Die 3 Musketiere auf der Freilichtbühne: Ein spektakuläres Musical voll bunter Abenteuer!

D'Artagnan im Degenkampf mit Hauptmann Rochefort.

Das ist ein Mega-Spektakel aus Degenfechten, Kostümen, Sturm, Chorsound, Bosheiten, Farben, Intrigen, Balladen, Liebe, Leidenschaft, Schicksalsverknüpfungen und faszinierenden Gesangsstimmen auf der Augsburger Freilichtbühne: das Musical "Die 3 Musketiere". Eine umjubelte Premiere mit stehendem Publikum das minutenlang klatschte, das hat es an diesem Ort beim alten Augsburger Festungswall mit Ziegelsteinmauern am Roten-Tor-Wall selten in diesem Super-Ovations-Modus gegeben. 

Der Kardinal und seine Spionin.

Es ist die Geschichte vom naiven Bauernjungen, der aus der Provinz nach Paris reitet, um sein Leben als Musketier des französischen Königs zu krönen. Er trifft dort auf die Musketiere, die er durch seine Unbedarftheit beleidigt und von ihnen zum Duell aufgefordert wird. Eins nach dem anderen, falls von ihm nach dem ersten noch was übrig bleibt. Die Musketiere sind erfahrene Kämpfer und Vollprofis mit dem Degen. Dieser Bauernjunge, der in Paris von einem Fettnäpfchen frisch-fröhlich ins Nächste steigt, ist D’Artagnan. Einst durch einen Roman von Alexandre Dumas berühmt gemacht.

Optimal wird D'Artagnan verkörpert vom jungen Schauspieler und Musical-Darsteller Florian Peters. Sein direktes Wesen rundet sich zwar nach und nach in Paris, doch er bleibt der kühne und treue Draufgänger mit forschem Wesen. Das kaufen ihm die Zuschauer nicht nur ab, sondern fiebern mit ihm und seinen Abenteuern mit. Der ideale Partner, wenn's darum geht, dass "Einer für alle und alle für einen" da sind. Egal, in welchen Problemen und Kämpfen sie stecken. Solche Freunde wünscht sich jeder, der auf den Stühlen im langsam dunkler werdenden Freilichttheater zuschaut.

Ich gebe es zu, ich habe manchmal an meine Seite gegriffen und nach dem Griff meines Degens gesucht, wenn D’Artagnan gegen den gemeinen Hauptmann Rochefort, der Böse mit der martialischen Augenklappe, fechten musste.

Natürlich ist D’Artagnan der männliche Star des Abends. Sein Gesang ist faszinierend klar, mitreißend und dringt direkt ins Herz des weiblichen Publikums, das große glänzende Augen und hellhörige Ohren bekommt, wenn der singende Bühnenheld für die Ehre der Frauen sein Leben einsetzt. Die Bühne, das ist zu spüren, ist seine Welt. Und seine erste große Liebe mit Constanze, der Zofe der französischen Königin, ist krass romantisch bis zum Tod. Sicherlich vergisst manche Frau im Publikum bei seinem Anblick, dass sie schon einige Jahre verheiratet ist, ihr Gatte neben ihr sitzt, und schmachtet diesen edlen Liebhaber D’Artagnan teeniemäßig voller Hingabe an.

Das Spiel kann beginnen.


Constanze kämpft um ihre Liebe und Milady will nichts Gutes.

Durch üble Verleumdungen und politische Schachzüge gezwungen, geraten die drei Musketiere des Königs öfter mit der Leibgarde des teuflischen und machthungrigen Kardinals Richelieu zusammen. Dieser Mann in Rot ist besessen von seiner katholischen Religion. Dargestellt vom Musical-Routinier Alexander Franzen. Wobei dieser überhaupt nicht routiniert auf der Freilichtbühne als der intrigante Hugenotten-Jäger agiert, dabei nicht nur eiskalt Königin und König gegeneinander mit Verschwörungstheorien aufhetzt, sondern auch eine schöne Frau als seine Spionin ohne jegliche Skrupel für seine Machtgelüste einsetzt. Blutrot wird es, wenn er sich auf die Stufen der Treppe wirft und in reinster Blasphemie den lieben Gott für seine mörderischen Pläne um Hilfe bittet und bettelt.

Das packt mich echt, als Alexander Franzen seine raue Soul-Stimme mit sündiger Inbrunst durch die Nacht zum Himmel schickt. Ich kenne wenige Sänger bei uns, die einen deutschen Text mit so viel schwarzer Seele rüberbringen, dass ich glauben kann, dort auf der Bühne unten ist ein Gospel-Sänger aus Harlem, der einen feurigen Auftritt in der Hölle hinlegt, wobei Satan und Beelzebub einen flotten Shake tanzen.

