CSU-Frühschoppen: Wo waren die Draufgänger?

Ruth Hintersberger: Leider nicht im oberbayerischen Wurzel-Dirndl.

Hintersberger, Holetschek und Ullrich:
das CSU-Trio feuerte scharfe Oppositions-Sätze ab. Da staunten die Jung-Politiker.

Was war da wirklich los im Bierzelt auf der Lechhauser Kirchweih, als die konservative Partei Christlich Soziale Union (CSU), Ortsverband Lechhausen, ihren politischen Frühschoppen veranstaltete? Als Star-Redner dieses sonntäglichen Vormittags war der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek gekommen. 

An der Hinterkopf-Frisur leicht zu erraten: Der E-Bike-Kapitän.

Bei meiner Fahrrad-Fahrt über die sogenannte Ulrichsbrücke von der Jakobervorstadt über den Lech nach Lechhausen wurde ich von einem flotten Burschen mit weiblichem Anhang auf schnellen Fahrrädern überholt. 

Nein, es war nicht Bienenzüchter Peter Rauscher von den Augsburger Grünen, der sich von den Bienen so rasant dahinziehen ließ. Wie ich an seiner markanten Hinterkopf-Frisur erkennen konnte, war es der Gastronom und CSU-Stadtrat Leo Dietz, Fraktionsvorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion Augsburg, Kreisvorsitzender Augsburg-West und jetzt auch noch Direktkandidat Augsburg West für die Landtagswahl 2023. Für einen Wirt in Augsburg eine schier unglaubliche Karriere. Aber wo war sein Porsche? Oder Ferrari? Seine junge Begleiterin hätte sich in einem sportlichem Coupe sicherlich besser gemacht, als schweißtreibend hinter ihm in die Pedale zu treten.

Als ich den Dietz später zu all diesen interessanten Problemen mit der Kamera interviewen wollte, machte er nicht mit, obwohl doch Politiker immer und überall in jedes Mikro reinquatschen. Vielleicht wollte er es sich mit einer unüberlegten Äußerung zur Qualität des Bieres nicht mit seinem gastronomischen Kollegen und Festzeltwirt Stefan "Bob" Meitinger verderben? Schließlich wird Bob, wie er von allen genannt wird, von den Augsburger CSU-Größen für seine mehr oder weniger verrückten Aktionen in allen Tönen gelobt, sodass ich anfange zu glauben, der wird ihr nächster OB-Kandidat. Aber - Bob ist doch bei der Fun-Partei DIE PARTEI?

Wer fest trank und speiste, der war beim politischen Frühschoppen in diesem Zelt
bestens aufgehoben.

Nachdem ich mein Fahrrad abgestellt und mir im Bierzelt einen Platz zum Hinhocken ausgesucht hatte, es waren noch viele Tische mit den dazugehörigen Bänken frei, versuchte ich die Polit-Promis auszuspähen. Ich war ja früh dran. Vorne, rechts vor der Bühne, hatte sich ein CSU-Haufen gebildet. Im Kampf gegen die barbarischen und heidnischen Ampel-Hunnen vereint.

"Wird sicher noch voller", dachte ich mir. "Lechhausen und eine Veranstaltung der CSU, das wird doch sicher ein Volksauflauf". Und als die Stadträtin Ruth Hintersberger, die auch ihren Papa Johannes und Opa Fritz in der Rede auf der Bühne erwähnte, schließlich ist der Hintersberger-Clan die Lechhauser Kern-Truppe der hiesigen CSU, mehrmals von den oberbayerischen Wurzeln der Lechhauser CSU sprach, wurde mir noch vieler klarer, dass mich bald eine Besucherlawine überrollen würde. 

Sie wartete vergebens auf die Draufgänger bei der Lechhauser CSU.

Gestehen muss ich, dass ich das Klischee von den wenigen Frauen in der CSU schnell vergessen konnte. Die waren in Massen ringsum voll im Einsatz. In ihren schicken Dirndl brachten sie den Bierzelt-Gästen ruckzuck die bestellte Maß Bier. Super-Engagement, dachte ich mir. Nur so lockt man unzählige Besucher ins politisierte Zelt.

Frauen, Frauen, Frauen - immer im Einsatz für die CSU.

Einen hochrangigen CSUler aus Lechhausen fragte ich, was mit Leo Dietz los sei. Ist er bald bei den Grünen, wo er doch mit dem E-Bike unterwegs ist wie seine grünen Stadtratskollegen.
"Der passt sich eben auch an!", wurde das kommentiert. 

Kuschel-Kurs der Lechauser CSU mit den Grünen Datschi-Politiker*innen.

Ich hätte mich nicht gewundert, wenn Dietz einen Fahrradweg durch das Bierzelt gefordert hätte. Und wenn ich es mir richtig überlegte, war auch sein Dutt doch eher eine Frisur der Multikulti-Subkultur als der korrekte rechte Scheitel bei den Lechhauser CSU-Helden. Auch ein markanter Schnurrbart ziert immer noch einige Lechhauser CSU-Giganten. 

