Song-Slam: Wühlt sich durch die Gehörgänge

Organisator und Moderator Jan überreicht den Goldenen Drachen an Aleyna.



Bericht über den spannenden Song-Slam im tiefen Augsburger
Musik-Klub Soho-Stage


Jan sammelte die Teilnehmer um sich und erklärte ihnen den Ablauf des Song-Slams. Die herumwuselnden Licht- und Ton-Techniker waren auf ihre Plätze verschwunden. Ein wichtiges Kabel wurde schnell noch aufgetrieben. Tief unter dem Augsburger Boden, im Soho-Stage-Keller, startete der lang ersehnte Song-Slam nach tristen Corona-Monaten. Nur das Publikum wählt hierbei den Gewinner des Goldenen Drachen.  

Die ersten Getränke wurden über die Theke geschoben. Das Publikum schob sich nach und nach über die Labyrinth-Treppen in der musikalischen Untergrund runter. Die blauen Lichter tauchten die Bühne in erwartungsvolles Licht. Die Künstler schlüpften in ihre Bühnen-Outfits. Die Fotografen drehten an ihren Objektiven. Ich versteckte mich neben einer Säule vor der Bühne, damit ich einen guten Blick auf das Geschehen habe.

Auf die Bühne kletterten an diesem Abend sechs junge Künstler zum Wettbewerb, der allerdings keine Leistungsschau sein sollte, so Jan, sondern ein Auftritt unter Freunden, der allen viel Spaß bringen soll. Nachdem Jan mit dem Publikum und den Künstlern das Intro des „Soho Song Slams“ gesungen hatte, konnte es losgehen im "schönsten Unten von Augsburg."

Alle im Klub waren gespannt, was in dieser Nacht geboten wird, sehen wir hier nun die Stars von morgen?

Lydie: Voll cool.


Politisch denken ist bei Lydie voll angesagt, war ja durch ihre Gitarren-Aufkleber schnell zu erkennen. Und sie sang auch über die Probleme überall. Ach, wie schön ist unsere Welt, sang sie, doch gemeint war: während wir im Luxus prassen, müssen andere Steine essen. Ihre Song-Texte bringen ätzende Menschen-Probleme in bestem Folk-Sound verpackt. „Mal ans Meer fahren“ ist ein Stück Sehnsucht, eine Hommage an all die unerfüllten Wünsche. „Die Spuren verschwimmen sehen und den Sonnenaufgang trinken.“ Voll cooler Auftritt, Lydie. Hervorragendes Gitarrenspiel und intensiver Gesang. Sie wird mit ihren Liedern noch weit kommen. Wir brauchen ja endlich eine deutsche Joan Baez.

Aleyna: Wir wollen mehr von ihr hören.

 
Sie wirkte sehr frisch und spontan, als sie sich als zweiter Act hinters E-Piano klemmte: Aleyna. Ein wenig zappelig, aber auch sehr sympathisch und erzählerisch. Ihre Songs waren auch auf Deutsch. Spannungsvoll pendelnd zwischen romantischer Liebe und Beziehungs-Drama. Packender Gesang von flüsternder Faszination bis zum durchdringenden Aufschrei. Lieber will sie allein sein, als sich in der Liebe zu einem Menschen verlieren, sich selbst nicht mehr spüren. Das geht tief rein, solche Situationen kennen wir alle, wenn wir nicht mehr wir selbst sein können, ein schlimmer Zustand aus der wir uns nur schlecht befreien können, wie aus einem Albtraum. Diese Sängerin hat schnell die Abteilung Liebe & Leidenschaft in deiner Herzkammer erobert. Wir wollen noch viel mehr von ihr hören.

Jan Wannemacher: Beste Entertainer-Qualität.