Was macht denn der rockige Meat Loaf auf unserer Augsburger Bühne, dachte ich mir, als der Südtiroler Shouter Hannes Staffler plötzlich loslegt. Als ich seine Künstler-Bio lese, wird mir klar, dieser Mann weiß, wie er seine durchdringende Rockstimme einsetzen muss, damit wir unruhig auf unseren eisernen Sitzgelegenheiten herumrutschen, weil wir viel lieber zur Bühne vorrennen wollen, um ihm unsere Fäuste voller Inbrunst entgegenzustrecken.

König und Königin mit ihrem Hofstaat auf der Bühne.


Durch ihre echt starke Stimme und ihre mitreißende Bühnen-Präsenz kann Katja Berg, die man schon aus dem Fugger-Musical auf der gleichen Bühne kennt, also ein Heimspiel hat, das Publikum verzückt ausflippen lassen. Sie ist Milady de Winter, die als 15jährige vergewaltigt wurde und ein Zeichen als Hure eingebrannt bekam. Sie will durch ein Schreiben des Kardinals ihre Ehre wiederherstellen. Dadurch ist sie sein williges Instrument für seine hinterhältigen Aktivitäten. "Ich bin zurück" ist Bergs erster Song, bei dem sie beweist, dass ihre Stimme eine Wahnsinnspower besitzt.

Dennis Weißert präsentiert uns einen Musketier Aramis, der die Schauspielkunst ebenso perfekt beherrscht wie seinen Degen, mit dem er Richelieus Gardisten mächtig einheizt und einige von ihnen niederstreckt. Genauso Patrick L. Schmitz als Musketier Porthos.

Wunderbar gefühlvoll stellt Larissa Hartmann die von D’Artagnan geliebte Constanze dar. Ihre schmeichelnde Gesangsstimme hat 100Prozent Herzensstimmung.

Im Sturm auf dem Schiff nach England.


Erik Völker gibt den französischen König. Völker stammt aus einer Augsburger Eisenbahner- und Künstlerfamilie. Er arbeitete zunächst als Briefträger, bevor er in Düsseldorf bei Albrecht Klora so lange Gesang studierte, bis ihm ein akademischer Titel verliehen wurde. Vom Chor der Oper Graz wechselte Erik Völker 2008 in den Opernchor des Staatstheater Augsburg. Er muss eine schwachen König darstellen, der vom Kardinal an der Nase herumgeführt wird. Doch ist er nicht immer der zweifelnde Schwächling, sondern wird nach und nach ein König der durchaus mit Herz und Vernunft regiert. Völkers Spiel und Gesang lässt das bestens erahnen.

Luise von Garnier ist die französische Königin, die durch ihre Herkunft in eine Zwickmühle gerät, was sie gesanglich und schauspielerisch hervorragend klarmacht.

Als einäugiger Hauptmann Rochefort, der für Kardinal Rochefort die Kastanien aus dem Feuer holen musste, meistens mehr mit Gewalt als mit Überredungskunst, fungierte im längsgestreiften Fantasy-Rock und mit dämonischer Augenklappe der Augsburger Schauspiel-Star Sebastian Müller-Stahl. Unter seinem herrscherischen Kommando fungierten die degenschwingende Kardinals-Garde mit den wippenden Federn auf dem Hut. Einst wurde ihm ein Auge ausgerechnet von D'Artagnans Vater, ein ehemaliger Musketier, mit der Degenspitze ausgestochen. Sowas schafft natürlich keine besonderen Sympathien für den Sohn, der die Karriere seines Vaters anstrebt.

Die Fechtnummern wurden super inszeniert. Kopf geduckt, Degen drüber, zustechen, ausweichen, KLinge auf Klinge und schnell zustechen, ein Riesenspaß. Zum Zuschauen. Mehr Action geht nicht. Dafür gebührt dem Kampfchoreografie Thomas Ziesch ein fettes Lob.

Der Chor, der einen Wall of Sound lieferte.

Klirrende Degendulle sind ein Spektakel.

Gesangs-Nummern wie "Engel aus Kristall" werden auf der Augsburger Freilichtbühne zu starken Nummern. Ihr einziger Nachteil ist nur, dass die meisten saugut sind und deshalb keiner als Hit und Gassenhauer besonders hervorsticht. Mir bleiben die recht poppig arrangierten Songs als Soundgemälde im Ohr.

