Klima-Camp bei Lützerath-Demo

Illegale Plakat-Aktion in Augsburg für Lützerath.


Alle akut bedroht
Diese Texte stammen vom Klima-Camp Augsburg und anderen:

„Ich kann mich um die Orga um einen Bus nach Lützerath kümmern, wenn es genug Menschen gibt, die von Augsburg aus fahren wollen“, erklärte vor einigen Wochen eine Augsburger Klimagerechtigkeitsaktivistin. Unvorstellbar damals, wie groß die Resonanz werden würde: Aus einem Bus wurden zwei, aus zwei Bussen wurden am Tag vor der Abfahrt vier und wenige Stunden vor Abfahrt wurde hektisch ein weiterer Bus gebucht.

„Wir fahren euch gerne, sofern rechtzeitig vor Abfahrt die Rechnung beglichen wird“, hieß es von einem der Busunternehmen. Es dauerte nie mehr als eine Stunde, bis sich auf kurzfristige Unterstützungsaufrufe in öffentlichen Austauschgruppen des Augsburger Klimacamps Privatpersonen fanden, die das Geld für die immer neuen Busrechnungen vorstrecken konnten. Mehr als 19.000 Euro kamen so innerhalb von zwei Tagen zusammen.

Insgesamt machten sich 315 Personen ab Augsburg+Umgebung auf den Weg. Mit dabei erfahrene Klimaaktivist*innen gleichermaßen wie Menschen, die ihre Unzufriedenheit über die aktuelle Klimapolitik bislang nicht öffentlich vertraten. „Es ist meine erste große Demo, ich bin ganz aufgeregt“, freute sich eine 48 Jahre alte mitfahrende Mutter über die erfolgreiche Busorganisation. Ein spontan entstandenes Team aus Menschen, die sich vorher nicht kannten, beantwortete die zahlreichen Mitfahrwünsche, buchte Busbahnhofplätze und verwaltete die Platzlisten.

Eine Sorge bei den Mitfahrenden: Unrechtmäßige Verzögerungen durch die Abteilung „Staatsschutz“ der Augsburger Polizei. Der Weg zu angemeldeten Versammlungen unterliegt zwar einem besonderen grundgesetzlichen Schutz. Doch von Busfahrten aus anderen Städten nach Lützerath waren mehrstündige und grenzüberschreitende Kontrollen bekannt geworden, und über den besonderen Kriminalisierungseifer speziell des Augsburger „Staatsschutzes“ berichtete sogar schon die New York Times (Pressespiegel auf https://www.xn--pimmelgate-sd-7ob.de/ ). Dieser bereitete den Nährboden für das Augsburger Klimacamp, das nun seit 2½ Jahren in unmittelbarer Sichtweite zur Lokalpolitik Aufklärungsarbeit betreibt.

Damit die Mitfahrer*innen genau wie die Familien aus der Region an der Demonstration bei Lützerath sicher teilnehmen konnten, wurden daher Schutzmaßnahmen ergriffen: Kurzfristig wurden zwei parlamentarische Beobachter*innen gebeten, die Abreise in Augsburg zu verfolgen, was diese gerne taten und die Wartezeit für politischen Austausch nutzten. Und zudem wurde kurzerhand öffentlich über Kanäle, von denen die Aktivist*innen schon länger wussten, dass sie von der Abteilung „Staatsschutz“ gelesen werden, eine fiktive Besetzung des nahegelegenen Lohwalds angekündigt, die es gar nicht gab. Die Schutzstrategie ging auf, beim Abfahrtsort gab es kein Aufgebot des „Staatsschutzes“.

Lützerath und Lohwald sind eng verknüpft: In beiden Fällen stellt der Staat Profite von Konzernchefs über Gemeinwohl und Ökologie. So wie in Hinterzimmerdeals die Zerstörung Lützeraths beschlossen wurde, für Kohle die kein Mensch braucht, unterstützte die Regierung von Schwaben das Lohwald-Rodungsvorhaben gerne mit einer im Geheimen ausgestellten Ausnahmegenehmigung (Volltext der Genehmigung: https://www.lohwibleibt.de/ ). Dank dieser konnte Max Aicher, einer der reichsten Menschen Deutschlands, Besitzer mehrerer Schlösser und zusammen mit seinem Lobbyverband größter CSU-Spender überhaupt, völlig überraschend die erste Teilrodung des Lohwalds durchführen und das Areal seines Stahlwerks so für Investoren aufwerten. Da noch Klagen vor Bayerns höchstem Verwaltungsgericht anhängig waren, hätten die lokalen Bürger*inneninitiativen erfolgreich einstweiligen Rechtsschutz gegen die vorgezogene Rodung beantragen können. Doch dieser Möglichkeit wurden sie beraubt, da die Regierung von Schwaben ihre Ausnahmegenehmigung im Geheimen ausstellte.

