm empfindliche Strafen. Geld verleihen gegen Zinsen war damals nur den Juden erlaubt und den Christen bei Androhung von Todesstrafe verboten. Es waren auch hohe Geistliche, die einst den Fuggern ihr "Schwarzgeld" zur Vermehrung mit Zinsen überließen, wurde berichtet. Dieses "Social Marketing" hat sich bis heute als vermeintlich "gute Tat" ausgezahlt.

Besucher der Armensiedlung Fuggerei müssen Eintrittsgeld bezahlen.


So großartig das klingt, ödet es doch an, wenn in dem Fuggerei-Buch immer wieder von den 88 Cent Jahresmiete einer Fuggerei-Wohnung die Rede ist. Ein Fehlgriff ist leider Sigrid Gribl, die vielleicht zackige Werbeslogans erfinden mag, aber bei längeren Texten fällt sie durch. Was sie schreibt, ist uninspiriert und langweilig. Das ist auch ein Versagen der Herausgeberin, die nicht nur als Leiterin Kommunikation und Programme aktiv ist, sondern auch in der Frauen-Union und als Augsburger Stadträtin der CSU. Sie hätte das Gribl-Blabla rausstreichen müssen. Aber traut man sich das bei einer Freundin? 

Komischerweise darf der Augsburger Fugger-Experte Martin Kluger keinen Text beitragen. Hatte Gabler Angst, dieser könnte zu kritisch ausfallen, nachdem Kluger im Fugger-Welser-Erlebnis-Museum zum Ärger einiger Fugger-Mitglieder die Beteiligung am Sklavenhandel dokumentiert hatte?

"Bereits als junge Frau engagierte ich mich in der Friedensbewegung und gegen rechtsradikale Strömungen. Seit dieser Zeit bin ich zudem Mitglied in einer international aktiven Organisation, die Maßnahmen gegen Kinderarmut und Ausbeutung durch Kinderarbeit realisiert", behauptet Gabler von sich und scheint nicht zu wissen, dass der frühere Reichtum der Fugger auch durch die Ausbeutung mit Kinderarbeit an den Webstühlen und in den Bergwerken zustande kam.

Die Schwarz-Weiß-Fotos schildern ein Leben in der Fuggerei vor der Einführung des umstrittenen Eintrittsgelds für Touris in die Fuggerei, wodurch die kleine Armensiedlung in einen Menschenzoo zum Begaffen verwandelt wurde. Inzwischen müssen die Bewohner vor allem "touristentauglich" sein. Manche nennen das happige Eintrittsgeld einen "Hinweis auf die typische Geldgier der Fugger". Bei der Entstehung der Schwarz-Weiß-Fotos in der Fuggerei war sie noch echt eine Stadt in der Stadt, durch die jeder Bürger durch eines der offenen Tore und die Gassen laufen konnte, ohne abgezockt zu werden. Schade, vorbei. 

Die Fugger versuchten auch schon mit einem eigenen Bier Geld zu verdienen.


Astrid Gabler hat dummerweise eine gute Chance vertan, mit einem kritischen Blick die teilweise recht schändliche Ausbeuter-Historie der alten Fugger auszuleuchten. Schließlich waren es geldgierige Kaufleute und Bankiers wie die Fugger, die die Leute in die Armut trieben. Weitaus viel mehr, als die Fuggerei jemals aufnehmen könnte. Damit hätte sie den Fugger-Feinden einigen Wind aus den Segeln nehmen können, der sicher bald sämtliche Fugger-Lobhudelei hinwegwehen wird.

Naja, eigentlich hat sich das Prinzip einzigartige Armensiedlung Fuggerei schon längst erledigt. Arme Menschen bekommen heutzutage die Miete vom Sozialamt und müssen kein Vaterunser dafür täglich beten, damit der sündhafte Jakob Fugger aus dem Fegefeuer entkommen kann. 

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Auch die Fugger waren mit den Welsern am Sklavenhandel beteiligt.

Der Autor Martin Kluger kann ruhig als der Augsburger Fugger-Experte bezeichnet werden. Er hat schon viele Bücher über die Fugger verfasst. Sein neuestes Werk ist "Die Fugger in Augsburg. Geschäfte mit Kirche und Kaiser". Wer seine Texte in diesem Werkt genau liest, kann erkennen, dass er mit einer Demontage der Fugger in Augsburg beginnt. 

Kluger zeigt uns unzählige Fugger-Kunst und Fugger-Symbole in Kirchen, Kapellen, auf Grenzsteinen, Denkmälern, Münzen und in diversen Häusern, bis es dem Betrachter fast schwindlig wird. Interessanter sind allerdings seine kritischen Erkenntnisse über die Familiengeschichte des Fugger-Clans in alter Zeit. 

Schauspieler Heinz Schulan spielt in dem Stück "Fugger Consulting" einen raffgierigen Fugger.

"Über die Fugger liest und hört man immer wieder ein Märchen: Mit unermüdlich webenden Händen und cleverem Gemischtwarenhandel hätte die Augsburger Familie in nur drei Generationen ein Imperium aufgebaut und en passant den Frühkapitalismus und die Globalisierung erfunden, schildert Kluger den Start der Fugger in Augsburg zu Ruhm und Reichtum. "Erfunden haben die Fugger gar nichts – alles kaufmännische Know-how kam aus Italien. Das Wissen um den Wert der Metalle und um die Optimierung der Kreditwirtschaft in Verbindung mit dem Montanwesen war es, welche die Fugger sagenhaft reich werden ließ", schildert Kluger die Emporkömmlinge aus dem Umland, die in Augsburg zuerst noch als Fucker bezeichnet wurden und am Anfang auch durch eine geschickte Heiratspolitik zu fragwürdigem Einfluss und Reichtum kamen.


Autor Martin Kluger, der die Fugger mit den Medicis und den Krupps vergleicht, erwähnt nebenbei, dass der Bau der berühmten Fuggerei für Jakob Fugger nur ein Griff in seine Brotzeitkasse war. 

Martin Kluger, der am bisherigen Fugger-Boom in Augsburg mitgearbeitet hat, zieht nun - aus welchen Beweggründen auch immer - ein schattenreiches Fugger-Fazit: "Gezeigt wird nicht nur der Glanz, sondern auch das Elend: Gewalt, Glaubensstreit, Ausbeutung, Verarmung weiter Teile der Bevölkerung Standesdünkel und skrupellose Machtpolitik, Menschenhandel und Völkermord!"  

Pleite-Fugger als Denkmal.

Die Fuggerei - Familie, Stiftung und Zuhause seit 1521 / Herausgegeben von Astrid Gabler / 192 S. mit Abb. / HC. Carl Hanser / 

Die Fugger in Augsburg. Kaufherrn, Montanunternehmer, Bankiers und Stifter / Martin Kluger / context verlag Augsburg / 264 Seiten, 312 Abbildungen / EUR 14,80


Martin Ecker

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