Nix als Blödsinn im Schädel!

Fotos und Illustrationen ergänzen im neuen Buch von Michael Peters
die unterhaltsamen Texte.



Michael Peters erzählt in „Räuber – Büßer – Unglücksraben“ Geschichten und Geschichte aus dem Wittelsbacher Land

Wie unterhaltsam Geschichte sein kann, führt Michael Peters in seinem kürzlich erschienenen Buch „Räuber – Büßer – Unglücksraben. Geschichten und Geschichte aus dem Wittelsbacher Land“ vor. Er schildert große und kleine historische Ereignisse, aus der großen Politik oder der Lebenswelt der kleinen Leute; Alltag und Gebräuche kommen ebenso vor wie grausige Geschichten und Räuberpistolen. Intelligente Analysen politischer Zusammenhänge erhellen das historische Verständnis; so fragt er beispielsweise, wem denn die Ermordung König Philipps von Schwaben genützt haben mochte. Er schafft es auch, dem Leser eine ganze Epoche in einem Absatz nahe zu bringen; seine Einleitung der Geschichte „Ein halbes Jahrhundert Niedergang“ schildert die große Geschichte des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit schlüssig in acht Zeilen.

Immer wieder gibt es interessante Zusatzinfos, die Peters so ganz nebenbei einfließen lässt (die Zahl der Pesttoten erwähnt er in einem Beitrag über Raubritter); manch überraschender Tatsache widmet er eine ganze Geschichte: Wussten Sie, dass das Münchner Kindl eigentlich aus dem Umland von Pöttmes kam?

Oder haben Sie schon von der bayrischen Tabakrevolution von 1729 gehört? Auslöser waren „eine beschlagnahmte Pfeife und eine Watschn“! Die Kontrolleure der Obrigkeit fielen beinahe der Lynchjustiz zum Opfer. Erst 1745 fiel das staatliche Tabakmonopol.

Spannend ist auch die Geschichte des „bayerischen Marco Polo“ Hans Schiltberger, der als Soldat und Kriegsgefangener über 30 Jahre hinweg Osteuropa und das ganze Osmanische Reich kennenlernte und in seinem Reisebericht von den Ländern um das Schwarze Meer, von Ägypten, Babylon und sogar dem Gebiet von Herat bis Delhi und Samarkand erzählte.

Autor Michael Peters: Spannende Geschichten aus dem
Wittelsbacher Land findet man in seinem neuen Buch.


Sodom und Gomorrha in Friedberg!

Das lasterhafte Leben der Jugend wurde schon 1751 in Friedberg angeprangert: Schon die 13, 14 und 15 Jahre alten Buben würden „ihre eigenen Mädchen zum Tanze führen und beim Kammerfenster anheimsuchen“! Sie seien mit „Watschen, Stockschlägen und anderen Züchtigungsmitteln zur Raison zu bringen“, da ihr Verhalten Gott erzürnen und zu Regen, Hagel und Unwetter führen würde.

Viel Sympathie bringt Peters der „anarchischen bayerischen Seele“ entgegen; oft hätte das Volk auf dem Land Räubern wie dem berühmten Mathias Kneißl bewundert ob ihres rebellischen Geistes. Es seien oft junge Menschen mit Charisma und Energie gewesen, die es „denen da oben“ gezeigt hätten!

Manchmal lässt einen sein trockener Humor auch schallend lachen: In der Geschichte über Altomünster und seine verborgenen Schätze schildert er zunächst, dass man früher seine Wertsachen zum Schutz vor Räubern in der Erde vergrub. 1882 gründete man eine Sparkasse und deponierte dort sein Erspartes – aber bereits nach drei Jahren wurde die Bank ausgeraubt! Und das geraubte Geld vergrub der Räuber dann wieder…solche Zusammenhänge muss man erst einmal herausfinden.