Das Musical "Die 3 Musketiere" gibt's seit 2003, die Freilichtbühne ist wie gemacht fürs Stück. Der alte Stoff erwacht hier zu neuem Leben. Ein sommerlicher Freilichtbühnenabend geht zu Ende. Im Nachklang gibts viel positives Echo. Habe mich nach der Aufführung noch länger mit Karla Andrä vom Faxthather und Text will Töne, darüber ausgetauscht. Sie war auch hin und weg. 

Das Ballett ist besonders ausdrucksstark. Es wird auf der Bühne gewirbelt, dass einem schwindlig wird.

Wenn ich nicht mitbekommen hätte, dass die Orchestermusiker in der Kulisse versteckt sind, hätte ich angenommen, es handelt sich bei der Musik aus den Lautsprecher-Türmen um gut aufgenommene und abgemischte Klänge aus einem teuren Tonstudio. Einfach perfekt.

Und dieser Chor, Leute, der überrollt uns mit einem einen Wall of Sound, der mit seinen alles ausfüllenden Schallwellen über uns hinwegschwappt, der ist eins der ganz großen Erlebnisse des Musical-Abends. Ich staune und staune, wie können menschliche Kehlen so ein gewaltig packendes Musik-Erlebnis fabrizieren?

Kardinal im blutroten Licht.


Eine so schwierige, eher bedrückende Geschichte, leicht, fast zärtlich und vergnüglich zu verpacken und fürs Publikum sehenswert aufzubereiten, ist eine Kunst, die nach meiner Beobachtung ideal gelungen ist.

Nein, ich vergesse nicht, Marina Lötschert, zu erwähnen. Sie hat das Musical durch ihre verschiedenen Rollen als Conferencier, Sekretär James und Gardist mit viel Humor zum besten Publikums-Genuss gewürzt. Ihre originelle und temperamentvolle Stimme, ihre ausdrucksvolle Gestik, das sind die Dinge, die ein Theater so richtig lebendig machen. Es ist eine Spitzenidee der Inszenierung, diesem herzerfrischenden Bühnen-Orkan freie Bahn zu lassen.

Marina Lötschert als James.


Einen solchen fantastischen, sommerlichen Abend auf unserer Augsburger Freilichtbühne erleben zu dürfen, ist in jedem Fall ein großes Geschenk.

Übrigens: D'Artagnans Pferd, der Klepper mit den zwei mal zwei menschlichen Beinen, bleibt unvergesslich. Ich rätsle immer noch, wie machten es die zwei Statisten unter der Pferdehaut und trugen den Helden im Sattel nach Paris? Auch wenn er kein Heu zum Fressen bekam, so wurde der Gaul mit viel Applaus belohnt.

Dieser Gaul bekommt viel Applaus.



Lange Rede, kurzer Sinn: Wer da nicht hingeht, wirds schwer bereuen und meinen Degen spüren!


Kritik: Lina Mann
Fotos: Jan-Pieter Fuhr


Weitere Aufführungs-Termine sind hier zu sehen.



DIE MITWIRKENDEN

Musikalische Leitung Anna Malek
Inszenierung Ulrich Wiggers, Florian Honigmann
Bühne & Kostüme Leif-Erik Heine
Choreografie Kati Heidebrecht
Kampfchoreografie Thomas Ziesch
Dramaturgie Sophie Walz

D’Artagnan Florian Peters
Milady de Winter Katja Berg / Susanna Panzner
Kardinal Richelieu Alexander Franzen
Athos Hannes Staffler
Aramis Dennis Weißert
Porthos Patrick L. Schmitz
Constance Larissa Hartmann
Königin Anna Luise von Garnier
König Ludwig XIII. / Herzog von Buckingham Erik Völker
Rochefort / D’Artagnans Vater Sebastian Müller-Stahl
James / Conférencier / Gardist Marina Lötschert
Bootsmann Gerhard Werlitz
D´Artagnans Mutter Carola Bach / Jutta Lehner
Wirt in Paris Markus Hauser

Kardinalsgardisten Statisterie
Pomme-de-Terre, ein Pferd Statisterie

Ballett Augsburg
Opernchor des Staatstheater Augsburg
Augsburger Philharmoniker

Buch von André Breedland nach dem Roman "Die drei Musketiere" von Alexandre Dumas
Aus dem Niederländischen von Wolfgang Adenberg und Ruth Deny in Deutscher Sprache






Kommentare