Liebe Stadt Augsburg, was machen wir nur mit dem schönen Casino? Aller Anfang ist die Sehnsucht!

Das ehemalige Casino steht leer und wartet auf eine sinnvolle Nutzung.


"Sie suchen ein außergewöhnlich historisches Objekt? Wir haben eins! verkündet die Stadt Augsburg per Video-Aufruf." Es geht um ein ehemaliges Offiziers-Casino aus dem Dritten Reich, das nach dem Zweiten Weltkrieg auch von der US-Army als Casino für seine Officers genutzt wurde. Das Gebäude steht seit Jahren ungenutzt im Sheridan-Park, umgeben von einer Wiese. Es ist im Besitz der Stadt Augsburg. "Wir als Stadt Augsburg freuen uns auf kreative und engagierte Investoren", heißt es in dem Werbevideo. Gemeldet hat sich bisher niemand dafür. Und die Meldefrist ist für diese seltene Sorte Mensch inzwischen längst abgelaufen: "Haben wir Ihr Interesse geweckt? Noch bis zum 28. Februar 2023 freuen wir uns auf innovative Konzepte, die dem Offizierscasino wieder neuen Glanz verleihen!"

Edgar Mathe führt durch das Casino.


Es war also eine gute Idee vom Augsburger Presseclub zu einer Diskussion in das verlassene Casino im Sheridan-Park einzuladen, um auszuloten, was mit diesem Gebäude gemacht werden könnte. Ein Hotel mit Tagungsstätten oder ein Bürgerzentrum - oder was?

Das ehemalige Offiziers-Casino im Sheridan-Park von oben.


Die Augsburger Journalistinnen und Journalisten standen nach dem Podiumsgespräch mit Fragen und sogar dem ein oder anderen Statement noch lange an den Bistrotischen auf der Terrasse des seit 20 Jahren leer stehenden Casinos. Es gab feines Essen und Getränke. Die Sommerabendstimmung und der Blick in den weiten Garten beschwingte sehr und die in der Realität fehlende Musik erklang schon im ein oder anderen Ohr aus dem Inneren des Casinos.

Man kann es kaum glauben: Dieses geschichtsträchtige Casino bleibt leer. Ist es zu teuer, zu schwierig, dieses Gebäude wieder zu beleben? "Die Hoffnung stirbt zuletzt", zitierte der WBG-Chef Dr. Mark Dominik Hoppe das berühmte brasilianische Sprichwort, der diese Immobilie betreut. Wer kann dieses Gebäude aus dem Dornröschen-Schlaf wach küssen? Wo sind die Ideen? Wo sind die Investoren? Welche Pläne hat die Stadt Augsburg damit? Will man es überhaupt?

„Wenn du ein Schiff bauen willst, beginne nicht damit, Holz zusammenzusuchen, Bretter zu schneiden und die Arbeit zu verteilen, sondern erwecke in den Herzen der Menschen die Sehnsucht nach dem großen und schönen Meer“, meint der Autor Antoine de Saint-Exupéry.

Die Podiumsdiskussionsrunde im ehemaligen Casino: a3-Kulturmagazin-Herausgeber Jürgen Kannler, Dr. Hilde Strobl, in Augsburg lebende Architekturhistorikerin an der Uni Innsbruck, Dr. Barbara Wolf (ehemals Architekturmuseum Augsburg) sowie Mark Dominik Hoppe, der derzeitige Chef der Wohnbaugruppe, die das Gebäude treuhänderisch verwaltet.
Moderation von Presseclub-Vizevorsitzendem Alfred Schmidt.


Es gab viele Fragen und es bleiben wichtige, richtige offene Fragen von diesem Abend. Könnte die aktuelle Veranstaltung des Presseclubs, unter Vorsitz von Wolfgang Bublies, vielleicht quasi ein Start-up gewesen sein für neue Ideen, neue Ansätze zum Weiterdenken? 

Unterm Strich wurde erst einmal klar, dass einfach das Geld fehlt, der richtige Investor, und an den zündenden Konzepten, obwohl sogar Gutachten schon erstellt sind. Und wie ist das mit der Erinnerungs-Kultur dort am Ort? Wie kann die Erinnerungskultur ausschauen? Wie kann sie gepflegt, lebendig erhalten und aufklären, erinnern? Das Gebäude wurde in der NS-Zeit gebaut, von der NS-Zeit geprägt und gezeichnet. Da gibt es kein Wenn und Aber, wenn sich die meist in positiver Erinnerung gebliebene viel längere Zeit unter den Amerikanern anschloss. Immerhin waren hier Militärs der Wehrmacht und der US-Truppen. Die grüne Politikerin Christine Kamm kann sich da schlecht ein Hotel mit munter plaudernden Frühstücksgäste vorstellen.





