Wer Bücher verbrennt, verbrennt auch Menschen!

Der Bücher-Sammler Salzmann mit einem besonderen Werk.

Unser Chefredakteur Arno Loeb an der Augsburger Universität in der Salzmann-Bibliothek mit
'Werken der verbrannten Autoren.
(Fotos: Christian Menkel)

Loeb und Salzmann
im Gespräch bei einem Gartenfest.



Es war der Augsburger Autor Richard Euringer, der sich bei den Bücherverbrennungen durch die Nazis besonders hervortat. Zur ersten Bücherverbrennung des braunen Terror-Regimes in Berlin am 10. Mai 1933 in Berlin erschien auch der NS-Propaganda-Minister. Euringer, dein dekorierter Kriegsheld, war als Autor wohl frustriert, da er nicht zu den besten Schriftstellern aufschließen konnte. Er missachtete den Satz von Heinrich Heine: "Wer Bücher verbrennt, verbrennt auch Menschen!"

Auf der Vernichtungs-Liste der verhassten Autoren hatten die Nazis damals auch den Augsburger Autor Bert Brecht vermerkt, der allerdings rechtzeitig fliehen konnte. Ob es in Augsburg auch eine Bücherverbrennung durch die Nazis gab, ist nicht bekannt.

Die Augsburger Buchhandlung am Obstmarkt führt zu diesem Gedenkdatum am Montag, 10. Mai 2021eine Lesung durch.

Kurt Idrizovic von der Buchhandlung am Obstmarkt erinnert an 
die Bücherverbrennung.



Wir weisen zu diesem Tag auch auf die "Sammlung Salzmann - Bibliothek der verbrannten Bücher" an der Augsburger Uni hin. Sie ist eine besuchenswerte Einrichtung.

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Barbarischer Akt

Richard Euringer sortierte die Bücher seiner 
Kollegen zum Verbrennen aus.


Richard Euringer war im Ersten und im Zweiten Weltkrieg als Flieger aktiv. Geboren wurde er am 4. April 1891 in Augsburg, gestorben ist er am 29.8.1953.

Euringer wird 1933 dem Essener Oberbürgermeister Theodor Reismann-Grone für die Leitung der Stadtbücherei als namhafter Literat empfohlen, nachdem er sich mit "Fliegerschule 4. Buch der Mannschaft" Anerkennung im neuen NSDAP-Regime erwarb. 

Euringer übernimmt - ohne bibliothekarische Kenntnisse - den Posten als Bibliotheksleiter in Essen im Frühjahr 1933 zunächst kommissarisch für ein Jahr, und widmet sich von Beginn an vordringlich der ideologischen Säuberung der Stadtbibliothek - eine Aktion, bei der über 18.000 Bände aus dem Bestand ausgesondert werden. 

Ein kleiner Teil dieser ausgesonderten Bücher wird am 21. Juni 1933, dem Tag der Sommersonnenwende, auf dem "Platz des 21. März", dem jetzigen Gerlingplatz, verbrannt. 

Zur Bücherverbrennung sind SA und SS aufmarschiert. Euringer, der neu ernannte
Leiter der Stadtbücherei Essen bezeichnete den barbarischen Akt gegen die Kultur zynisch als Befreiungsschlag: "Dieses Geschreibsel wird nun heute in Flammen aufgehen. Das ist schön, symbolisch,
bildhaft." Ein Standartenführer setzte den Scheiterhaufen schließlich in Brand.

Es brannten keine hölzernen Scheite, sondern die SA hatte aus den wunderbaren Büchern von Thomas und Heinrich Mann, Erich Maria Remarque, Ernst Toller und Kurt Tucholsky einen "Scheiterhaufen des Undeutschen" - so die National-Zeitung - errichtet.

Oskar Maria Graf und Bert Brecht auf einer Grafik des Augsburger Künstlers
Jörg Scherkamp.



Bert Brecht: Verbrennt mich!

„Als das Regime befahl, Bücher mit schädlichem Wissen
Öffentlich zu verbrennen, und allenthalben
Ochsen gezwungen wurden, Karren mit Büchern
Zu den Scheiterhaufen zu ziehen, entdeckte
Ein verjagter Dichter, einer der besten, die Liste der
Verbrannten studierend, entsetzt, daß seine
Bücher vergessen waren. Er eilte zum Schreibtisch
Zornbeflügelt, und schrieb einen Brief an die Machthaber.
Verbrennt mich! schrieb er mit fliegender Feder, verbrennt mich!
Tut mir das nicht an! Laßt mich nicht übrig! Habe ich nicht
Immer die Wahrheit berichtet in meinen Büchern? Und jetzt
Werd ich von euch wie ein Lügner behandelt! Ich befehle euch, Verbrennt mich!“

Mit dem "verjagten Dichter, einer der besten", meinte Bert Brecht den bayerischen Autor Oskar Maria Graf, den er im US-amerikanischen Exil traf.

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