Eine fesselnde Geschichte über Anna Barbara Gignoux, Herrin der Farben

Peter Dempf bei seiner Lesung aus "Die Herrin der Farben" in der Augsburger Stadtbücherei.
Im Hintergrund Ruth Rossel am Cello.



Begrüßt wird das Publikum im ebenerdigen ausverkauften S-Forum der Augsburger Stadtbücherei von Kurt Idrizovic, Inhaber der Buchhandlung am Obstmarkt und von Jutta Olbrich, Leiterin der Erwachsenenbücherei. Sogar der Büchertisch muss zur Garderobe vor dem Veranstaltungsraum getragen werden, so gut ist diese Lesung besucht. 

Bevor der Autor Peter Dempf auf der Bühne seine Lesung beginnt, ist die Musikerin Ruth Rossel zu hören, die auf ihrem Cello ein Stück von Matthew Locke anstimmt: "My Lodging is on the cold Ground".



Peter Dempf startet seine Lesung mit der Kindheit von Anna Barbara Koppmair, der Tochter eines Goldschlägers. Ihre Familie lebt neben der Familie Gignoux, die mit dem Bedrucken von Baumwollstoffen beschäftigt ist. Anna Barbara ist ein wissensdurstiges Kind, das schon früh schreiben und lesen lernt. Dabei muss sie sich vom Nachbarsjungen Anton sagen lassen, dass Mädchen niemals schreiben und lesen lernen, weil sie ein zu kleines Hirn haben. Im Gegensatz zur männlichen Bevölkerung. Natürlich lachen die Frauen im Publikum, als Dempf dann die Stelle vorliest, bei der Anna Barbaras Mutter sagt, dass Frauen alles können, wenn sie es nur wollen. Und am kommenden Wochenende will die Mutter dann auf dem Markt Hirn kaufen. Das von einem Schaf und das von einem Bock. Dann wird man schon sehen, wer das größere Hirn hat. Das von Anna Barbara und von Anton können sie ja wohl schlecht untersuchen. Denn dann würden die beiden nicht mehr das Ergebnis zur Kenntnis nehmen können.

Jutta Olbrich von der Stadtbücherei begrüßt den Autor und die Gäste.


Kurt Idrizovic unterhält sich mit Peter Dempf.


Bevor Kurt Idrizovic in ein Gespräch mit Peter Dempf einsteigt, ist von Ruth Rossel noch von Johann Sebastian Bach aus der 3. Suite für Cello das Solo "Bourre 1 & 2" 3 zu hören. Idrizovic will von Dempf einiges aus dessen Schreibwerkstatt erfahren. Wie kam Dempf auf diese Frau und wie hat er über ihr Leben so viele Dinge erfahren? Es war die Scheidungsakte von Anna Barbara Gignoux, aus der Dempf Wesentliches über des Schicksal der Frau erfahren hat, die sich damals gegen einflussreiche Männer wehren musste, um ihre Firma nicht zu verlieren, als ihr erster Mann verstorben war. 

Ruth Rossel, barfuß mit Cello und Musik aus alter Zeit.


Beim nächsten Teil seiner Lesung schilderte Dempf auch ein Gewitter, was absolut passend war, denn draußen war Donner zu hören und niederprasselnder Regen. Authentischer gings nicht. 

Nun erfuhr das aufmerksam lauschende Publikum, bevor es in die Pause ging, wie sich Anna Barbara mit ihrem Mann gegen die aufgebrachten Weber und dann als Witwe gegen Männer wehren musste, die mit einer Frau keine Geschäfte machen wollten. Sie wurde zu einer weiteren Heirat gedrängt. Diese nahm ein schlechtes Ende. Dempf scheut in seinem historischen Roman nicht davor zurück, die Brutalitäten des zweiten Ehemanns deutlich zu beschreiben. 





An der Bar, die das Team des Stadtcafés aufgebaut hat, werden Getränke geordert und am Büchertisch kaufen sich die begeisterten Zuhörerinnen und Zuhörer Bücher, die sie sich von Dempf signieren lassen. 

Im zweiten Teil der Lesung spricht Dempf mit Idrizovic auch über die Arbeitskämpfe in Augsburg, beim Übergang zur Industrialisierung. Schließlich galt Augsburg, sogar bis vor einigen Jahrzehnten noch, als ein Zentrum der Textilindustrie. Was aber nicht unbedingt ein Segen für die Stadt war. In dieser Branche wurde unter schlechten Arbeitsbedingungen auch noch schlecht verdient. 

