Hausarzt Manfred Lohnstein veröffentlicht Buch: "Das ist das Gerhin des Monsters, da musst du kämpfen!"


Hausarzt Manfred Lohnstein mit seinem neuen Buch.


Im Buch des Hausarztes Manfred Lohnstein stellen verschiedene Menschen Fragen an ihn. Wir bringen sie und einige Sätze aus seinen Antworten. Die gänzlichen Antworten, die weitaus länger und ausführlicher sind, können in Lohnsteins Buch nachgelesen werden.

Wolfgang Ludwig (Allgemeinarzt): Wenn Dich die Politik beauftragen würde: Wie würdest Du eine zukunftsweisende Allgemeinmedizin in unserer heutigen Gesellschaft platzieren? Was würdest Du ändern?

Manfred Lohnstein: Für eine Stärkung der Allgemeinmedizin brauchen wir geänderte Strukturen an den Universitäten und eine stärkere Stellung der primären Medizin. das System der gesetzlichen Krankenversicherung sollte sich in Richtung Bürgerversicherung entwickeln ...

Edmund Fröhlich (Geschäftsführer DEGAM - Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin): Was erwartest und erhoffst Du Dir vom Lehrstuhl Allgemeinmedizin an der Universität Augsburg? 

Manfred Lohnstein:  Lieber Edmund, die medizinische Fakultät in Augsburg ist eine neue Gründung. Sie soll innovativ gestaltet werden ...

Martina Kadmon (Gründungsdekanin der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg, Fachärztin für Chirurgie): Welche Aufgaben sollten aus Deiner Sicht der Lehrstuhlinhaber Allgemeinmedizin in der Patientenversorgung, in der Lehre und in der Forschung der Medizinischen Fakultät Augsburg einnehmen? Welche Voraussetzungen und Kompetenzen muss er mitbringen, um diesen Aufgaben gerecht zu werden?

Manfred Lohnstein: Ein für die Niedergelassenen glaubhafter und authentisch Lehrstuhlinhaber sollte selbst an der Patientenversorgung teilnehmen. Dies kann in einer eigenen Praxis als leitender Arzt, in einer Campus-Praxis der Universität oder in der Organisationsform "Allgemeinmedizinische Poliklinik" erfolgen ...

Michael M. Kochen (Allgemeinarzt): Wie fühltest Du Dich an Deinem letzten Arbeitstag im Rückblick auf 43 Jahre ärztliche Tätigkeit und langjähriger Mitgestalter der Friedensstadt Augsburg?

Manfred Lohnstein: "Das Gefühl war zwiespältig. einerseits war die Übergabe meines Praxisanteils Pasta meinen Nachfolger, Kollege Rolf Klaus, vertraglich gut und in beiderseitiger Zustimmung geregelt, andererseits bedeutete der letzte Arbeitstag auch den Abschluss eines langen Lebensabschnittes und den Beginn eines Neuen, des Letzten ...

Carla Rosendahl (Kinderärztin): Was hat Dich damals zu der Fachentscheidung Allgemeinmedizin gebracht?

Manfred Lohnstein: Es war mehr oder weniger eine Notlösung. Es war nicht wirklich eine Entscheidung, sondern dem Lauf der Ereignisse geschuldet. Ich musste mich einrichten. Selbstständiger Unternehmer eines Kleintriebes zu werden, war nie ein Ziel für mich. Entsprechend hoch war Anfangs die Zahl von unternehmerischen Fehlentscheidungen. Anfängliche Versuche zur Bildung einer Gemeinschaftspraxis scheiterten ...

Kai Florian Mehrländer (Allgemeinarzt): Gibt es einen für Dein hausärztliches Leben und Wirken prägenden Moment beziehungsweise ein prägendes Erlebnis?

Manfred Lohnstein: Nein, einen prägenden Moment oder ein prägendes Ereignis gibt es nicht. Wennschon, dennschon, lautete meine Devise ...

