Die bisherige Geschwindigkeit ist besorgniserregend.

Augsburgs weibliche Stadtregierung geht gerne zu Fuß.

Wird in Augsburger immer noch zu schnell gefahren? Kommt Tempo 30?

Offener Brief an Augsburg

Zukunftsfähige Mobilität in Augsburg – Umsetzung von Leitlinien und Beschlüssen

Wir schreiben aus Sorge und im Bewusstsein unserer Verantwortung für die Zukunft. Weder selbstgesteckte Ziele wurden erreicht, noch notwendige Entwicklungen im Bereich 
nachhaltiger Mobilität schnell genug realisiert. Ein wahrscheinliches Scheitern ist 
weitgehend unnötig, gefährlich und nicht zu rechtfertigen, da es letztendlich immer bedeutet, dass ein zu langes Festhalten an heutigen Verhältnissen zulasten der zukünftigen Gestaltungsspielräume geht.

Hat die swa das richtige Konzept für einen optimalen öffentlichen Nahverkehr?

Augsburg hat seit Jahren hervorragende Ziele im Bereich Mobilität und darüber hinaus:

• Bereits die ersten Zukunftsleitlinien aus dem Jahre 2004 Jahren hatten das Ziel, den Umweltverbund (ÖPNV, Rad-, Fußverkehr) zu stärken und den MIV-Anteil (MIV = Motorisierter Individual-Verkehr) zu verringern.

• Das Projekt Fahrradstadt sollte 2012 die Leitlinien in einem Teilbereich konkretisieren und in Maßnahmen münden lassen. Mit viel Geld wurde ein Ingenieurbüro beauftragt. Ein Qualitätskatalog für Radwege entstand, sowie ein Radnetzplan, der u.a. Radhauptverbindungen beschreibt.

• Bürger machten und machen Ideen, den ÖPNV zu verbessern, wie z.B. Regional-S-Bahn (teils wieder gefährdet), die Schnellbuslinien 4.0, attraktivere Tarife,...

• Der Augsburger Stadtrat hat der Stadt ein Klimabudget gegeben. Das einzuhalten, hat die Stadtgesellschaft nur wenige Jahre Zeit. Zu beachten ist dabei: Ersetzt man sämtliche 160.000 in Augsburg gemeldeten Pkw durch neue, emissionsärmere, entspräche bereits die Herstellung der Fahrzeuge ca. 20% des bestehenden Klimabudgets und das ohne einen gefahrenen Kilometer. Die Fahrzeugzahl sinkt, wenn Mobilität in Form von zu Fuß gehen, Rad fahren, ÖPNV nutzen oder Sharing-Angeboten maximal attraktiv werden (Pull) und unbegründete Vergünstigungen für PKW wegfallen (Push). Die Reduzierung des MIV-Anteils ist seit Jahren beschlossenes Ziel.

• Grob gesagt bedeutet jedes 1⁄4-Jahr ohne Veränderungen beim MIV, 1% vom C02-Budget das uns zukünftig fehlt.

Es bedarf der zügigen Umsetzung!

Wieso bedarf es beispielsweise eines Bürgerbegehrens damit solche Ziele von der langen Bank kommen? Dabei gilt auch: Ein Vertrag zwischen Stadtregierung und Vertretern des Bürgerbegehrens ist nicht mehr als geduldiges Papier; Taten zählen. Insbesondere begrüßen wir die Forderung der Stadt Augsburg auf eine Bundesregelung zu stadtweitem Tempo 30.

1 Diese Formulierung berücksichtigt, dass Augsburg mehr ist als die üblichen Adressaten solcher Briefe, wie Stadtregierung, Presse, Stadtrat, Stadtverwaltung, Interessenverbände: Nämlich alle, denen es Verpflichtung ist, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen.

2 Ein Mittelklasse Verbrenner bedeutet 8t, ein Fahrzeug mit E-Antrieb ca. 13t. Bei 160.000 Fzg sind dies ca. 2.Mio-t 

Das Bundesverfassungsgericht hat eindeutig festgestellt, dass es nicht gerechtfertigt ist, das Handeln zulasten zukünftiger Generationen hinauszuzögern. Die bisherige Geschwindigkeit bei der Umsetzung von Plänen und der Zeitplan für die Klimaziele sind besorgniserregend.

In diesem Sinne fordern wir alle auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Sie sind meist lediglich Teile der Umsetzung von seit Jahren beschlossenen Zielen:

• Radhauptverbindungen müssen entsprechend den höchsten Maßstäben für Radwege ertüchtigt werden.

• Trambauprojekte müssen zügig realisiert werden. Der regionale Schienentakt nach Westen muss ausgebaut und in die anderen Richtungen mindestens gesichert werden. Schnellbuslinien sollten wichtige Tangentialverbindungen bedienen.

• Weitere attraktive Tarife und Angebote sollten, nicht nur vor dem Hintergrund einer veränderten Arbeitswelt und Teilzeitarbeit, das Portfolio des AVV bereichern.



Protzwagen in der Augsburger Prachtmeile.


Bücher per Lastenrad.

Stadträtin Mäggi Heinrich plädiert für mehr Lebensfreude in Augsburg.


