Ex-Polizist Roser: "Wir fahren zuerst nach Oberhausen!"

Lothar Roser, ehemaliger Augsburger Polizist, erzählte im Kultur-Schaufenster spannende Dinge über seinen Polizei-Dienst im Augsburger Stadtteil Oberhausen. Auch vom berühmt-berüchtigten "Fischerholz", deren Bewohner früher als "Zigeuner" bezeichnet wurden.


Der seit sieben Jahren pensionierte Polizist und Marathon-Läufer Lothar Roser, Abiturient des Holbein-Gymnasiums, der beim Augsburger Dom wohnt, jetzt Stammgast in der Künstler-Kneipe "Neruda" ist, berichtete beim Stadtteilgespräch mit Flonny Kluge im Quartier Rechts der Wertach über seine Streifen-Erlebnisse, hauptsächlich in Oberhausen: "Wenn wir mit dem Polizei-Auto zum Dienst losfuhren, dann sagte ich, wir fahren zuerst nach Oberhausen, dann sind wir zentral."

Über den Helmut-Haller-Platz, der jetzt mit dem Festival Sommer am Kiez bunt belebt wird, meinte er: "Ich bin da oft gern, weil dort Veranstaltungen sind. Ich treffe dort viele Menschen, die nicht dort wohnen. Es wäre früher undenkbar gewesen dort hinzugehen, um auszugehen. Es wäre niemand auf die Idee gekommen." Für ihn hat sich der zu Unrecht etwas verrufene Augsburger Stadtteil wesentlich verbessert."

Lothar Roser, der auch bei der Katholischen Arbeiter Bewegung (KAB) engagiert ist, redete mit Flonny Kluge, bekannt als ehemaliger Wirt der Rockdisko Circus und als Konzert-Booker, auch über die Drogen- und Glücksspiel-Szene in Oberhausen, die er dienstlich aufsuchte. Dabei erzählte Roser: "Da saßen oft 40 Männer um die Tische mit einer Tasse Kaffee. Wovon lebt der Wirt, fragt man sich? Die Spieler mussten natürlich Eintritt zahlen."


Die Infos zum unerlaubten Glücksspiel kamen vom türkischen Generalkonsul. Es wurden schon mal 20.000 DM Bargeld beschlagnahmt. Interessant waren vor allem das Drumrum, denn das Geld der Mitspieler kam oft von anderen illegalen Geschäften mit Drogen oder Prostitution. Es gab auch Zimmer nebenan, in den sich die Spieler aus Hamburg, Frankfurt und Stuttgart amüsieren konnten. Damals gabs noch eine Sperrstunde um 1 Uhr und Roser ist in Oberhausen um diese Zeit nachts von einer Kneipe durch die andere getingelt auf der Suche nach verbotenem Glücksspiel. "Es waren 68 Lokale, die auf meiner Durchsuchungs-Liste standen. Manchmal bekam ich sogar Anrufe, dass einer mit einer Menge Drogen kam, die er verkaufte wie Brot, das wollten die eigentlichen Spieler gar nicht."

Flonny Kluge und Lothar Roser im Gespräch.

Die Sprache kam auch auf eine verwunschene und verschwundene Augsburger Siedlung am nördlichen Rand von Oberhausen, an der Grenze zu Gersthofen, das sogenannte "Fischerholz" mit seinen Bewohnern, auch in Wohnwagen, die zu Beginn von Rosers Polizei-Laufbahn auch von manchen "Zigeuner" genannt wurden. "Für die Polizei ein gefährliches Pflaster." Roser erzählte darüber: "Unter drei Streifen sind wir da nie reingefahren. Bei einer Streife war die Sorge, dass sie wie im Bermuda-Dreieck nie mehr auftaucht."

Lothar Roser konnte sich auch noch an die Prostituierten auf dem Augsburger Straßenstrich erinnern. "Die mussten wir schon mal eine Nacht bei uns schlafen lassen", lachte er auf der inneren Fensterbank des Kulturraums an der Wertachstraße.

Nicht weit entfernt, da befand sich in der Wiesenstraße die Metzgerei der Frau Klein mit den besten Leberkäs-Semmeln für eine Mark in Augsburg. Dadurch herrschte dort vormittags die größte Polizeidichte der Stadt. Der Begriff Leberkäs-Junkie traf da schon auf die Polizisten zu. "Der Leberkäs auf der Semmel der Frau Klein war so dick, dass man sich eine zweite Semmel dazu mitnehmen musste", schmunzelte Roser bei dieser Erinnerung an seine frühen Dienstjahre.

Früher, vor 25 Jahren, hätte er sich hier an der Wertachstraße, wo die vorbeilaufenden Leute hereinschauen können, nicht ans Fenster setzen trauen, gestand Roser seinem Gesprächpartner Kluge, da hätte das für ihn durch rachsüchtige Kriminelle gefährlich werden können. 

Aber heutzutage, so Roser, betrachte er Oberhausen als wunderbaren Stadtteil.


Gastautor: Arno Loeb
 

- - -

Hier ist das ganze Gespräch von Flonny Kluge mit Lothar Roser zu sehen und zu hören.

Kommentare