Der Augsburger Stadtrat erstmals live im Internet - wie wars?

Leitete die erste Stadtrats-Sitzung, die auch gestreamt wurde: OB Eva Weber.

Selten hatte eine Augsburger Stadtratssitzung mehr Zuschauer als bei der ersten Live-Übertragung am Donnerstag, den 25. Februar ab 2021. Ein historisches Datum für den Augsburger Stadtrat. Oberbürgermeisterin Eva Weber, die ab 14.30 Uhr meisten groß im übertragenen Bild war, bat die anwesenden Stadträte, um möglichst kurze Redebeiträge um das Publikum vor den Bildschirmen nicht zu langweilen. Immerhin hatten bis zu 178 Internet-User sich zugeschaltet. Irgendein Name und das angegebene Passwort sorgten für den Zugang. 

Während Eva Weber mit straffer Frisur nach hinten, großen Ohrringen, einer bunten Blumenjacke, und mithilfe von gelber Diät-Limo die Sitzung leitete und moderierte, kamen zu den Tagespunkten einige Redebeiträge. Manche Stadträte gingen vor ans Rednerpult um ihre Ansicht über ein Problem kundzutun. Diese waren dann auch deutlich sichtbar im Bild. Der grüne Referent Reiner Erben durfte neben der grünen Bürgermeisterin Martina Wild vorne sitzen. Referent Gerd Merkle war neben Eva Weber platziert. Zwischendrin mühte sich Bernd Kränzle als dritter Bürgermeister ab, irgendwie interessiert und wichtig zu sein und kritzelte fleißig auf seinem Block herum. Leider hatte die Kamera immer nur die Sicht auf die Achse Merkle, Kränzle, Weber, Wild, Erben. 

Die Stadträte, die bei ihren Beiträgen sitzen blieben, tauchten im Feld der vielköpfigen Stadträte in der Kongresshalle unter. Hier hätte sich der Zuschauer eine Grafik wie bei Fußballteams vor dem Spiel gewünscht, wo die Stadträte von welcher Partei sitzen und ob sie anwesend sind. Das gehört zu der Transparenz, die Eva Weber als einen Grund fürs Stadtrat-Streaming angab. Bei manchen Themen wurden die Referenten Wolfgang Hübschle und Frank Pintsch in ihren Büros zugeschaltet.

Das Thema Klimawandel und die Maßnahmen Augsburgs gegen eine schädliche Aufheizung unserer Erdatmosphäre riefen Bruno Marcon von Augsburg in Bürgerhand und Roland Wegner von den Veganern ans Mikro. Marcon will in Zukunft mehr Solarenergie von städtischen Gebäuden und Wegner forderte dazu auf, weniger Fleisch zu produzieren und zu essen. 

Ein AfD-Stadtrat war der Ansicht, das Thema Klimawandel doch besser der freien Marktwirtschaft und neuen Techniken zu überlassen. "Irgendwann werden wir merken, dass wir Geld nicht essen können", zitierte der CSU-Stadtrat Josef Hummel. Ein Zitat aus der Rede eines Indianerhäuptlings, die gerne von alternativen WGs aufgehängt wurde. Das lässt staunen: Grüner gehts kaum.  

Fürs Thema Klimawandel wurde ein eigener Sitzungstag angekündigt.

So richtig um viel Geld gings bei Neubau oder Sanierung des Augsburger Schulzentrums FOS/BOS/RWS. Die Sanierungskosten steigerten sich inzwischen von 80 Millionen auf 120 Millionen Euro.  Die Fraktion Linke/SPD und die Bürgerliche Mitte plädierten für einen Neubau, der wohl besser und länger hält als eine Sanierung. Baureferent Merkle zählte einige andere Schulen auf und was deren Neubau gekostet haben, überrollte mit einem massenhaft Zahlen die Stadträte und schreckte damit die Neubau-Befürworter ab. Wobei nicht geklärt wurde, was auf Dauer rentabler kommt.