Raphael Kunisch (Arzt in Weiterbildung zur Allgemeinmedizin): Mit der Weisheit des Retroskops -  welche drei Tipps hättest Du mittels Zeitmaschine Deinem jüngeren Ich für den ersten Tag in der Niederlassung übermittelt?

Manfred Lohnstein: Tipp 1: sich von Anfang an mit an den Kollegen und nicht wegen Kooperationspartner vernetzen. Tipp 2: Schon vorher sollte die Entscheidung gefallen sein, sich in einer Team-Praxis niederzulassen. Tipp 3: die eigenen Stärken und Schwächen beobachten ...

Asissa Kick (Allgemeinärztin): " ... es ist ein weiters Feld", dieses Zitat habe ich mir aus dem Deutsch-Leistungskurs gemerkt, wohl wissend, dass ich es irgendwann einmal anbringen könnte. Treffender kann man, wie finde, unser Fachgebiet nicht beschreiben. Wie hast Du es geschafft, dieses Feld zu überblicken, mit all dem Anspruch, den die Patienten und Kollegen aus enger gesteckten Bereichen und nicht zuletzt wir selbst an uns stellen? Antworte bitte mit drei Worten.

Manfred Lohnstein: Neugierig bleiben, sich nicht verbiegen, Geduld ...

Hannes Blankenfeld (Allgemeinarzt): Welche drei Patienten (oder auch nur einer) sind Dir für immer in Gedächtnis geblieben und warum?

Manfred Lohnstein: Zuerst fällt mir der Malocher aus dem Ruhrgebiet ein, der mich eines Tages mit dem Satz begrüßte: Ich wusste gar nicht, dass über Sie schon ein Buch geschrieben wurde. Ich reagierte erstaunt um die Fragen Blickpunkt deutsche Dir dann auf das Buch von Klaus Turner, Der gute Arzt, das damals neu in meinem Bücherregal stand. Schmunzelnd habe ich das Buch von Klaus Dörner kurz aufgeschlagen und ihm die Widmung des Autors gezeigt. Diese in einer witzigen Bemerkung verkleidete Anerkennung meiner Person als Arzt, wer würde das vergessen wollen ...

Anne Simmenroth (Allgemeinärztin): Bei welchem Patienten warst Du von der Diagnose zuletzt total überrascht, weil Du etwas ganz anders erwartet hast?

Manfred Lohnstein:  Auch wenn man in der Sprache der Eisenbahner vom falschen Bahnsteig losfährt, kann man das Ziel erreichen. Es dauert dann halt etwas länger ...

Oliver Rupprecht (Physiotherapeut): Woher nimmst Du die Energie in diesem Alter und wie behältst Du Dir Deine Neugierde?

Manfred Lohnstein: Die von Dir beschrieben Energie hat viel mit meiner Arbeitssituation zu tun. Mein Plan, die Berufstätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis zu beenden, konnte ich nach langem Suchen 2012 mit der Gründung der Gemeinschaftspraxis Hausärzte am Rathausplatz umsetzen ...

Armin Mainz (Allgemeinarzt): Da wäre die Neugier, ob jemand bei Dir hospitiert hat und ob Du meinst, sie oder er habe etwas mitgenommen, was nachhaltig war?

Manfred Lohnstein: Bei mir haben Hannes Blankenfeld und die Kollegin Frederike Hoffmann aus Mittelfranken hospitiert. Frank Mader visitierte uns als Lehrpraxis der TU München. Von Frank bekam ich die Rückmeldung, dass er insbesondere über Integration der Methadonsubstitution in den Praxisablauf beeindruckt war ...


Josef Pömsl (Hausarzt): Was war für Dich persönlich das Wichtigste, was Du in Deiner beruflichen Laufbahn erreicht hast?