Theater-Schreiber Werner Ohnemus (hinten rechts, stehend) will für den nächsten CSU-Frühschoppen im Lechhauser Kirchweihzelt ein paar deftige Dialoge gegen das Einschlafen schreiben, soll er dem Organisator Horst Hinterbrandner (daneben) versprochen haben. 

Die Lechhauser Trachtenkapelle schmetterte ihre Blasmusik durchs Zelt, dass mir angst und bange würde, es könnte davonwehen. Dann kamen die Reden. Ruth Hintersberger durfte anfangen. Allerdings stand sie nicht im oberbayerischen Dirndl auf der Bühne, auch wenn sie die nötige Figur hat, um darin einiges bieten zu können, sondern im lässig-praktischen Freizeit-Look. Immerhin mit ziemlich schwarzer Jacke. Womöglich hat es ihre Kleiderordnung beeinflusst, dass die Lechhauser SPD ihren 150. Geburtstag feiert und damit Lechhausen zur roten Proleten-City erklärt hat.

Fast mehr Musiker als Frühschoppen-Besucher.

Obwohl ich aufmerksam, ja hochkonzentriert beim bayerischen Gesundheitsminister Holetschek lauschte, was er über die Lautsprecher als wichtige Message rüberbrachte, wusste ich drei Sekunden nach seiner Rede nicht mehr, ob und wie und wann diese Corona-Maske zu gebrauchen war. Oder doch besser als Windel? Holetschek verbiss sich natürlich in die Minister Lauterbach und Habeck, der sich mit seiner verwirrten Bäcker-Insolvenz-Aussage tüchtig verrannt hatte.
"Insolvent ist die Ampel-Regierung!", das war Holetscheks Super-Gag.
"Hm, schade", dachte ich mir, "dass der Holetschek uns jetzt nicht das Geheimnis verrät, wie ausgerechnet CSU-Größen wie Nüsslein, Sauter und die Tandlertochter einige Millionen mit Corona-Masken verdienten und wie ich das auch schaffen könnte." Schließlich sind CSU-Politiker doch Vorbilder für unsere Jugend und Gesellschaft, wo Leistung einen besonderen Wert darstellt. Immerhin ist es auch eine Mega-Leistung, mindestens eine Stunde beim CSU-Frühschoppen auszuhalten. 

Bob regiert das Festzelt auf der Kirchweih. Er wurde so oft gelobt, dass 
man ihn schon als nächsten OB-Kandidaten betrachtet.

Mich hätte eher interessiert, warum Bayern zu den Bundesländern gehört, die am wenigsten Krankenbetten besitzt. Oder warum in Bayern die Corona-Zahlen so hoch sind. Hängt das mit dem Oktoberfest zusammen? Mit dem politischen Frühschoppen im Lechhauser Bierzelt sicher nicht. Da war mehr als genügend Abstand zwischen den Herumsitzenden. 

Königstreuer mit Thorbräu-Bier, aus Augsburg.

Beinahe hätte ich noch den Landtagsabgeordneten Andreas Jäckel vergessen. Keiner konnte so elegant mit dem weiß-blauen Fähnchen winken, wie er. Beim Umzug, einen Tag vorher. Hat er was aus dem bayerischen Landtag berichtet? Ja, genau, er widmete seiner verstorbenen Kollegin Barbara Stamm als "bayerische Löwin" einige Worte. Keine Sorge, lieber Andreas Jäckel, neben dir stand doch schon die Lechhauser Löwin, die stämmige Ruth bereit.

Spionin aus Oberhausen.

Nicht nur ich, fragte mich: Wo ist die Augsburger Ober-Löwin, Eva Weber? Sie wurde von keinem Redner besonders erwähnt. "Sie ist doch hoffentlich nicht mit ihrem Lastenrad auf dem Weg zum politischen Frühschoppen der Lechhauser CSU gestürzt, als sie den flotten Dietz überholen wollte"?, dachte ich mir. Hat das was für ihre politischen Zukunft zu bedeuten?

Bei CSU-Veranstaltungen wimmelt es von Frauen.

Bürgermeister Bernd Kränzle, Augsburgs ehemaliger CSU-Oberstroppenzieher, kam zu mir an den Tisch. Ich hoffte schon, der bringt mir endlich einen Gutschein für ein Brathendl und eine Maß Bier als Schmerzensgeld für tapferes Dableiben. Leider nein. Wobei ich mir denke, dass etwas Freibiergutscheine etwas mehr Gäste zum Frühschoppen gelockt hätten. Wie soll den sonst hier Stimmung aufkommen, wenn es kein Freibier gibt? 

Die BayernPartei ist dabei. Sogar mit roter Jacke.