Florian Freund von der SPD kritisierte die Schul-Sanierung als die übliche Weber-Methode wie auch beim Theater-Sanierung: "Egal welche neuen Fakten, egal welche Kosten, ihre Taktik ist Augen zu und durch!" Eva Weber schoss daraufhin verärgert zurück: "Und Sie machen Opposition um der Opposition willen, bitte sich nur nicht von Fakten belästigen lassen."  Freunds Frage, woher das viele Geld für die gestiegenen Sanierungskosten kommen sollten, blieben ohne Antwort.

Die meistens gut informierte Stadträtin Regina Stuber-Schneider von der Bürgerlichen Mitte wurde von Eva Weber als "unredlich" zusammengestaucht. Regina Stuber-Schneider hatte daran erinnert, dass nicht alle Schulbaumaßnahmen in Augsburg wegen Finanzproblemen zeitlich wie geplant ablaufen würden, das hätte man ja am Rudolf-Diesel-Gymansium sehen können.  

Enttäuschend war es zu beobachten, wie wenig bei so viel Geld diskutiert wird. Natürlich fehlt ein fachkundiger Merkle-Kritiker wie Volker Schafitel im Augsburger Stadtrat. Aber wo blieb hier die kritische Meinung des SPD-OB-Kandidaten Dirk Wurm? Auch wenn klar ist, dass die grünen und schwarzen Stadträte mit ihrer Mehrheit die Sanierung durchdrücken, wäre es für die Bürger wichtig, zu sehen, warum das viele Geld leider - oder doch nicht - verplempert wird. 

Es wurde für die Sanierung gestimmt.

Die Wogen schlugen hoch vor der Abstimmung zur Umbenennung der Langemarckstraße in Familie Stein Straße. Augsburgs AfD-Boss im 'Stadtrat, Jurca, erregte sich: "In Augsburg weiß doch keiner mehr was Langemarck bedeutet. Das wird doch aufgebauscht. Nach Drei Mohren jetzt die Langemarckstraße. Und als Jurca auch noch den CSU-Vorfahre Franz Josef Strauß zitierte: "Verlasst das Links-Grüne Narrenschiff!", brachte das CSU-Stadtrat Andreas Jäckel in Rage: "Strauß wäre ein Gegner der AfD gewesen." Allerdings hatte AfD-Jurca F.J.S. verfälscht zitiert. Dieser sagte 1986 mal: "Steigen wir in das bunt geschmückte Narrenschiff Utopia ein, in dem dann ein Gründer und zwei Rote die Rolle des Faschingskommandanten übernehmen würden." 

Es wurde für die Umbenennung gestimmt.

Die Firmen in der Langemarckstraße dürfte dabei interessant sein, dass sie für die Umbenennungskosten bei ihren Prospekten, Briefköpfen, Visitenkarten und Internetseiten eine pauschale Summe von 5.200 Euro von der Stadt Augsburg bekommen.

Stadtrat Hans Wengenmeir von den Freien Wählern wollte noch wissen, ob der Begriff "Friedensstadt Augsburg" von der Stadtverwaltung geschützt wurde. Da komme eine Demo auf Augsburg zu, die diesen Begriff als Motto benutzen würde. Was von Kulturreferent Jürgen Enninger, der zugeschaltet wurde, verneint wurde, weil es bei diesen beiden Begriffen nicht möglich sei.

Ansonsten lief die erste Stadtratssitzung per Internet-Streaming ziemlich friedlich ab. Die Technik funktionierte einwandfrei. Die Zuschauer hätten sich vielleicht mehr Bilder mit Information gewünscht. Kann doch kein Problem sein, die Langemarckstraße, einige Klimaprobleme und die zu sanierenden Schulen mit Bildern zu zeigen. 

Nach etwas mehr als zwei Stunden, um 16.50 Uhr, war die Sitzung per Stream zu Ende. Auf jeden Fall ist die gestreamte Stadtratssitzung eine Bereicherung für die Bürger damit sie die  städtischen Pläne und Vorhaben beobachten können und nicht auf irgendwelche Berichte angewiesen sind, die mehr oder weniger richtig das Geschehen im Stadtrat wiedergeben.

Mal schauen, ob beim nächsten Stadtrat-Streaming noch mehr Zuschauer dabei sind. Würde ich mir wünschen.


Gastautor: Arno Loeb







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