Die Klimagerechtigkeitsbewegung hält zusammen. Gerade erfordern viele Projekte ehrenamtliches Engagement. Lützerath, der Fecher bei Frankfurt und der Eichenwald bei Ulm sind alle akut bedroht. Der Lohwald dagegen erst wieder in der kommenden Rodungssaison im Herbst.


Rede vor dem LEW-Gebäude auf der Demo zum Erhalt Lützeraths am 6. Januar in Augsburg

Am 3. Januar wurde in Lützerath Tag X ausgerufen. Tag X bedeutet, dass RWE in Zusammenarbeit mit der Polizei anfängt Lützerath zu räumen, um den Boden darunter auszubeuten. Unser Unverständnis kennt keine Grenzen.

Lützerath ist eine „Zone a defendre“ eine „Zu verteidigende Zone“. Es ist also ein autonomes Gebiet, in der Menschen versuchen dieses Dorf zu verteidigen und es mit neuem Leben zu füllen.

Es ist aber noch viel mehr als das.

Lützerath ist für viele von uns ein Zuhause. Ein Ort, an dem wir uns freier fühlen als irgendwo anders. In der wir sein können, wer wir sind, ohne ständig hinterfragt zu werden. In der wir uns ausleben können. Neue Sachen ausprobieren. Achtsam versuchen miteinander um zu gehen. In der wir scheitern, uns streiten und am Schluss doch wieder zusammenkommen.

Denn In Lützerath haben Träume Platz und können sich ausprobieren.

In Lützerath bestimmt nicht der Kapitalismus unsere Bedürfnisse, sondern wir Selbst.

In Lützerath wird dem Kapitalismus mit Feuer begegnet, bis er auf das letzte bisschen zu Schutt und Asche zerfällt.

In Lützerath zerschlagen wir das Patriarchat mit einem dicken, fetten, queerfeministischen Hammer, bis die letzte Unterdrückung zerquetscht ist.

In Lützerath kämpfen wir global für eine gerechte Welt, in der Machtstrukturen mit unserer Solidarität zerschlagen werden.

In Lützrath passiert die Veränderung, die wir auf der Erde brauchen.



Und deshalb werden wir auch geräumt.

Weil die Politik und die herrschenden Systeme Angst vor uns haben.

Weil wir in einer autonomen Zone friedlich miteinander leben und immer mehr werden.

Weil wir nicht im System mitspielen und den Wahnsinn an Konsum vorantreiben, sondern einfach glücklich sind mit dem was wir haben.

Weil wir einfach cool sind und Menschen merken, dass so wie es gerade läuft, vielleicht gar nicht so gut ist und es bei uns ja auch funktioniert.

Weil wir Kämpfe miteinander verbinden und uns stärken. Jeden Tag.

Wir sind der Gegenpol zum elendigen Sog, der uns Menschen jeden Tag ein bisschen mehr auffrisst und uns die Chance nimmt, Gerechtigkeit zu leben.

Wir sind nicht still, wenn aktiv Menschen getötet werden durch unseren Energiekonsum.

Wir sind nicht still, wenn Geld mehr Wert ist als Menschenwürde.

Wir gehen auf die Barrikaden, wenn Ihr unsere Häuser angreift.

Wenn Ihr ein Dorf zum Geisterdorf macht.

Wir schließen uns zusammen und kochen, singen, weinen, tanzen, verteidigen und heulen zusammen zum Mond.

Lützerath ist überall. In jedem Menschen, der unsere Werte teilt und versucht diesem Sog ein Ende zu setzten.

Ich habe schon lange aufgehört an die Politik zu appelieren oder zu denken, dass sie wirklich diese drastischen Veränderungen hervorbringen kann.

Ich würde euch aber vorschlagen, auch zum queerfeministischen Hammer zu greifen und zu handeln, damit dieser Kreislauf wirklich und endlich aufhören kann.

Kommt alle nach Lützerath. Kommt in dieses Dorf und bringt euch ein, wie auch immer es für euch passt. In der Besetzung, auf Baumhäusern, oder im UnterstützungsCamp, indem gekocht wird für alle oder leistet emotionale Unterstützung für die Menschen, die festgenommen werden oder Gewalt erfahren.

So viele Menschen hängen davon ab, ob Lützi bleibt oder fällt.

An alle Menschen die hier sind:

Danke, dass ihr da seid.

Danke, dass ihr für unser aller Leben einsteht und euch nicht unterkriegen lasst.

Danke, dass ihr euch fallen .lasst und wieder aufsteht.

Danke, dass unser Wert Solidarität und nicht Geld ist.

Danke, dass ihr so mutig seid.

Häuser Brennen,

Träume Nicht...

Alerta!


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