Kein Mitglied einer anderen Partei war zu sehen, halt, doch, da war der norddeutsche Anton Steinböck von der BayernPartei, der neulich bei einem Gamsbart-Wettbewerb den 5. Platz unter den Besten geschafft hat. Und es waren zwei Mitglieder der Augsburger Königstreuen vor Ort. In voller Tracht-Montur. Sicherlich beobachtete ihr Ehrenvorsitzender Charly Held, der verstorbene große Festzeltwirt vom Bärenbergl, mit Freuden aus dem weiß-blauen Himmel, dass seinen Mitgliedern das Augsburger Thorbräu-Bier hervorragend mundete, auch wenn ihr schwuler König Ludwig II. mit seinen geliebten Stallburschen, lieber Champagner süffelte und König-Ludwig-Bier aus Kaltenberg kommt. Immerhin genoss Steinböck das klar-sprudlige Mineral-Wasser aus der adligen Kühbach-Brauerei des Freiherrn Umberto von Beck-Peccoz und seiner Freifrau Gwendolyn.

Die CSU bekommt was zum Beißen.

Zu sehen war auch eine Spionin aus Oberhausen, die CSU-Lady Hannelore Köppl, die sich beim ehemaligen Rock-Kneipen Wirt Flonny aus der Circus-Disko, der für die Kapellen-Betreuung und den Sound im Zelt zuständig ist - so spielt das Leben eben - über den Programm-Ablauf informierte. Vielleicht will sie in Oberhausen auch ein Bierzelt aufbauen? Oder gehören die Plärrer-Zelte zu Oberhausen? Hat sie auch, wie ich, beobachtet, dass Bob's Bierzelt-Punker in Lechhausen die Herrschaft über das bayerische Bier-Paradies übernommen haben? 

Früher erklärte ein gewisser Franz-Josef unser schönes Deutschland zum Saustall, weil es 
von den Roten regiert wurde. 

Wer nicht die Chance hatte, seinen Kopf in einen leeren Maßkrug zu stecken, um den brutalen Wahlkampfreden  ("Wir brauchen bezahlbare Energie!") des Bundestags-Abgeordneten Volker Ullrich zu entgehen, der steckte halt seine Nase mit Pseudo-Interesse in die eigens gedruckte CSU-Zeitschrift. Das war auch gut so, darin wurde vor einem mächtigen und bösen Wassergeist gewarnt: dem Lecherau und an nebligen Novembertagen die Lechhausern ausraubt.

Die Sonderzeitung verblüfft durch knallharte
Reportagen aus Lechhausen .

Doch wo bleibt die Warnung davor, dass uns die Groko-Geister der Augsburger Stadtregierung aus CSU und Grünen uns mit einem verkorksten Eishockey-Stadion, den gierigen Baureferenten-CSU-Merkle-Überstunden, einem fehlgeplanten Bahnhofstunnel und größenwahnsinnigem Staatstheater-Reovierung noch den letzte Cent rauben will?

Naja, was soll ich noch sagen und schreiben? Wir sollten uns öfters so politische Frühschoppen im Bierzelt reinziehen. Auch wenn's nicht immer Hochpannung pur ist. Auf jeden Fall ist hier die beste Möglichkeit ganz unkompliziert an die Politiker ranzukommen. Ich bin echt froh, dass sich die Augsburger CSU noch so eine Veranstaltung organisiert und inszeniert.

Die Lechhauser CSU scheute weder Kosten noch Mühen, 
um einen bunten und lebendigen Polit-Frühschoppen zu powern.


P.S.: Dummerweise hat sich Volker Ullrich bei seinem Facebook-Eintrag über den CSU-Frühschoppen im Lechhauser Kirchweihzelt verraten. Er berichtete von einem vollen Zelt, als die CSU-Redner Schlaftabletten unters Volk warfen. Leider bekamen sie nicht mal die vordersten Tisch-Reihen voll. Wo waren ihre Mitglieder, ihre Fans und Sympathisanten, ihre Wähler? Hoppla, stimmt nicht, als sich die Trachtenkapelle in der Pause auf die vordersten Bänke absetzte, da war es ganz vorne, dann doch fast voll.

Der Rekord-Redner aus dem Deutschen Bundestag schockierte
das Publikum im Bierzelt mit diversen Wahrheiten.

 

Es wäre viel besser, liebe CSU, lieber Volker, uns im Kirchweihzelt zu verraten, wie sich die CSU für bezahlbares Bier einsetzt, die Energie-Droge der Bayern?

Aber ich will hier nicht an Ullrichs Glaubhaftigkeit herummeckern. Politik ist auch Show. Und auf den Putz hauen gehört nun mal dazu. Oder?

Aha, drum waren vielleicht kaum CSU-Frauen da. Viele schon lieber beim Mitreisen.

Außerhalb des Zeltes waren genügend Frauenköpfe vorhanden.

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Text und Fotos: Arno Loeb

Info: Die Lechhauser SPD veranstaltet ihren politischen Frühschoppen am Sonntag 23.10.2022 ab 10:00 Uhr in Bob's Festzelt auf der Lechhauser Kirchweih. Es kommen als Redner: Florian von Brunn (Landesvorsitzender der Bayern SPD), Ulrike Bahr (MdB) und Dirk Wurm (OB-Kandidat der Augsburger SPD und ihr Vorsitzender) 

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