Manfred Lohnstein: Die Initiative unserer Praxis für einen Augsburger Tag der Allgemeinmedizin unterstütze der Bayerische Hausärzte Verband inhaltlich und organisatorisch umfangreich. Im März 2018 fand der 1. Tag der Augsburger Allgemeinmedizin mit hoher Teilnehmerzahl in den Räumen der Klinik Vincentinum und dem benachbarten Gemeindesaal der Methodistischen Gemeinde statt ...

Peter Brandl (Hausärztlicher Internist): Wie schaffst Du es neben Deiner Praxistätigkeit in der Lehre und Fortbildung aktiv zu sein und darüber hinaus wissenschaftlich zu publizieren?

Manfred Lohnstein:  Die Vollzeittätigkeit in der Praxis habe ich immer so gesteuert, dass Zeit für diesen Bereich eingeplant war ...

Elisabeth Friedrichs (Allgemeinärztin): Was verbindet Dich mit meinem Vater Dr. med. Heinrich Huebschmann, Jahrgang 1913, Arzt für Innere und Erinnerungsmedizin?

Manfred Lohnstein: Es waren nur einzelne und kurze Begegnungen mit Deinem Vater. ich erlebte einen bescheidenen Zuhörer. Austausch mit Deinem Vater hat mich darin bestärkt, nach Möglichkeit von Anfang an die Lebensgeschichte der Patienten auszuleuchten ...

Michael Friedrichs (Anglist, Germanist, Lektor): Du warst im Vorstand des Bert-Brecht-Kreises. Warum bist Du aus dem Vorstand zurückgetreten?

Manfred Lohnstein: Auch nach Ende meiner Mitgliedschaft war ich ein Brecht-Aktivist ...

Johann Eras (Allgemeinärztin): Du hast die Kurse zur Prüfungsvorbereitung aufgebaut und als festen Bestandteil etabliert und schließlich den Prüfungsguide Allgemeinmedizin geschrieben. Wie bist du auf diese Idee gekommen?

Manfred Lohnstein:  Ausgangspunkt war, dass ich nach langer Zeit 2010 wieder einen in Weiterbildung beschäftigte ...

Christina Hammerbacher (Allgemeinärztin): Was war Dein coolster Urlaub?

Manfred Lohnstein:  Der coolste Urlaub war 1972 eine Rundreise durch Irland, zu fünft. Alles Medizinstudenten. Erst Überfahrt mit Fähre bei Windstärke 10. Alle seekrank. Wir übernachten in einem Zelt im Garten eines evangelischen Pfarrers. Wir lernten in einer Kneipe eine Sängerin kennen und durften mit dem Fischer zum Lachsfang aufs Meer hinausfahren. Wir erlebten auch nach dem Bloody Sunday in Derry eine verwüstete Stadt ...

Karl Heinz Moser (Allgemeinarzt): Welche Kongresse waren für Dich Highlights?

Manfred Lohnstein: Das Highlight schlechthin war der 50. Kongress der DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin) 2016 in Frankfurt am Main. Die Eröffnungsveranstaltung in der Paulskirche wird mir immer im Gedächtnis bleiben ...

Manfred Lohnstein (2. v. r.) beteiligte sich an dieser SPD-Aktion.



Jörg Heintz (Apotheker): Was ist Ihre Lebens-Essenz?

Manfred Lohnstein: Suburban shaman.

Osman Özaydin (Internist): Wie stehst Du zum Morbus Bosporus?

Manfred Lohnstein: Lieber Osman, dieses Wort habe ich nie in den Mund genommen und noch nie in anderer Form verwendet. Ein Satz wie jetzt kommt wieder der Mitternachtsürke in einer orthopädischen Notaufnahme ist leider auch im Sprachgebrauch. Es ist eine grobe Form der Respektlosigkeit dem anderen gegenüber ...

Meike Tissen (Allgemeinärztin): Ich wüsste gerne, wie Dein Leben als Teilzeit Rentner jetzt aussehen wird?

