Augsburgs Erleuchtung kommt aus Lechhausen

Die Wolfram AG auf Lechhauser Flur, der rauchende Kamin zeigt das Gebäude des
heutigen Hotel Adlers.


Das wissen alteingesessene Lechvorstädter schon lange. Mit politischen Größen wie Oberbürgermeister Dr. Peter Menacher, Bürgermeister Dr. Ludwig Kotter, Margarete Rohrhirsch-Schmid, Klaus Kirchner und Hermann Weber  kam und kommt aus dem Augsburger Osten das politische Licht. Ebenso mit diversen Bundes-, Landtagsabgeordneten und vielen Stadträten aus Lechhausen.


Hell wie der lichte Tag!


Wenig bekannt ist dagegen, dass auch das tatsächliche Augsburger Licht lange bevor an der Oberen Lechdammstraße (heute die Berliner Allee) als in den 1920er-Jahren das Osram-Werk entstanden ist, Lampen, Leuchten und Glühbirnen in Lechhausen gefertigt wurden. Also startete der weltberühmte Werbespruch „Hell wie der lichte Tag“ für Osram-Lampen in der Neuburger Straße. Bereits ab 1904 zogen in einem großen Fabrikgebäude an der Hausnummer 129 mehr als einhundert Arbeiter/innen Wolframfäden in die Glaskerzen der Leuchtbirnen ein. Bis zum Jahre 1917 wurde produziert. Mit Beginn der Weimarer Republik übernahm 1919 die Berliner Osram AG die Aktien der Bayerischen Glühfaden AG.

Der Erfinder Franjo Hanamann.

 

Ein österreichisch-ungarischer Migrant war der Erfinder


Franjo Hanamann erhielt 1903 das Patent für eine Glühlampe, die mit dem hochschmelzenden Metall Wolfram (ca. 3700 Celsius) dem bisherigen von Edison erfundenen Kohlefaden enorme Leuchtkraft und bessere Haltbarkeit verlieh. Seine Lampen fertigte er in der Bayerischen Glühfäden und später Wolframlampen AG auf Lechhauser Flur. Die Fabrik am mittlerweile längst durch die Grundwasserabsenkung des Lechhauser Mooses versiegten Siebenbrunnenbach stand am Platz der ehemaligen Hammerschmiede. Die Siedlung selbst wurde erst in den 1930er-Jahren als sogenannte Reichsheimstätte gegründet.

Das Hotel Adler befindet sich nun in der Neuburger Straße 238 F.


Das Hotel Adler ist letztes Fabrikbauwerk


Spaziert man den Mühlbach (Siebenbrunnenbach) von seiner ursprünglichen Quelle nahe der Friedberger Ach über die Kleesiedlung entlang den Localbahngleisen in Richtung Norden, so erreicht man den ehemaligen Holzlagerplatz der Firma Haindl an der Steinernen Furt. Jenseits der Mühlhauser Straße erhebt sich ein für die Hammerschmied-Siedlung untypisches Gebäude. Angrenzend an den Feuerdornweg steht das Business Hotel Adler. Es sieht baulich eher aus wie ein Handwerksbetrieb, das es auch Jahrzehnte war.

In den 1910er-Jahren wurde die Bayerische Glühfädenfabrik immer größer. Zum einen aufgrund ihres wirtschaftlichen Erfolges, aber auch weil sie als typische bayerische Kapitalgesellschaft die damals mit der Betriebskonzession notwendigen Sozialeinrichtungen wie Betriebskrankenkasse, Kantine oder Sterbekasse bereitstellen musste.




Bußgeld oder Haft für den Kapitalisten


Diesen finanziellen und baulichen Aufwand erfüllte der Inhaber und Großaktionär Georg Lüdecke vermutlich nur widerwillig. Solche Investitionen schmälerten den Gewinn, sodass spekuliert werden kann ob die 300 Gulden Bußgeld ersatzweise 30 Tage Haft, die das Bezirksamt Friedberg (Lechhausen gehörte als bis 1913 selbständige Gemeinde zum Bezirk Oberbayern) damit zusammenhängen. Das Stadtarchiv gibt hierzu jedoch keine eindeutige Auskunft.
 

Spionage und Sabotage


1917 war schon wieder Schluss mit dem Werk. Weil Patente und Produktion um die Metalle Osmium und Wolfram (= Osram) seitens der Kriegsgegner des Deutschen Kaiserreiches als begehrenswert, zumindest jedoch als für die Deutschen möglichst untauglich sein sollten, wurde im Herbst des vorletzten Kriegsjahres die Fabrik, folgt man der Osram-Chronik von französischen Saboteuren ausspioniert und schließlich angezündet. Das Werk bauten die frischen Eigentümer nicht mehr auf, sondern errichteten eben an der Berliner Allee die neuen Osram-Werke.

Lechhauser Wolfram-Lampe.



Wiederauferstanden aus Ruinen


Schon kurze Zeit nach dem Brand wurden die Häuserreste wieder genutzt und eine Gerberei produzierte Lederwaren. Die Berliner Firma Rachel baute in den verbliebenen Gebäuden skurrile Dinge wie stromlose Dampfbügeleisen, deren Marktgängigkeit aber sehr überschaubar waren. Bis zum Abbruch 1970 war der Hochbehälter und ehemalige Wasserturm der Fabrik neben dem Turm der Christkönig Kirche das höchste Bauwerk der Hammerschmiede. Anfangs der 1960er-Jahre zog dann in die Gewerbebauten die Karosseriebaufirma Baumgärtner. Sie dengelte Blechverkleidungen für die Augsburger Müllfahrzeuge. Danach übernahm der Schreinereibetrieb Riegel das Gelände und betrieb innovativen Küchenbau.

Letztlich ist das Hotel Adler das einzige Gebäude, welches an die großartige Hightech Unternehmung zu Beginn des 20. Jahrhunderts erinnert. Unter der Erde, so Anwohner, fänden sich bei Gartenarbeiten durchaus noch zersplitterte Glaskörper der bayerischen Glühfädenfabrik, mit Sicherheit ein Thema für die Denkmalschützer (ha!).






Text: Edgar Mathe

Dieser Text erscheint in der Reihe „Andere Augsburger Orte“, Teil 16


Quellen:

Stadtarchiv, Georg Feurer 2020

Osram, Chronik 100 Jahre Licht für die Welt,2018

Der Hammerschlag 2009

Bilder: Stadtarchiv Augsburg, Autorenfotos, Osram



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