Sollte das Gebäude nicht vielleicht sogar abgerissen werden und dort etwas ganz Neues entstehen? Nein, sagt der Denkmalschutz, das Gebäude hat viele bauliche, erhaltenswerte Elemente wie die Eichdeckenkassetten der Decke im Saal. Nein, sagen bestimmt auch Menschen, die sich gerne an die Zeit und die Feste mit den Amerikanern erinnern.

Nein, finde ich, sagt der Verstand und das Herz für Augsburg und die um das Casino lebenden Bürgerinnen und Bürgern.

Der Investor für ein Hotel, das auf dem 10.000 Quadratmeter großen Areal entstehen sollte, ist abgesprungen. Das Hotel wäre auch das Mittel zum Zweck gewesen, um das Casino renovieren und erhalten zu können. Schon jetzt zur Frostfreihaltung muss die WBG, so Hoppe, jährlich 50-60.000 Euro aufwenden. 
Im Park, vor dem Casino.



Nun steht die Stadt Augsburg vor diesem einzigartigen Haus im Park und hat keine Lösung. Daher ist es goldrichtig, dass sich an diesem Abend interessierte und auch fürs Objekt begeisterte Menschen an diesen Ort einzuladen. An diesem Abend ist zu spüren, dass eine gute Lösung zu suchen und sich mittelfristig finden wird. Unbedingt. 

Ist dieser Abend nicht der Anfang, die Sehnsucht nach einem Ort wachsen zu lassen, der nach einem Dornröschen-Schlaf zu vollem Leben erwacht? Zusammen mit der Erinnerungskultur, mit Augsburgerinnen und Augsburgern, vor allem denen, die sich um das Casino angesiedelt haben.



Voller Begeisterung führte Edgar Mathe, der ehemalige WBG-Chef, die Journalistinnen und Journalisten durch das Gebäude. Es waren zwar nicht viele Menschen, die hier außerhalb des Militärs rauschende Feste erleben konnten, aber es ist ein ganz besonderer Ort, daran besteht kein Zweifel. 

Kann dieses Gebäude umgewandelt werden, wie das Abraxas, das im Reese-Park auch mal ein Offiziers-Casino war und nun als Kulturhaus mit Restaurant genutzt wird? Gerald Fiebig, Leiter des Kulturhauses Abraxas, konnte sich das vorstellen und erzählte lebendig von seinem Abraxas, wo dies gut gelingt. Ach ja, und dann war da noch Stephan Deurer (Immobilien-Gruppe), der hier schon als Kind auf den Wiesen seine Abenteuer erlebte. Als realistischer, kompetenter Geschäftsmann fehlt ihm bisher auch die Lösung. Dass ihm das Casino und das Areal drumherum nicht aus dem Kopf gehen, war bei seinem gut fundierten Statement deutlich zu spüren. 

Manchmal kommt der Geistesblitz, der passende Mensch, sprich Investor, das fehlende Geld zur richtigen Zeit. Klingt fast wie im Märchen. Auch der Dornröschenschlaf endete, als die Zeit reif war und ein Prinz die schlafende Prinzessin wach küsste und alles aufweckte, was im Schloss hinter der Dornenhecke im hundertjährigen Schlaf versunken war. 

Warum nicht eine kleine Lösung für das Casino im Sheridan-Park anstreben, die zwar beim Podiumsgespräch keine Rolle spielte, sehr wohl beim anschließenden Reden und Nachdenken um die Bistrotische, der Atmosphäre, die Ideen aufblitzen ließ? Warum nicht ein Bürger-Zentrum hier entstehen lassen, einen wirklichen Ort der Begegnung? Vielleicht mithilfe der Bürgerinnen und Bürger? Wir sollten unsren Familien, den Senioren, den Kindern, den Jugendlichen, den Männern, den Frauen, ein Gebäude schenken, das allen gefällt und wo jeder mitmachen kann. Besonders in Zeiten, in denen Inklusion und Diversität nicht mehr nur auf dem Papier steht, sondern lebt, schon jetzt an vielen Orten und Herzen in Augsburg. 

Erinnert euch immer und immer wieder!
Richtet das Haus! Macht die Türen auf! Lasst die Bürger rein! 


Text und Fotos: Lina Mann

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Mehr Information zu diesem Gebäude ist hier auf der Seite des Augsburger Presseclubs.


Der Werbe-Film der Stadt Augsburg zur neuen Nutzung des ehemaligen Offiziers-Casino im Sheridan-Park

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