 
Zwei völlig verschiedene Songs ließ Jan Wannemacher im bayerischen Dialekt auf uns los. Beim ersten präsentierte einen ganz besonderen Gesangsstil, bei dem der Dialekt kaum eine Rolle spielte, das klang irgendwie nach internationalem Folk-Rock-Pop. Bei der zweiten Nummer gings um Heuschnupfen. Hier bewies Jan Wannemacher seine Motivations-Künste und ließ das Publikum tüchtig mitmachen. Dieses begeisterungsfähige Publikum war sofort dabei. Klatschen und Mitsingen war angesagt. Feiner Werbe-Gag, für Leute mit Heunschnupfen unterm Publikum gabs Papietaschentücher mit Wannemachers Protrait und Quick-Code drauf, der zu seinem Song-Material im Internet führt. Was soll ich sagen, der Mann hat beste Entertainer-Qualität.

Anna Leyla: Hypnose-Stimme.


Die Soul-Stimme von Anna Leyla ist natürlich erste Sahne. Schwur! Allerdings brachte sie bei diesem Song-Slam zwei Nummern, die in einer verrufenen Bar nach Mitternacht gewirkt hätten wie der Hypnose-Blick einer Femme Fatale auf einen einsamen Buchhalter. Diese tiefe gurrende Stimme von Anna Leyla wühlt sich langsam aber unaufhaltsam durch die Gehörgänge, bis zu unserer lauschenden Seele, die keine Chance hat, sich davor zu verstecken. An diesem Abend hätte sie mit schnelleren Songs vielleicht mehr Erfolg gehabt. Alle mal herhören: Wenn der richtige Produzent und Song für Anna Leyla kommt, steht sie sicher mal an der Spitze der Charts.
 
Linda: Scheißt auf Melodien.


Unbarmherzig drosch Linda von der Augsburger Punkband Vulvastix auf ihre Gitarre ein. Sie sang von Hass und von Angst. Das gnadenlose Riff bei ihrem englischen Song „Fear“ war ganz schön explosiv. Eine Abrissbirne ist ein Marshmallow dagegen. Natürlich scheißt sie auf Melodien und solchen Kitsch-Kram bei der Musik. Die Energie der Wut über falsche Sachen treibt sie an. Wir sollten sie uns mal mit ihrer Weiber-Combo anhören! Da ist dann wohl Höllensound angesagt.

Duc Viet Phan: Im Parkhaus singen.


Duc Viet Phan fing mit einer schönen Story an. Er berichtete von seinen Gesängen im Parkhaus nebenan während des Corona-Lockdowns. Dort probierte er seine Hip-Hop-Texte aus, „weil es da drin so schön hallt“. Mal im Sitzen mal im Stehen jagte er seine Wörter, seine Sätze über seine Lippen. Seine Musik beschreibt er als eine Mischung aus rauem deutschem Old School Hip Hop kombiniert mit Elementen aus der Popkultur. Aufgetankt mit energiegeladenen Vibes. Manche seiner Texte sind von klassischen deutschen Gedichten inspiriert, reflektieren aber auch den Slang der jungen Generation. Dann gesteht er noch, dass er sich gerade in Therapie befindet. Das Publikum bewertete das positiv. Ich auch und hoffe, Duc dröhnt bald aus jeder Bluetooth-Box am Gürtel der deutschen Rap-Gemeinde.

Jan: Viel Spaß fürs Publikum.

 
Moderator Jan, selber Musiker bei der Band "Fliegende Haie" und aktiv bei Film-Tourneen, wertete den Beifall des Publikums für die aufgetretenen Künstler aus. Ins Finale kamen Duc und Aleyna. Duc änderte sein Programm und brachte eine heißen Rap über die komplizierte Liebe und Aleyna verzauberte die Leute vor der Bühne mit dem Lied „Kinder“, das uns zeigte, dass wir uns mit zunehmenden Alter nicht mehr über die kleinen Dinge des Lebens freuen können.

Soho-Song-Slam: Besondere Musik-Talente.


Goldener Drache als Publikums-Preis.


Auf jeden Fall war dieser Song-Slam eine Nacht der Entdeckungen von besonderen Musik-Talenten, gut herausgesucht von Jan, der zum Abschluss den Goldenen Drachen an die strahlende Aleyna überreichte. Ich hätte ihn für den gesamte Veranstaltung vergeben. Super gemacht, Leute. 

Wann kommt der nächste Soho-Song-Slam?


Text: Arno Loeb
Fotos: Lima423


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