Umbruch nach Fast-Abstieg: Das AEV-Team 2023/24

Augsburger Jungs (v.l.n.r.): Moritz Elias, Christian Hanke, Alexander Oblinger, Jerome Flaake, Marco Niewollik, Niklas Länger und Markus Keller.


Einen vergleichbaren Umbruch mit 15 Abgängen, nur zehn bleibenden und 17 neuen Spielern gab es seit dem Aufstieg des AEV in die damals neu gegründete DEL vor dreißig Jahren nur einmal: Nach der Vizemeisterschaft 2010. Als damals Zweiter waren Augsburgs Spieler umworben und wurden nach dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte innerhalb der Liga abgeworben. Ganz anders nach dem Fast-Abstieg in 2022/23: Um nicht wieder in Abstiegsnöte zu kommen, trennten sich die Panther selbst von einer Vielzahl ihrer Spieler und besetzten die meisten Positionen neu. Auch von langjährigen Fan-Lieblingen wie Brady Lamb und Drew LeBlanc verabschiedete sich der AEV.

Der neue Trainer Christof Kreutzer
und die Auswirkungen des Doch-nicht-Abstiegs 

Die Trainer der vergangenen Saison sind Geschichte: Kai Suikkanen hatte zu Weihnachten die undankbare Aufgabe von Pete Russell übernommen, ein verunsichertes und seltsam zusammengestelltes Team zum Klassenerhalt zu führen - was ihm absurderweise nur mit Hilfe durch jenen Pete Russell gelang. Der wechselte nämlich nach der Demission zurück nach Ravensburg und wurde mit den Towerstars Meister der DEL2 – Glück für den AEV, der bei einem Zweitligameister aus Dresden, Krefeld oder Kassel abgestiegen wäre, während sich Ravensburg nicht um eine Aufstiegslizenz beworben hatte.
Christof Kreutzer (Trainer)

Vor allem der Aufstieg des souveränen Hauptrundenersten Kassel wurde von Fans und Experten als kaum abwendbar angenommen. In der zweiten Liga sind nur sechs nichtdeutsche Spieler erlaubt (statt neun bzw. zehn in der DEL), und so konzentrierte sich der neue Headcoach Christof Kreutzer in seiner Funktion als Sportdirektor zunächst auf deutsche Spieler, die er sowohl in der DEL als auch der DEL2 einsetzen konnte. Erst Mitte April, nach dem Klassenerhalt, agierten Kreutzer und die Panther GmbH auch auf dem Kontingentspielermarkt und verpflichteten die ersten Ausländer sowie Deutsche für die dreißigste Saison in der 1. Liga.



In der Kabine wird schwäbisch g’schwätzt:
„Augsburger Jungs“ und weitere Schwaben

Wie in der Erfolgssaison 2019 ist das Pantherteam 2023/24 stark lokal geprägt. Damals wie heute besteht der deutsche Kern der Mannschaft aus in Bayerisch-Schwaben ausgebildeten Spielern, jetzt mit noch mehr aus der Stadt Augsburg bzw. hier ausgebildeten Rückkehrern.

In Augsburg geboren ist Alexander Oblinger, der mit 13 Jahren vom AEV-Nachwuchs ins Eishockey-Internat der Eisbären Berlin wechselte und lange Jahre anderswo in der DEL erfolgreich spielte (Meister mit Ingolstadt, ausgerechnet…). Ebenfalls nur für Nachwuchsteams des AEV lief Jerome Flaake auf, der nach der Vizemeisterschaft mit Ingolstadt nach Augsburg zurückkehrt.

Nicht so lange hielt sich Stürmer Moritz Elias bei anderen DEL-Teams auf: Er wechselte mit 13 in die Kaderschmiede der Adler Mannheim und spielte für die Jungadler, diverse deutsche Nachwuchs-Nationalmannschaften und die Heilbronner Falken in der DEL2, außerdem in der DEL für Nürnberg und Mannheim. Elias ist einer der U23-Spieler der Panther.