Auch die Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts, besonders aus der Nazizeit, kommt nicht zu kurz. Beklemmend ist der Bericht über das Aichacher Frauengefängnis aus der Sicht der Architektin Margarete Schütte-Lihotzky, die wegen ihrer Unterstützung der Widerstandsbewegung von den Nazis drei Jahre in Aichach gefangen gehalten wurde und Demütigungen, Bösartigkeiten und fürchterliche Zustände erdulden musste. Oder die Geschichte des Aichacher Kuriers, Anfang der 1920er Jahre gegründet und von den Nazis wegen seiner katholischen und heimatverbundenen Ausrichtung drangsaliert und schließlich 1935 zum Aufgeben gezwungen wurde (die Rechte erwarben Fritz Mayer Senior und Junior, die bereits die Aichacher Zeitung besaßen: Vorfahren der heutigen Zeitungsverleger Mayer und Söhne).

Am Ende gibt ein historischer Tageskalender des Wittelsbacher Landes Auskunft über Ereignisse zu fast jedem Datum. So können Sie beispielsweise am 1. März des feierlichen Einzugs der Aichacher Schüler in das neue Schulhaus gedenken (1. März 1781), oder am 11. Oktober des kurzen Zwischenstopps, den Mozart mit seiner Mutter auf der Reise nach Mannheim in der Posthalterei in Eurasburg einlegte (11. Oktober 1777). Aber nicht alle diese Daten sind so launig; Peters führt Hinrichtungen von Räubern und anderen Missetätern auf, aber auch Kriegsgeschehnisse (16. Juli 1632: Zweite Zerstörung der Stadt Friedberg durch schwedische Truppen) und politische Ereignisse (18. Juni 1347: Kaiser Ludwig der Bayer verlieh der Stadt Aichach das Stadtrecht). Ein interessanter Überblick zum Stöbern und Entdecken!

Die Angaben von Bildquellen und eine Karte des Wittelsbacher Landes wären eine schöne Ergänzung gewesen; das eine oder andere würde man sich gerne genauer anschauen. Auch ein Lektorat hätte dem Buch gut getan.

Aus der Danksagung geht hervor, dass Peters viele Hinweise aus persönlichen Gesprächen und Vorschläge auf seinen Internetauftritten bekam: „Ihr habt also dieses Buch mitgeschrieben.“

In Gedanken in der Heimat

Der Autor wurde 1952 im damals noch oberbayrischen Städtchen Aichach geboren und besuchte in Aichach, Schrobenhausen und Augsburg die Schule. Die Eltern betrieben in Aichach eine kleine Fleckerlteppichweberei, die auch heute noch existiert. Darüber ist im Buch auch eine Geschichte zu lesen. Er studierte Technische Chemie in Nürnberg und arbeitete von 1979 bis 2014 als Chemieingenieur bei Volkswagen in Wolfsburg.

Seit ein paar Jahren lebt der Autor mit seiner Frau im idyllischen Kurort Bad Harzburg am Rande des Harzes. Der direkte Blick vom Schreibtisch auf den Burgberg, mit der Burgruine Heinrich IV, schafft die nötige Einstimmung, um sich in die Vergangenheit zurück zu versetzen. Die Verbundenheit mit den Orten, an denen er die Jugendjahre verbrachte, verlor er nie. Deshalb und weil ihn die Geschichte Aichachs, des Wittelsbacher Landes und Augsburgs schon als Schüler brennend interessierte, war es selbstverständlich, dass er beim Schreiben in Gedanken wieder dorthin zurückkehrt. Er hat bereits zwei historische Kriminalromane veröffentlicht, die im Wittelsbacher Land angesiedelt sind. Mehr aus dem Wittelsbacher Land erfährt man auch in seinem Blog http://micapeters.blogspot.com/

Insgesamt macht das Buch viel Spaß beim Lesen der kurzen Episoden und gibt einen wunderbaren Einblick, wie es in der Vergangenheit in Aichach und Umgebung zuging.


Rezension: Sabine Sirach


P.S. „Nix als Blödsinn im Schädel“ hatte ein Bub 1667, der während der Predigt seinen Spezl auf der Kirchenbank der Aichacher Stadtpfarrkirche festnagelte. Zur Strafe wurde sein Vater einen Tag und eine Nacht im Bürgerturm eingesperrt, und der Bub landete drei Stunden im Narrenhäusl „wegen boshaftem oder mutwilligem Verhalten“ (siehe Seite 33).



Michael Peters: Räuber Büßer Unglücksraben. Geschichten und Geschichte aus dem Wittelsbacher Land / ISBN: 978-3-7543-9712-1 / Verlag: BoD – Books on Demand / Preis 18,99 EUR

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