Brecht-Hommage: Sieben Rosen, sieben Sängerinnen: Blühten voll auf!

Sieben Rosen, sieben Sänger:innen.




Im Hintergrund der Bühne: der glitzernde Bert Brecht.

Karla Andrä, von Text will Töne.


Das gelungene Plakat der Augsburgerin Grafikerin Nontira Kigle zum Jubiläumskonzert von Brechts 125. Geburtstag hat bestimmt einiges dazu beigetragen und mega Lust gemacht, der Einladung von Text will Töne zu einem Brecht-Abend im Augsburger Aleviten-Zentrum, zu folgen. Karla Andrä und Josef Holzhauser sind das kultur-aktive Duo Text will Töne, das es sich zur Aufgabe gemacht habt, bekannte und unbekannte Wörter und Sätze in Lieder zu verwandeln.

Anna Holzhauser.

Die Augsburger Grafikerin Nontira Kigle hat das Motto des Abends klar auf den Punkt gebracht: Sieben Rosen hat der Strauch. Sieben Rosenblüten zeigen, wer mit von der Partie ist und führen zu einem gleichnamigen Liebeslied von Brecht hin. Als rote Rosen auf einem Zweig mit Dornen und Blättern sind die Brecht-Interpret:innen zusammen dargestellt: Karla Andrä, Stefanie Schlesinger, Anna Holzhauser, Ute Legner, Alexandrina Simeon, Eva Gold und Isabell Münsch. Sie wachsen und blühen in Augsburg.

Isabell Münsch.

Kein Wunder, dass der Saal im Augsburger Stadtteil Lechhausen, gegenüber der ehemaligen Textilfabrik Prinz, bis auf den letzten Platz ausverkauft war und an der Abendkasse nur noch Hörplätze auf dem Balkon zu haben waren. "Nehmen wir!", meinte ein Mann zu seiner Frau, die sich spontan entschlossen hatten zum Geburtstagskonzert von Bert Brecht zu kommen und vor mir an der Kasse anstanden.

Karla Andrä.


Einheitlich in Schwarz gekleidet, die sieben Sänger:innen aus Augsburg. Auf der Bühne, im Hintergrund, der übergroße goldene Pailletten-Glitzer Brecht-Kopf ließ eine festliche Stimmung aufkommen. 

Keinen verderben zu lassen, auch nicht sich selber. Jeden mit Glück zu füllen, auch sich, das ist gut." (Bertolt Brecht) Dieser gemeinsame Willkommensgruß der Protagonist:innen ließ das Publikum noch näher zusammenrücken und war eine gelungene Einstimmung auf das Konzert.

Eva Gold.
 

Schicke mir ein Blatt, doch von einem Strauche
Der nicht näher als eine halbe Stunde
Von deinem Haus wächst, dann
Musst du gehen und wirst stark, und ich
Bedanke mich für das hübsche Blatt.
(Bert Brecht)  

Musik, immer wieder durchwoben von Gedichten, gekonnt fürs Publikum abwechslungsreich gestaltet und vorgetragen, ließen den Abend angenehm kurzweilig werden.

Perfekt aufeinander eingespielt, als ob sie schon immer zusammen auf der Bühne stünden, wechselten sich die sieben Sänger:innen ab, von denen jede eine starke, eigengeprägte Künstler:in ist, der der gemeinsame Abend viel Freude bereitete. Ein Vogellied, gesungen von ihnen zusammen, zwitscherte fast den Frühling herbei und der Mackie-Messer-Song, dargebracht in verschiedenen Sprachen, berührte hemmungslos die Herzen der Zuschauer:innen. Schaute da doch jemand romantisch?

Stefanie Schlesinger, Isabell Münsch, Alexandrina Simeon und Anna Holzhauser.
 

Das Gedicht vom Glück, das Karla Andrä, ebenso wie die anderen Gedichte, dem Publikum einflößte, in unseren Tagen, geprägt von Erdbeben, Hunger und Krieg, so existenziell wichtig, dass es eigentlich jedes Kind in der Schule lernen sollte. Glück ist Hilfe.

Der Abend hätte aus meiner Sicht noch Stunden dauern können, doch mit dem gemeinsamen Lied der Künstler:innen und dem Gedicht An die Nachgeborenen mit dem Satz: "… die im Dunklen sieht man nicht ...", und es wirklich dunkel wurde im Saal, war dann mit dem faszinierenden Abend im Augsburger Stadtteil Lechhausen Schluss.