Weitere, z.T. ohne großen Kostenaufwand umzusetzende Maßnahmen sind:

• Rücknahme von nicht gerechtfertigten und den Zielen entgegenstehenden Maßnahmen, wie die Beschilderung „Bequem in die Innenstadt“ (besser für Radverkehr und ÖPNV/P+R einzurichten); Nichtumsetzung veralteter Maßnahmen.

• Kosten-/Nutzen-Transparenz der Mobilitätsformen. Hierzu kann die Arbeit anderer Städte genutzt werden.

• Gerechte Neuverteilung des Verkehrsraumes auf Basis einer transparenten und fairen Kosten-/ Nutzenbilanz. Umfassende Ertüchtigung des Verkehrsraumes für die effizienten Mobilitätsträger ÖPNV, Rad und Fuß; Rückbau der ineffizienten Nutzung des öffentlichen Raums durch den MIV.

• Umwandlung von für den MIV reservierten Flächen in Gemeinschaftsflächen.

• Anpassung von Verkehrswegen an die Klimaveränderung, z.B. durch Bepflanzung für verbessertes Kleinklima auf Verkehrsflächen, Beschattung. Die gemeinsame Verantwortung bedeutet für Bürger, Verwaltung, Firmen und Stadtregierung, nicht den schwarzen Peter hin- und herzuschieben, sondern kooperativ den notwendigen Wandel zu verwirklichen. Jede Durchsetzung und ein Festhalten von momentanen Partikularinteressen verspielt die Gestaltungsräume von morgen und ist 
unverantwortlich.


Tom Hecht, Fachforum Verkehr der Lokalen Agenda 21, fachforum-verkehr@menschen-und-wege.de


Unterzeichner:

Name (falls stellvertretend für Organisation, diese in Klammer angeben)

Tom Hecht (privat und Fachforum Verkehr)

Christian Hager (Fachforum Verkehr)

Günter Schütz (privat, Fachforum Verkehr)

Imke Jungjohann

Sylvia Schaab

Helmut Bayer

Tine Klink

Michael Finsinger, ("Verkehr 4.0 für den Ballungsraum Augsburg; www.Verkehr4x0.de")

Tanja Bux (Fahrradbeauftragte der HS)

Matthias Vogg

Wir freuen uns über Organisationen und Personen die dies unterstützen oder/und mitunterschreiben wollen. Eine email genügt.

Tom Hecht.

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"Komme mit dem Fahrrad in Augsburg bestens klar"

Ich wundere mich doch sehr über die kritiklose Übernahme des sogenannten Schnellbuslinienkonzepts 4.0. Buslinien sind dazu da, den schienengebundenen Verkehr zu ergänzen, und nicht einen teuren, nicht finanzierbaren und ineffizienten Parallelverkehr zu organisieren. Im Übrigen komme ich mit dem Fahrrad in Augsburg bestens klar, erreiche alle meine Ziele schnell und bequem auf diese Weise, und freue mich über die vielen Verbesserungen beim Radverkehr, die auf diese Weise erreicht worden sind.

Beste Grüße,  Christine Kamm (Stadträtin, Bündnis 90/ Die Grünen)

Christine Kamm.



"Viel Teer und Augenwischerei tun's ja auch"

Grundsätzlich teile ich alle genannten Zukunftsprämissen. zwei ergänzende, ganz private Gedanken, warum der Umstieg vielleicht nicht ganz so einfach ist:

Wir leben mittlerweile sehr stark nach amerikanischen Muster: die großen Einkaufszentren liegen außerhalb der Innenstadt und sind ÖPNV mäßig nicht immer gut angebunden, haben aber Parkplätze zu Hauf.

Die wenigsten von uns haben die Zeit, jeden Tag zu Fuß oder mit dem Radl loszuziehen.

Man schaufelt sich halt einmal in der Woche das Auto voll. Machbar ist natürlich alles - aber ist es realistisch? Für Familien ist dies die ultimative Herausforderung schlechthin und erfordert entweder eine gewisse Logistik oder einer bleibt halt immer mit den Kindern daheim.

Und selbst wenn wir in Augsburg alle diese Parkplätze verkleinern zugunsten von Stellplätzen für (Lasten) Rädern, so bleibt dem Augsburger immer noch das Umland. Man ist ja flexibel.

Bis sich solche Gewohnheiten ändern, dauert es.

Wir können auch gern weiter Wohngebiete entwickeln ohne viele Stellplätze - das Ende des Liedes wird sein, dass alle über Jahre hinweg Straßen (die ja alle eng sind damit keiner durchfährt) zugeparkt sind, "mia fahrat ja schließlich alle Elektro und des got doch!" Sanka und Feuerwehr sagen herzlichen Dank.

Der Teufel steckt wie immer im Detail. Wenn ich die perfekte Lösung hätte, würde ich sie mir patentieren lassen.

Regina Stuber-Schneider (Stadträtin, Freie Wähler)

P.S.: Ach ja, eines noch: Ist es nicht schade, dass man zur Geschwindigkeitsreduzierung zwar Inseln 
baut, aber immer möglichst so, dass sie keinem wehtun und potthässlich sind, anstatt sie mit einem ordentlichen Baum zu bepflanzen, denn der hätte wirklich Signalwirkung.

Aber viel Teer und Augenwischerei tuns ja auch.

Regina Stuber-Schneider.


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