Von der gerissenen Hose bis zum Straflager Werkstatt. Unterhaltsames Buch mit Augsburger Straßenbahngeschichten

Der Augsburger Tramfahrer Karl H. Pfob hat ein Bucher über seine Erlebnisse
mit seinen Straßenbahnen verfasst.



Seine Leidenschaft sind Straßenbahnen. Jahrzehntelang steuerte Karl H. Pfob so ein tonnenschweres Fahrzeug in Augsburg von Haltestelle zu Haltestelle. Jetzt hat er darüber ein Buch geschrieben: „Unter Strom“. Herausgekommen sind liebevolle Geschichten und Anekdoten, voller Humor, aber auch einer Portion Selbstironie.

Früher sei die Straßenbahn noch etwas Besonderes gewesen, meint Pfob. „Da spielte auch eine gewisse Romantik eine Rolle.“ Heute sei die Tram ein bloßes Personenbeförderungsmittel.
Zugleich verdeutlicht der Buchautor, dass von Anfang an etwas gleich geblieben ist: Das Fahrzeug fährt auch heute noch auf einem Gleis und kann somit Hindernissen nicht ausweichen. Geblieben seien daneben die Fahrgäste, ergänzt er: „Mal freundlich, mal mürrisch, mal ein bisschen verrückt – zuweilen behaftet mit den unterschiedlichsten Geschichten.“

Karl H. Pfob, 1952 in Augsburg geboren, absolvierte eine Lehre als Feinmechaniker. Nach einigen Berufsjahren wechselte er zu den Stadtwerken Augsburg. Dort wurde er zum Straßenbahnfahrer ausgebildet. Seit 2015 ist er im Ruhestand. Geblieben ist allerdings seine Liebe und Leidenschaft zu den Trams.

In seinem Buch "Unter Strom - Mein Leben als Straßenbahnfahrer" bringt Pfob dem Leser das Verkehrsmittel Straßenbahn auf humorvolle Art näher. Mit Witz, Charme und Ironie erzählt er über persönliche Erfahrungen wie den Kampf um den besten Sitzplatz und über Autofahrer, die mit dem Schienenfahrzeug auf Kriegsfuß stehen. Er macht auf die Theater-Tram ebenso aufmerksam wie auf die Besonderheit der Luitpoldbrücke, das betriebliche Vorschlagswesen, die Bahnkreuzung am Plärrer, Steinen auf den Schienen und was es mit einem 100-Mark-Schein auf sich hat. Das sind unterhaltsame, aber auch informative Geschichten, Anekdoten, Kalauer und mehr. Nicht nur eine gerissene Hose taucht auf, sondern auch ein Kleiderschrank, Bäume zwischen den Schienen, ein Fettsack, ein PKW im Schottergleis und eine Ampel ohne Grünlicht. Das geht hin bis zum letzten Kapitel, wo Autor Pfob die Werkstatt höchst ironisch als "Straflager" beschreibt, in dem er Sand kehren muss. 

Lokalpatriotismus spielt in Pfobs Buch über sein Straßenbahn-Leben nur eine untergeordnete Rolle - ganz nebenbei nämlich analysiert der Autor mit Sensibilität, Detailliebe und etwas Sarkasmus seine Mitreisenden, deren Vorlieben, Eigenarten und auch Macken. 

Karl H. Pfob erzählt: "Eine tonnenschwere Straßenbahn zu fahren, eine Ausbildung zu absolvieren, um auf der Schiene unterwegs zu sein, zum Teil mit mürrischen Gästen und das auch an Wochenenden und Feiertagen - war das für mich Beruf oder Berufung? Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten.

Bei den Augsburger Verkehrsbetrieben, bei denen ich damals hobbymäßig ein und aus ging, erwähnte ich einmal, dass ich mir auch vorstellen könnte, eine Straßenbahn zu fahren. Die Absage kam prompt. Momentan würden keine Fahrer gesucht, hieß es lapidar. Jahre vergingen. Gänzlich unvermutet traf mich dann eines Tages die Offerte, es laufe gerade eine Ausbildung zum Straßenbahnfahrer und ob ich noch Interesse daran habe. Nun war schnelles Handeln angesagt.

Mit der Ausbildung zum Straßenbahnfahrer begann ein neuer Abschnitt in meinem Leben. Das hieß aber auch, künftig Wochenend- und Feiertagsdienste durchzuführen, egal ob nun an Ostern, Pfingsten, Weihnachten oder Neujahr. Von jetzt an lief mein Leben trotz der unregelmäßigen Dienstzeiten in festen Bahnen. Und das im wahrsten Sinn des Wortes: Mit meinem Fahrzeug konnte ich weder ausweichen noch eine Abkürzung durchführen. Ich war auf meinen Schienenstrang angewiesen und der war hundertprozentig vorhanden wie das Amen in der Kirche. Es folgten etliche Jahrzehnte Fahrrunde um Fahrrunde.

Sei doch langweilig, so ein Berufsleben, hörte ich immer wieder. Nein, ist es nicht. Zumal dann nicht, wenn man mit aufmerksamen Augen sein Umfeld betrachtet. Ein Beispiel: Ich fahre auf einer Straßenbahnlinie immer wieder an einem bestimmten Baum vorbei. Dabei erlebe ich im Laufe der Zeit, wie der Baum aus der Winterruhe erwacht und sich langsam ein Kleid im zarten Frühjahrsgrün überstülpt. Dem, der trotz Konzentration auf das Wesentliche sich zuweilen auch die Zeit nimmt, auf diese Randereignisse zu achten, dem wird es nie langweilig."

„Die Straßenbahn wird mit Strom betrieben“, erläutert Pfob. „Zuweilen steht aber auch der Fahrer unter Strom, vor allem dann, wenn Zeitgenossen sich als Besserwisser, Nörgler oder Querulanten entpuppen.“ Daher also der Buchtitel mit doppelter zutreffender Bedeutung.

Das 261-Seiten-Buch ist Verkehrsteilnehmern und Interessierten am Öffentlichen Personennahverkehr ebenso zu empfehlen wie Menschen, die feinen Humor, Ironie und alltägliche Nichtalltäglichkeiten lieben.

„Unter Strom“ ist für 9,90 Euro plus 2,50 Euro Versandpauschale erhältlich per Post über die Edition Karl H. Pfob, Untere Osterfeldstraße 16, 86156 Augsburg, per Telefon unter der Rufnummer 0821/4442844 oder per E-Mail unter buch-unter-strom@web.de








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