Stauden-Bildband: Bilder kommen im Herzen an!

Der Zündapp-Club braust über die Feldwege.

Ein neuer Bildband ist über die Landschaft im Westen von Augsburg erschienen: "Die Stauden. Stille Schönheit im Herzen von Schwaben."

Der Verlag Hans Högel in Mindelheim schreibt über den Bildband: "Waldreiche Höhen, grüne Täler und darin eingebettete Dörfer: Die Stauden sind ein Land wie aus einem Bilderbuch. Fotograf Wolfgang B. Kleiner zeigt es ganz ungeschminkt. Er durchwandert die Region zwischen Wertach und Mindel seit vielen Jahren und hält die stille Schönheit fest. Seine Bilder kommen im Herzen an. Nicht die lückenlose Dokumentation macht den Reiz dieses Bildbands aus, sondern die verschiedenen Blickwinkel, die die Seele des Landstrichs abbilden. Dazu kommen Gespräche, die Autor Maximilian Czysz mit vielen Gesichtern der Stauden geführt hat – sie sind aufschlussreich, tiefsinnig und emotional."

Die Masken und ihr Macher.

Beim Durchblättern des opulenten Bildbands fällt auf, dass der Autor Maximilian Czysz (sprich-Tschech) und der Fotograf Wolfgang B. Kleiner nicht nur die Landschaft mit ihren Seen, Bächen, Flüssen, Wiesen und Wäldern kennen, sondern auch viele Menschen die darin arbeiten und leben. Die Bilder-Themen ziehen sich von Landschaft und Natur über Freizeit, Wald, Handwerk, Geschichte, Brauchtum und Feste, Wasser, Landwirtschaft, Wirtschaft, Kirchen und Glaube bis zu Kunst und Kultur hin. Meistens sind es großformatige Fotos, die von kleinen Texten erklärt werden. Zwischendrin kommen Interviews. Von Kloster-Äbtissin Gertrud Pesch bis zum Milch- und Joghurtkönig Theo Müller.

Allerdings scheint es nach dem Bildband keine Menschen aus Italien, Türkei, Griechenland, Spanien oder gar aus Asien und Afrika zu geben, die dort leben. Schade, das kann ja nicht sein. Und wenn ausnahmsweise ein dunkelhäutiger Pfarrer auftaucht, wohl ein Inder, der den Leonhardi-Ritt in Kirchheim segnet, dann wird sein Name, Maprayil Benedikt, nicht genannt. Während es bei den anderen Beiträgen nur so von Namen wimmelt. Sollte dieses Buch weitere Auflagen bekommen, so muss hier unbedingt nachgebessert werden, schließlich gehören die Stauden auch zu Europa, oder? Die Homepage http://www.diestauden.eu/, eher zur Abschreckung gestaltet, lässt jedenfalls darauf schließen.


Alle Interviews sind harmlos und positiv gefasst, was für ein Buch über Heimat verständlich ist. Auch das mit dem Milch- und Joghurtkönig Theo Müller, der aus einer kleinen Molkerei mit viel finanzieller Hilfe von regionalen Sparkassen in Aretsried einen internationalen Konzern bastelte. Inzwischen gilt Müller als moralischer Steuerflüchtling, spendiert aber ab und zu seiner Heimatgegend ein paar Euros aus seiner Privatschatulle. Dass sein Betrieb auch riesige Mengen von Umweltschutz mit Plastikverpackungen erzeugt und viel Landschaft frisst, wie einige andere im Buch vorgestellte Fabriken, das wird in dem Buch nicht thematisiert. Wie bei den meisten schönen Bildbänden, die über eine Heimat berichten. Wer würde ein kritisch angehauchtes Heimat-Buch auch kaufen?

Viel Freude bereiten den Leserinnen und Lesern beim Durchblättern sicher die Menschen, die die Stauden mit ihrem Leben gestalten. Radsportlerinnen, Alphornbläser, Schafhirten, Ballonfahrer, Brauerei-Besitzer und -Arbeiter, Kräuterfrauen, Musiker, Läufer, Schnapsbrenner, Instrumentenbauer, Heimatpfleger, Trinkwasserexperten, Traktorensammler, Blasmusiker, Wallfahrer, Erdbeerfarmer, Alpakazüchter und der weltbekannte Münzen-Designer Friedrich Brenner in Anhausen.

Leider fehlt eine Umrisskarte des Stauden-Gebiets. Dadurch lässt sich diese Gegend nicht eindeutig eingrenzen. Wer kennt schon all die kleinen Ortschaften in dem Dreieck des südlichen Naturparks Westliche Wälder, zwischen Wertach, Mindel und der B300? Es fehlen leider auch junge  Menschen, die sich mit  Punk, Rock, wilder Kunst, chaotischem Internet, dem schädlichen Klimawandel oder neuen Lebensformen beschäftigen. Das sollte die Organisation Regionalentwicklung Stauden (RES), die an diesem Bildband beteiligt ist, samt ihrem flotten 1. Vorsitzenden Peter Wachler, Bürgermeister von Markt Wald, sich zu Gemüte führen - und es besser machen. Auch ein Schuss fröhliche Frechheit würde nicht schaden. Sagen wir es etwas harmloser mit dem altgedienten Spaßmacher Silvano Tuiach, ein Fan des Fischacher Naturbads: "Die Stauden sind für mich wie Urlaub. Da fällt mir auch das Lästern sehr schwer."

Wildschweine werden geschlachtet.


Spaß machen beim genaueren Betrachten des Bildbands nicht nur originelle Menschen wie der Weltenbummler Karl Markgraf, der Tipi und Jurte, zwei spezielle Zelte, auf einer Wiese in Scherstetten, am Waldrand, aufbaute und dort auch Kunstausstellungen organisiert. Der Zündapp-Club braust über frisch gemähte Felder, die Buschelberg-Schützen lassen rund 50 Kanonen laut krachen und Böcklesberger Hexa in Mittelneufnach verbreiten Angst und Schrecken. ruhig ist es dann sicher nicht. In den Stauden ist massig viel los, das wird deutlich.

Alle Fotos in unserer Besprechung sind von Wolfgang B. Kleiner 
und stammen aus dem Bildband "Die Stauden - Stille Schönheit  im Herzen von Schwaben".

Und endlich sehen wir den Fischverkäufer vom Augsburger Stadtmarkt, Anton Schindler, mit gefangenen Forellen, die bei ihm im Weiher in Eppishofen aufgezogen und so geschmackvoll geräuchert werden. 

Dieser liebevoll, ja, leidenschaftlich gemachte Bildband gehört unbedingt in jeden Bücherschrank in und um Augsburg, das ist klar. Außer es ist kein Bücherschrank oder Regal mehr vorhanden. Es bietet nicht nur viel Information über unsere Heimat, sondern auch Gesprächsstoff, wenn wir es zusammen anschauen, wozu ich mit Stauden-Saft, -Bier, oder -Schnaps, stark rate.

Arno Loeb


Wolfgang B. Kleiner: Die Stauden - Stille Schönheit im Herzen von Schwaben / Texte von Maximilian Czysz / Hardcover / 303 Seiten / Druckerei und Verlag Hans Högel / ISBN 978-3-947423-35-4 /29,50 €

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