Manfred Lohnstein: Mit einem weinenden und einem lachenden Auge startete ich in diesen neuen Lebensabschnitt. Ich hatte Angst, dass das Weinen das Lachen überwiegen wird. Es kam anders ...

Ralf Jendyk (Allgemeinarzt): Was ist im Rückblick, das, was Du im Ruhestand am meisten vermissen wirst?

Manfred Lohnstein: Ich kann nicht mehr die mir als Hausarzt anvertrauten Patienten weiter begleiten ...

Waltraud Ahr (Augenärztin): Welche Hobbys werden sie in der Rente pflegen?

Manfred Lohnstein: Schon in den vorhergehenden Jahren hatte ich mehr Zeit für die Gestaltung und Pflege unseres kleinen Gartens verwendet ...

Preisträger der Felix Burda-Stiftung.


Björn Pommer (hausärztlicher Internist): Ich wollte sie schon immer mal fragen, was sie eigentlich ganz genau gerade nach Augsburg verschlagen hat?

Manfred Lohnstein: Nach Augsburg zu gehen, war der Vorschlag meiner politischen Freunde. Das erste Mal war ich in Augsburg im Winter 1965 bei Umsteigen im Zug nach Schongau auf dem Weg zur Luftlande- Lufttransport Schule der Bundeswehr in Schongau Altenstadt ...

Mariana Malmer (Allgemeinärztin): Was hat Sie 2015 bewegt, wieder neu anzufangen?

 
Manfred Lohnstein: Die Planung der neuen Praxis zusammen mit Ihnen und der Innenarchitektin Claudia Müller von der 3plus-Architekten war für mich eine passende Herausforderung. Es war allerdings auch kräftezehrend ...

Sebastian Zorn (Einrichtungs- und Pflegedienstleister): Wie haben Sie es als Arzt geschafft, dessen Berufszweig eher der FDP zu geschrieben wird, sich eine sozialdemokratische Grundansicht in auch grün gefühlter Farbgebung zu erhalten?

Manfred Lohnstein: Der Kern sozialdemokratischer Ansichten, das Eintreten für soziale Gerechtigkeit, habe ich praktisch mit der Muttermilch eingezogen. Ich bin in einer sozial demokratisch geprägten Familie in Südhessen aufgewachsen. Mein Opa mütterlicherseits und mein Vater waren Mitglieder in der SPD ...

Dieter Ferdinand (Stadtrat der Grünen): Was war Deine Motivation für Dein breit gefächertes politisches Engagement? Welcher Weg führte Dich zum Schreiben ins Augsburger Stadtmagazin Podium?

Manfred Lohnstein: Du warst damals Herausgeber des Podiums, eine Stadtzeitung, die die damalige alternative Bewegung in Augsburg widerspiegelte. Ich habe zur Migration den Artikel Von Celik nach Augsburg und einzelne Artikel zu Bedeutung der Rüstungsindustrie in Augsburg geschrieben.

Ilja Karl (Allgemeinarzt): Wie kamst Du zu Klaus Dörner? Welcher Weg führte Dich in die K-Gruppe?

Manfred Lohnstein: Durch mein Medizinstudium in Hamburg ...

Thomas Kühlein (Allgemeinarzt): Wie hast Du die Kommerzialisierung der Medizin unter dem Neoliberalismus erlebt?

Manfred Lohnstein: Vor 16 Jahren gab es in Deutschland eine Revolution, deren Name keiner kennt. An unseren Krankenhäusern wurde ein völlig neues Abrechnungssystem eingeführt, die Fallpauschalen. jeder bekommt sie zu spüren, der heute eine Klinik betritt. Wir tragen dort unsichtbare Preisschilder auf der Stirn. In der kommerzialisierten Medizin wird die Patientenversorgung finanziellen Interessen untergeordnet. Die Augsburger Erklärung, an der ich wesentlich beteiligt war, hat diese Thematik festgehalten ...