Ute Legner.
 

Ein beschwingtes Konzert ging zu Ende und geht doch irgendwie weiter, klingt aus, in den Gesprächen an den runden, zum Bleiben einladenden Tischen. Fast 400 Gäste wurden glücklich mit diesem Konzert.
 
Stefanie Schlesinger, Anna Holzhauser, Isabell Münsch und Alexandrina Simeon.


Das lockende Plakat mit den sieben singenden Rosen, die an diesem Abend mit ihrem Duft und mit ihren Liedern und Gedichten Leben, Lachen, Lust und Leidenschaft versprühten und voll aufblühten, haben mich auf die Idee gebracht, wie das Festival vielleicht sein soll: Klar und deutlich zu erkennen, Verzicht auf Nebensächlichkeiten, und dort und das weiter machen wo das Konzert aufgehört hat - und die Gespräche beginnen.
 
Stefanie Schlesinger.
 
Wir haben von Julian Warner in Augsburg ein Brecht-Festival bekommen, "das uns die richtigen Fragen schon finden lässt", und uns den Hauch einer Ahnung erkennen lassen mag, wie Brecht vielleicht getickt haben könnte. Dieser wahrlich festliche Geburtstagskonzert-Abend hat dazu beigetragen. Ich finde, der Flyer hatte wahrlich nicht zu viel versprochen: Das Sieben-Sänger:innen-Konzert war eine herrliche Brecht-Hommage, so vielseitig wie der Augsburger Dichter selbst: poetisch, philosophisch, kraftvoll, witzig, wild und bunt.

Alexandrina Simeon.


Karla Andrä, die Organisatorin von Text will Töne: "Die Idee kam mir bereits beim früheren Festival Brecht und die Frauen. Aber dann habe ich sie zurückgehalten und jetzt war der richtige Zeitpunkt!"

 

Leider werden beim Brecht-Festival viele Veranstaltungen nur einmal gezeigt. Auch die erfolgreichen und ausverkauften, die nach schneller Wiederholung rufen. "Sieben Rosen hat ein Strauch" gehört dazu. Es gab den totalen Run auf die Karten. Bereits eine Woche vorher war ausverkauft. Aber, alle mal herhören: am 10. Februar 2024 gibt es eine Neuauflage von "Sieben Rosen hat der Strauch" im Abraxas-Theater! Es ist bereits gebucht! Die Vorfreude ist riesig!

Karla Andrä, Ute Legner, Eva Gold, Anna Holzhauser, Stefanie Schlesinger, Isabell Münsch und 
Alexandrina Simeon.
 

Die Lieder und Texte dieses Abends: Karla Andrä: 7 Rosen hat der Strauch, Keinen verderben lassen, Schicke mir ein Blatt, Sind sie ein König
, Onkel Ede, Lied vom Glück, Nimm Platz am Tisch, An die Nachgeborenen, Ach, wie soll´n wir nun die kleine Rose buchen. Eva Gold: Was nützt die Güte, Das Lied vom Schuh. Anna Holzhauser: 7 Rosen, Moldaulied. Ute Legner: Plärrerlied, Die Vögel warten im Winter vor dem Fenster. Isabell Münsch: Sentimentales Lied 78, Ein Pferd klagt an. Sefanie Schlesinger: Marie A., Die Kuh beim Fressen. Alexandrina Simeon: Nanna`s Lied, Sonett Nr. 19. Sänger:innen und Publikum: Friedenslied und als Zugabe den Mackie Messer Song. Die Vertonungen der Texte stammen von Paul Dessau, Wolfgang Lackerschmid, André Herzberg, Hanns Eisler, Kurt Weill, Josef Holzhauser, Eva Gold und Girisha Fernando.


 Begleitet wurden die Sänger:innen auf der Bühne von den hervorragenden Musikern Joachim Holzhauser (Schlagzeug, Vibrafon, Percussion), Johannes Ochsenbauer (Kontrabass) und Josef Holzhauser (Gitarre, Klavier).









Dieser Sänger:innen-Abend im Rahmen des Augsburger Brecht-Festivals 2023 wurde gefördert durch die Stadt Augsburg und den Bezirk Schwaben, Preisträger des Augsburger Zukunftspreises 2019,  Projektförderung Kulturfonds Bayern und Arno Buchegger Stiftung


Text und Fotos: Lina Mann





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