Brecht-Forscher Dr. Jürgen Hillesheim in seinem Büro mit Original-Briefen von Caspar Neher und einem Bild von Bert Brecht. |
Um den Augsburger Brecht-Experten Jürgen Hillesheim, ist in letzter Zeit viel Wirbel gemacht worden. Im Dreigroschenheft, das in Augsburg produziert wird, hat der Verriss des Hillesheim-Buches über das Motiv des Baumes in der Brecht'schem Lyrik, durch den Vorsitzenden des Augsburger Brecht-Kreises, Michael Friedrichs, viel Aufsehen in der nationalen und internationalen Brecht-Szene verursacht. Ist hier ein literarischer Krieg zwischen Brecht-Freunden ausgebrochen?
Zwei Männer befassen sich im Dreigroschenheft, Ausgabe 2/21 mit dem Hillesheim-Buch zu Brechts Bäume: Klsus-Dieter Krabiel und Michael Friedrichs. Krabiel kommt zu dem Fazit: "Bestechend ist Hillesheims umfassende Kenntnis der Quellen und der Forschunsgsliteratur zur Thematik. Dankenswerterweise werden neben bekannten Gedichten auch zahlreiche Texte berücksichtigt, vor allem frühe, die in der Literatur bislang wenig oder keine Beachtung gefunden haben."
Friedrichs hingegen kritisiert: "In Einzelinterpretationen wagt sich Hillesheim oft weit vor, was das Potential hat, die Lesenden mit den handwerklichen Schwächen zu versöhnen. Zu oft fokussiert Hillesheim auf negative Unterstellungen". Hillesheim blieb einiges verborgen, wie die Ängste des Schauspielers Charles Laughton in Holywood und beim Zusammenzählen der Baum-Gedichte von Brecht vermag ihm Friedrich "selbst auf dem Rechenweg nicht zu folgen."
Vor ein paar Tagen erschienen zwei große Berichte über Briefe des Bühnenbildners Caspar Neher, ein Augsburger Jugendfreund von Brecht, die schildern, wie sich Neher mit Brecht in den 1950ern überwarf und sich von ihm trennte. Neher arbeitete als bildender Künstler mit Brecht seit dessen Werk "Baal" öfters zusammen. Hillesheim macht durch diese Briefe, die angekauft wurden, auf dieses Zerwürfnis aufmerksam. Dr. Jürgen Hillesheim ist der Leiter der Bertolt-Brecht-Forschungsstätte in Augsburg. Also kein Leichtgewicht in Sachen Brecht-Werk.
Ein Bericht von Richard Mayr in der Augsburger Allgemeinen (AZ), der sich vor allem mit dem Ankauf dieser Briefe für 3.500 Euro durch Augsburgs Kulturreferent Jürgen Enninger beschäftigt und ein anderer in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), verfasst von Hillesheim als Gastautor, der sich hauptsächlich mit dem Inhalt dieser Neher-Briefe auseinandersetzt. Neher schrieb sie von 1952 - 1959 an Rolf Badenhausen, die ehemalige rechte Hand des berühmt-berüchtigten Gustav Gründgens, die beide im Dritten Reich mit den Nazis kooperierten. Auch Caspar Neher blieb im Nazi-Deutschland und stattete auch Bühnenstücke aus, die den Nazis gefielen.
Brief von Neher an Badenhausen. |
Brecht floh vor den Nazis aus Deutschland. Bemerkenswert ist laut Hillesheim, dass sich die beiden Männer Neher und Badenhausen in ihren Briefen nie Gedanken zu der Nazi-Zeit machten. "Die schien für sie einfach nicht mehr zu existieren", konstatiert Hillesheim.
Hillesheim über die Neher-Briefe in der FAZ. |
Noch ist nicht genau zu erkennen, ob der Disput zwischen den beiden Brecht-Fans Friedrich und Hillesheim sich zu einem längeren Streit entwickelt, vielleicht sogar zu einem ewigen literarischen Krieg um das Denkmal Bert Brecht ausufert.
Hillesheim, der selber bei Brecht-Magazinen mitarbeitet, auf Friedrichs Attacken im Dreigroschenheft angesprochen, meint: "Soll ich darauf wirklich reagieren? Mich kratzt das nicht. Ich muss doch nicht über jedes Stöckchen springen."
Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn
Deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende
Hat die furchtbare Nachricht
Nur noch nicht empfangen.
Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!
Der dort ruhig über die Straße geht
Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde
Die in Not sind?
...
Und hier liest Bert Brecht selbst dieses Gedicht.
»Immer unbändiger die Lust, noch größer zu werden ...« Das Motiv des Baumes in der Lyrik Bertolt Brechts / Jürgen Hillesheim / Seitenanzahl: 366 / ISBN: 978-3-8260-7097-6
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