Axel Becker (Medienberater): Wie bist Dumit Deinem Migrationshintergrund, geborener Hesse, zehn Jahre Hamburg, dann Augsburg, zum BVB-Borussia Dortmund-Fan geworden?

Manfred Lohnstein: Über meine Tochter Kristin bin ich BVB-Fan geworden. Jürgen Klopp war von 2008 bis 2015 Trainer beim BVB. Sein emotionsgeladener, schneller und kampfbetonter Fußball begeisterte uns ...

Thomas Schnitzler (Marathon-Läufer): Was war Deine größte sportliche Herausforderung?

Manfred Lohnstein: Der Kitzbühler-Horn-Lauf am 23. August 1998 war eine echte Herausforderung. der Start erfolgte auf 764 Meter am Kitzbühler Marktplatz und endete nach 12,9 Kilometern auf 2000 Meter Höhe am Kitzbüheler Horn ... 

Lothar Roser (Polizist im Ruhestand): Ihr habt in der Praxis Hausärzte am Rathausplatz und auch in der Praxis am Vincentinum die Malteser Migranten Medizin unterstützt. Welche Erfahrungen hast Du da gesammelt?

Manfred Lohnstein: Die erste Anlaufstelle für Menschen ohne aktuelle Krankenversicherungsschutz war unser Kollege Peter Lindner, ein Allgemeinarzt, der aber überwiegend als Psychotherapeut arbeitete. Unsere Praxen am Rathausplatz waren benachbart, was die Zusammenarbeit erleichterte. Insgesamt hielt sich die Zahl der Patienten in Grenzen, da unser Sozialsystem doch gut ausgebaut ist ...

Max Keckeisen (Apotheker): Sie haben jahrzehntelang Patienten in Methadon-Programm behandelt und betreut. Werden sie zu diesen Patienten weiterhin Kontakt haben?

Manfred Lohnstein: Zu diesen Patienten besteht neben einer langjährigen Betreuung ein besonderes Vertragsverhältnis, da nur Ärzte mit der Zusatzqualifikation Suchtmedizinische Grundversorgung diese behandeln dürfen ...

Arno Loeb (Autor, Journalist): Wie hältst Du es mit den Göttern?

Manfred Lohnstein: Grüß Gott, lieber Arno! Wie viele Kriege sind im Namen der Kirche geführt worden? Die europäische Geschichte ist seit den Kreuzzügen voll davon. Die staatstragenden Kirchen suchten oft genug die Nähe zu den weltlichen Herrschern. Wie oft sind in kirchlichen Einrichtungen Kinder und Jugendliche missbraucht worden? Hier strahlt keine Nächstenliebe aus. Die Kirchen sind auf einer Stufe zu nennen mit den Missbrauchsorten Sportvereine, Campingplätze, Filmstudios und heimische Wohnzimmer ...

Michael Moratti (Verlagsleiter): Welches Buch wollen Sie als nächstes schreiben?

Manfred Lohnstein: Das Buchschreiben meinerseits begann 1988 in der Yorckstraße 42 im Augsburger Stadtteil Lechhausen, wo wir als Autorenteam das Buch Gift übers Land - 770 Argumente gegen Müllverbrennung schrieben ...

Kurt Idrizovic (Buchhändler): Hast Du vor, als Rentner ein Buch zu schreiben?

Manfred Lohnstein: Sehr gerne würde ich die Biografie von Klaus Dörner schreiben ...

Tanja Goldbrunner (Allgemeinärztin): In welchem anderen Land hättest Du gerne als Hausarzt praktiziert und aus welchen Gründen?

Manfred Lohnstein: Eine Tätigkeit außerhalb Deutschlands kam für mich nie infrage. Hier bin ich geboren und aufgewachsen. Hier bin ich Verantwortung übernehmen.

Frederik Mader (Allgemeinarzt): Wenn Du die Zeit zurückdrehen könntest, würdest Du wieder Deinen beruflichen Weg einschlagen - oder Dich nicht doch lieber in Jokkmokk niederlassen?

