„Augsburg 1521“ – eine Graphic Novel über die Fuggerzeit
Paul Rietzl studierte in Augsburg Kommunikationsdesign und kennt daher die Stadt. Er lebt jetzt als freiberuflicher Illustrator in München, widmet sich aber am liebsten den Comics; eine seiner ersten Publikationen war 2016, damals noch als Student, die Kurzgeschichte „Welcome to Utopia“ im Sammelband „Geschichten aus dem Grandhotel“. Jetzt hat er im Rahmen der Ausstellung „Stiften gehen!“ der Stadt Augsburg eine Graphic Novel gezeichnet, die Augsburg im Jahr 1521 nachspürt.
Es ist die Geschichte des Bauernjungen Jakob, der die Chance bekommt, als Lehrjunge beim Buchdrucker Meister Zumbrecht anzufangen. Dafür macht er sich aus seinem Dorf bei Burgau auf in die Stadt. Auf dem Weg trifft er einen alten Juden, der ihm Tipps über die Stadt verrät und ihm von der Juden-Diskriminierung erzählt. Jakobs Verabredung am Gögginger Tor scheitert jedoch, der Meister taucht nicht auf.
Damit beginnt für Jakob der lange, bittere Versuch, in die Stadt zu gelangen, denn ohne die Bürgschaft seines Meisters wird er am Stadttor abgewiesen. Er übernachtet in Scheunen und schlägt sich als Tagelöhner auf Baustellen durch. Zwischenzeitlich muss er Gräber für die vielen Pesttoten aus der Stadt ausheben. Er versucht immer wieder vergeblich, per Brief Kontakt zu seinem Meister aufzunehmen.
Dann aber kommt ihm der Zufall zu Hilfe: Außerhalb der Stadt suchen die Nonnen von St. Ursula nach Heilkräutern, und er erkennt eine von ihnen als alte Freundin aus dem Dorf. Sie verspricht, sich für ihn zu verbürgen, aber auch dieser Versuch scheitert. So schleicht er sich eines Tages ungesehen in die Stadt, wo er erfährt, dass sein Meister an der Pest gestorben ist. Durch die Vermittlung seiner alten Freundin findet er wieder Arbeit auf einer Kirchenbaustelle, diesmal bei St. Margaret. Dort fällt sein zeichnerisches Talent auf. Ob die Geschichte gut für ihn ausgeht, wird nicht verraten!
Rietzl fängt das harte Leben der Menschen und die großen Probleme der Zeit ein: Auf dem Land und in der Stadt herrschen Armut und Elend; die Pest wütet in Augsburg; wegen der Abgabenlast kommen Zweifel an Kirche, Glauben und der althergebrachten Gesellschaftsordnung auf, sogar unter den Nonnen – der Beginn des Protestantismus.
Die exzellent recherchierte Geschichte ist spannend erzählt; man bangt bei der Lektüre mit dem Jungen mit. Besonderer Spaß für alle AugsburgerInnen: die Details zu beachten; so können wir insbesondere das Wellenburger Schloss, den Fünffingerlesturm oder den Fugger-Erker entdecken, die Lokalitäten verorten und so manches Gebäude als Baustelle sehen. Durch die geschickt gezeichneten Perspektiven staunen wir mit Jakob über die Größe der Stadt. Auf dem Vor- und Nachsatzpapier des Bandes ist ein originaler Vogelschauplan der Stadt abgedruckt; darin sind die Schauplätze von Jakobs Odyssee eingezeichnet; so hat der Leser eine zusätzliche Orientierungsmöglichkeit.
Paul Rietzl als Comic-Figur. |
Rietzls skizzenhafter Stil mit schnellem Strich und starken Hell-Dunkel-Kontrasten schafft eine ganz eigene Atmosphäre. Streckenweise kommt die Geschichte ganz ohne Text aus. Die Graphic Novel ist ganz bewusst in schwarz-weiß statt in Farbe gezeichnet; das Impressum erklärt: „Welche Farben die Stadt und ihre Bewohner hatte, weiß man heute nicht.“
Erschienen ist der Band
im Augsburger Comic-Verlag
Bunte Dimensionen:
Comic-Time / Augsburg / Hermanstr. 7
https://www.bunte-dimensionen.de/
ISBN: 978-3-949144-16-5
Preis: 15 €
52 Seiten, HARDCOVER
Comic-Time / Augsburg / Hermanstr. 7
https://www.bunte-dimensionen.de/
ISBN: 978-3-949144-16-5
Preis: 15 €
52 Seiten, HARDCOVER
Besprechung: Sabine Sirach
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