"Es war kein Problem für mich auf Anna Barbara Gignoux zu stoßen, denn in Augsburg gibt es immer noch ein großes Gebäude, die Fabrique in meinem Roman, das im Lechviertel existiert. Daran ist eine Tafel mit ihrem Porträt und etwas Text zu ihrer Person zu sehen. Alles darauf stimmt leider nicht, wie ich durch meine Nachforschungen herausgefunden haben", erzählt Peter Dempf. 



Als Idrizovic im Gespräch mit Dempf noch erwähnt, dass mit Dempfs Büchern, die oft in Augsburg spielen, eine gute Werbung für unsere Stadt gemacht wird, kann es sich der Autor nicht verkneifen, ironisch zu erwähnen: "Ich bezweifle, dass das Marketing für Augsburg unsere Stadt in Deutschland bekannter machen kann als meine Romane". Das Publikum unterstreicht diesen Satz mit Beifall. Sicherlich ist damit auch angesprochen worden, dass sich Augsburg kaum oder gar nicht um seine Autoren wie Peter Dempf groß kümmert, obwohl damit viel zu bewirken wäre.  

 Zum Schluss spielt Rossel auf ihrem Cello noch von Johann Pachelbel "Canon in D". Applaus braust durch den Raum. Bei einem Gespräch mit dem Publikum ist mitzubekommen, dass Rossell Musik aus der Zeit ausgesucht hat, in der auch Dempfs Roman handelt.



Der Verlag Lübbe schreibt über das neue Buch von Peter Dempf: "Der stimmungsvolle Roman "Die Herrin der Farben" dreht sich um eine historisch verbürgte starke Frau des 18. Jahrhunderts. Die Welt der Farben hat es der jungen Anna Barbara Koppmair angetan. Gemeinsam mit ihrem gleichaltrigen Nachbarn Johann Friedrich Gignoux beginnt sie, Farben zu mischen. Aus Freundschaft wird Liebe, und gegen die heftigen Widerstände der Weber gründen sie einen Betrieb, in dem sie Textilien auf besondere Art und Weise färben und bedrucken: eine der ersten Kattundruckereien der Stadt. Als Johann viel zu früh stirbt, ist die junge Witwe Gignoux auf sich allein gestellt. Ihr Unternehmen weckt Begehrlichkeiten. Eine überstürzte Heirat erweist sich als fataler Fehler. Kann sie ihr Reich der Farben für sich und die Kinder retten?"

Peter Dempf, geboren 1959 in Augsburg, studierte Germanistik und Geschichte und unterrichtet heute an einem Gymnasium. Der mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnete Autor schreibt neben Romanen und Sachbüchern auch Theaterstücke, Drehbücher, Rundfunkbeiträge und Erzählungen. Bekannt wurde er aber vor allem durch seine historischen Romane. Peter Dempf lebt und arbeitet in Augsburg.

Kritiker meinen zu diesem Dempf-Roman: "Anna Barbara Gignoux musste sich zeitlebens gegen die unter dem Großteil der Männer verbreitete Ansicht behaupten, Frauen seien für die 3 Ks sowie evtl. als schmückendes Beiwerk und zur Befriedigung sexueller Bedürfnisse da, verfügten jedoch keinesfalls über so etwas wie geschäftliche Kompetenz."

Eine weitere Buchbesprechung lobt: "Dieser Roman über  Anna Barbara Gignoux war nicht mein erstes Buch von Peter Dempf und so überraschte es mich auch nicht sonderlich, hier wieder auf die mir bei einem guten historischen Roman wichtigen Drumherums zu stoßen: Ein Personenverzeichnis, in dem die fiktiven von den realen Menschen unterscheidbar gemacht wurden, ein Glossar sowie Anmerkungen des Verfassers." 

Oder: "Mittels exakter Recherche und einem ausgewogenen Maß an Phantasie hat Autor Peter Dempf diese ansprechende und fesselnde Geschichte gewoben – realistisch gezeichnete Personen, ein gut vorstellbares Umfeld, interessante Informationen zu Tuchen, Farben und Verhandlungsgeschick, sowie übersichtlich beschriftete Kapitel lassen das Lesen des Lebensweges von Anna zu einem wahren Vergnügen werden. Der Sprachstil ist flüssig, die zeitlichen Episoden klug gewählt, sodass die Handlung stets kurzweilig bleibt und eine gewisse Spannung vorherrscht."

P.S.: In der Buchhandlung am Obstmarkt gibt es noch einige signierte Exemplare des Dempf-Buches "Die Herrin der Farben" zu erstehen.










Autor Peter Dempf, Cellistin Ruth Rossel und Buchhändler und Veranstalter 
Kurt Idrizovic.


Peter Dempf: Die Herrin der Farben / Lübbe / 512 Seiten / ISBN: 978-3-404-18864-2 / 13,00 Euro

Kommentare