Manfred Lohnstein: Ich würde meinen Weg wieder einschlagen. Hinzu kommt, dass ich wirklich nur Allgemeinarzt kann. Weder als Chirurg, Künstler, Immobilienmakler noch als Handwerker hätte ich je eine Chance ...

Jörg Schelling (Allgemeinarzt): Wann und wie oft führst Du politische Diskussionen mit Deinen Patienten?

Manfred Lohnstein: Wenn meine Patienten ein politisches Gespräch starten, bin ich bereit darauf einzugehen ...

Sefanie Koop (Hausärztliche Internistin): Wie hast Du es geschafft, Dir über all die Jahre und sicher auch mit vielen Enttäuschungen das übermäßige Engagement in Deinem Beruf und die Empathie für deine Patienten zu bewahren?

Manfred Lohnstein: Auch wenn es anfangs eine Art Blindflug war, war mir doch bereits bei der Wahl des Faches Medizin klar, dass eine Verantwortung sowohl gegenüber der Gesellschaft als auch gegenüber dem Einzelnen besteht ...

Alexandra Sarbu (Allgemeinärztin): Wie waren die Bedingungen bei Deiner Niederlassung in eigener Praxis?

Manfred Lohnstein: Der Immobilienmarkt war leer gefegt, die Zinsen hoch, meine betriebswirtschaftlichen Kenntnisse dürftig und meine damalige (Groß-) Bank kein passender Partner.

Ulrike Rüter (Psychologische Psychotherapeutin): Wie haben sich die letzten Wochen der Praxistätigkeit angefühlt?

Manfred Lohnstein: Die letzten drei Wochen imMärz 2020 waren geprägt von Umorganisation im Praxisablauf, bedingt durch die erste Welle der Corona-Pandemie. Insofern war es fast ein Neuanfang ...

Gernot Rüder (Allgemeinarzt): Wie erlebst Du als erfahrener Hausarzt die Tätigkeit der Hausärzte in der Pandemie und welche Konzepte und Schlussfolgerungen in sind daraus für die Zukunft zu entwickeln?

Manfred Lohnstein: In der Corona-Pandemie erleben wir ein bisher nicht gekanntes Maß an Einmischung politischer Gremien in die täglichen Abläufe und Aufgabenstellungen. Ich hatte von Anfang an aber das Gefühl, dass in den Regelungen die Bedeutung von Zuwendung und sozialen Kontakten nicht ausreichend in die Entscheidungen einfloss ... wir erlebten erschütternde Schilderungen, wenn die nächsten Angehörigen ihre Eltern beim Sterben nicht begleiten durften ...

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Nach vierzig Jahren beendete Manfred Lohnstein am 31. März 2020 seine Tätigkeit als vollversorgender Hausarzt in Augsburg. Ein geplantes Abschiedsfest fiel den Corona-Einschränkungen zum Opfer und so begab sich der Autor mit seinen Gästen in einen schriftlichen Austausch: Knapp 50 bunt gemischte Fragen beantwortet er im vorliegenden Buch und gibt dabei Einblick in das Berufsfeld der Allgemeinmedizin, die Stadtgesellschaft einer bayerischen Großstadt und seinen persönlichen Werdegang.

Bernd Hontschik schreibt in seinem Geleitwort zu Lohnsteins Buch: "Vor Manfred Lohnsteins Beitrag zur inhaltlichen und personellen Zukunft der Allgemeinmedizin muss ich - als Chirurg aus der Ferne - meinen Hut ziehen. Die Ärztegeneration um Manfred Lohnstein hat eine gewaltige Veränderung der Medizin in unserer Gesellschaft mitgemacht, mitmachen müssen. Nicht mehr der Patient ist Gegenstand der Heilkunde, sondern die Krankheit ist Gegenstand eines Programms. Nicht mehr der Nutzen unseres gesellschaftlichen Reichtums für alle in einem solidarisch finanzierten Gesundheitswesen, sondern die Mehrung des Reichtums weniger durch die Verwandlung eines Sozialsystems in eine profitorientiertes Wirtschaftszweig lautet die destruktive Devise. Manfred Lohnstein zitiert in seinen Antworten auch eine Begegnung des Revolutionärs Che Guevara mit dem Schweizer Kapitalismus-Kritiker Jean Ziegeler, wobei Che auf die Banken in Genf zeigt: "Das ist das Gehirn des Monsters, da musst du kämpfen!" 

