Raubzüge dienten der Fahrt nach Amerika

George Betzinger, ein Nachkomme des Georg Müller in Amerika.


Der ehemalige Heimatpfleger und Gründer des Hörbacher Montagsbrettl, Toni Drexler, schrieb ein spannendes Buch über eine Auswander-Familie, die einst nicht weit von Augsburg entfernt lebte: "Vom Finserbach zum Mississippi - Dem Schwoben-Girgl sein abenteuerlicher Weg ins Amerika."

Wäre der Schwobn-Gigl in unserer Zeit ein Mensch irgendwo in Afrika und würde zu uns kommen, würde ihn einige Leute wohl als Wirtschafts-Flüchtling bezeichnen. Allerdings lebte der Schwobn-Girgl, über dessen Auswanderung der Heimatexperte Toni Drexler ein Buch geschrieben hat, in den Dörfern beim Haspelmoor, zwischen Augsburg und München, noch genauer zwischen Mering und Fürstenfeldbruck. Geboren wurde der Schwobn-Girgl als Georg Müller am 18.04.1830 in dem Ort Ried bei Kissing. 

Wettrennen der Schaufelrad-Dampfer auf dem Mississippi.

Georg Müller, später als Schwobn-Girgl bekannt geworden, musste sich als Kind und Jugendlicher mit dem Hüten von Kühen durchschlagen. Autor Toni Drexler schildert ungeschminkt das harte Leben der Menschen, die damals ohne großen Bauernhof ihr Leben mit harter Arbeit einigermaßen über die Runden kamen. Dazu kamen viele Ungerechtigkeiten von höher gestellten Personen, die damals ihre Machtposition gnadenlos ausübten. Es ist die Zeit um 1840, als die Eisenbahnstrecke von Augsburg nach München gebaut wird. Sie führt auch das Haspelmoor, in dem Torf gestochen wird für das Heizen der Dampfloks. Eine brutale Arbeit dazu noch schlecht bezahlt. Georg Müller verdient sich hier auch etwas Geld. Dieses Moor wird nach Westen über den Finsterbach in die Paar entwässert.


Toni Drexler, Autor des Buchs
"Vom Finsterbach zum Mississippi".

Irgendwann bekommt Georg Müller mit, dass Menschen aus seiner Umgebung nach Amerika auswandern. Denen solls dort viel besser gehen. Sie sollen dort drüben über dem Ozean freier und besser leben. Durch Einbrüche, vorwiegend in Pfarrhäusern und Kirchen, versucht Georg Müller, seine Überreise zu finanzieren. Dabei gründet sich eine Bande, die durch den Raub der Reliquien des Heiligen Rasso dann in Bayern die gefürchtete "Rasso-Bande" genannt wird.  Sie werden erwischt, 1876 verurteilt und in die Fronfeste München eingesperrt. 

Hartes Leben der Torfstecher im Haspelmoor.

m Frühjahr 1868 gelingt dem Schwobn-Girgl die Flucht aus dem Gefängnis. Mit dem Geld aus seiner Diebesbeute, die er für die Auswanderung angespart hat, kommt er nicht nur bis Hamburg, sondern sogar auf ein Passagierschiff. Wie er es dann sogar schafft, seine Frau und seine Kinder in das gelobte Land zu holen, auch das erzählt Drexel, der mit dem Schicksal des Georg Müller Mitgefühl zeigt, in seinem neuen Buch. 

Besonders viel weiß Drexel über die Arbeit und die Menschen im Haspelmoor. Darüber hat er auch schon ein beeindruckendes Buch verfasst. In "Vom Finsterbach zum Mississippi" erfahren wir auch, wie sich Müllers Familie endlich in Milwaukee wieder vereinigt und sich ihr Leben als Betzingers in dem Indianerland der Menominee niederlässt. 

Georg Müller, genannt der Schwobn-Girgl.
(Zeichnung von Hans Stölzl)

Natürlich gibt es nicht viele schriftliche Zeugnisse und Bilder aus dem Leben eines einfachen Menschen wie dem Georg Müller. Doch die Briefe und die Protokolle der Gerichte geben Aufschluss über das schwere Leben und den starken Durchhaltewillen des Georg Müller, der es im Zwischendeck der MS Hammonia von Hamburg nach New York schaffte, vom Finsterbach zum Mississippi. 

Ein Buch, das nicht nur fasziniert und packen kann, das uns ungeschminkt das Leben von Menschen zeigt, die nicht mit dem goldenen Löffel im Mund auf die Welt kamen und trotzdem alles versuchten um mit ihrer Familie glücklich leben zu können. 

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Toni Drexler: Vom Finsterbach zum Mississippi / Hardcover / 128 Seiten / mit Fotos, Zeitungsausschnitten und Karten / Bauer Verlag Thalhofen / ISBN 978-3-95551-161-6




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