Auch Patienten kommen in diesem Buch zu Wort. Mit ihren Erwartungen an einen Hausarzt: "Ich gehe davon aus, dass sich mein Hausarzt immer wieder auf dem Laufenden hält", meint eine Mutter von zwei schulpflichtigen Söhnen. "Ich erwarte von meinem Hausarzt eine gewisse Empathie und Einfühlungsvermögen", sagt ein Bauingenieur. Eine Erzieherin wünscht sich vom Hausarzt: "Idealerweise sollte er sich Zeit nehmen für mich." Eine Rentnerin meint: "Mein erster Hausarzt war sozusagen auch mein Geburtshelfer", erinnert sich eine Sekretärin. "Ich möchte als Mensch ernst genommen werden."

Hausarzt Manfred Lohnstein beschäftigt sich in seinem Buch viel mit den Auswüchsen unseres heutigen Gesundheitswesens. Und wer hinter die Kulissen dieses Milliarden-Geschäfts blicken will, der ist mit diesem Buch bestens bedient. Manfred Lohnstein legt seinen Finger nicht nur in die manchmal schrecklichen Wunden des heutigen Gesundheitswesens, sondern zeigt auch Auswege aus dieser misslichen Situation auf. Aber er gewährt auch viele Einblicke in die Arbeit und in das Leben eines engagierten Hausarztes. Wer dieses Buch liest, kann über unser Gesundheitswesen weitaus besser mitreden und vielleicht auch mithelfen - im Sinne von Manfred Lohnstein - es wieder mehr fürsorglich statt kommerziell zu gestalten. 
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Lebenslauf Manfred Lohnstein
Februar 1946: geboren in Erzhausen/Hessen
1965: Abitur in Langen/Hessen am Dreieich-Gymnasium, naturwissenschaftlicher Zweig
1965-1967: Soldat, Luftlandebrigade 26, Fallschirmspringerausbildung
August 1973: Staatsexamen in Hamburg
März 1975: Approbation als Arzt, Hamburg
1980: Umzug nach Frankfurt am Main
1983: Promotion in der Allgemeinmedizin an der LMU München
1984: Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin
1984: Erster Preis im wissenschaftlichen Wettbewerb der ZfA
2004: Felix-Burda-Award für Machbarkeitsstudie zur Darmkrebsvorsorge
2012-2016 Gemeinschaftspraxis Hausärzte am Rathausplatz in Augsburg zusammen mit Dr. Mariana Malmer und Dagobert Ross
2013: Buchveröffentlichung Der Prüfungsguide Allgemeinmedizin zusammen mit Johanna Eras und Christina Hammerbacher
2013: Eröffnung der Filialpraxis Hausärzte am Schlössle in Augsburg-Lechhausen 
2017-2020 Gemeinschaftspraxis Hausärzte am Vincentinum in Augsburg zusammen mit Dr. Marina Malmer und Dr. Björn Pommer
Mai 2020 - laufend: teilzeitbeschäftigt mit 15 Stunden pro Woche (Hausärzte Vincentinum)

Drei Kinder: Johannes, Larissa, Kristin

Hier mehr Information zu den Hausärzten am Vincentinum.


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Manfred Lohnstein: 40 Jahre Hausarzt in Augsburg - Einblick und Ausblick
Wißner-Verlag / 160 Seiten / 19,80 € / ISBN: 978-3-95786-297-6


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