Dasselbe gilt für den gebürtigen Augsburger Niklas Länger, der in seine dritte U23-Saison für die Panther geht. Auch Marco Niewollik und Christian Hanke stammen aus dem AEV-Nachwuchs. Die beiden sind nicht nur für den Panther-Kader lizenziert, sondern wurden wie der Goalie Niklas Grassinger mit Förderlizenzen für den Oberligisten EC Peiting ausgestattet, wo sie Spielpraxis im Herrenbereich sammeln sollen.

Ebenfalls aus dem Regierungsbezirk Schwaben stammen Dennis Endras, Simon Sezemsky und Leon van der Linde, Tim Schüle und Justin Volek sind württembergische Schwaben. Neben der internationalen Eishockeysprache Englisch wird also hauptsächlich Schwäbisch g’schwätzt in der Augschburger Kabine.


Die Torhüter

Dennis Endras, Markus Keller, Niklas Grassinger, Cole Danielsmeier

Markus Keller war die erste Verpflichtung unter Headcoach Kreutzer: Von ihm war bekannt, dass er es in der DEL2 kann, er war Playoff-MVP bei Kassel und vor sechs Jahren Meistergarant. In der DEL war er meistens eine zuverlässige Nummer 2 im Tor, musste jedoch nach Dennis Endras‘ Verletzung ständig spielen. Dabei hielt er sein Team zwar fast immer bis zum Schluss im Spiel, aber in der Crunchtime, den Minuten vor Spielende, versagten seine Vorderleute (zu) oft, verschenkten hohe Vorsprünge und konnten knappe Spiele nie für sich entscheiden. Spätestens beim sechs gegen fünf (ohne Torhüter) kassierten die Panther entscheidende Treffer ins verlassene Tor, oder sie mussten gegen sechs gegnerische Feldspieler den späten Ausgleich schlucken.

Markus Keller (Tor)

Ein fitter Dennis Endras kennt diese Situationen und hat sie mit Mannheim oft erfolgreich gemeistert. In der vergangenen Saison verletzte er sich jedoch nach gutem Saisonstart längerfristig und fand danach kaum zu alter Form. Auf den Schultern des letztjährigen Rückkehrers (Vizemeister mit dem AEV 2010) lastet die Verantwortung, dieses Jahr länger durchzuhalten und seine Mannschaft vor dem letzten Platz zu bewahren.
Dennis Endras (Tor)

Die Verteidiger

David Warsofsky, Jordon Southorn, Mirko Sacher, Simon Sezemsky, Max Renner, Tim Schüle, Niklas Länger (U23), Leon van der Linde (U23)

Dave Warsofsky (Verteidigung)

 Tim Schüle (Verteidigung)

Max Renner (Verteidigung)


Auch ohne die als Stürmer eingeplanten Alexander Oblinger und Mick Köhler (beide spielten auch schon als Verteidiger) stehen mit acht ungewöhnlich viele Verteidiger im Kader. Eine Situation wie im Januar, als nach der Verletzung von Niklas Länger nur fünf Abwehrspieler eingesetzt werden konnten erscheint deshalb unwahrscheinlich. Mit Leon van der Linde kommt aus Kaufbeuren ein zweiter U23-Verteidiger, der im Allgäu schmerzlich vermisst wird und wertachabwärts für weitere Furore sorgen soll.
 Leon van der Linde (Verteidigung)

Jordon Southorn (Verteidigung)

Niklas Länger (Verteidigung)

Falls Dave Warsofsky – nach Brady Lambs Abgang der neue Nr.-1-Verteidiger – sich nicht wieder schwer verletzt ist der Kanadier hauptverantwortlich für den Spielaufbau, auch im Powerplay. Von Simon Sezemsky erhofft man sich Tore wie 2018 bis 2020, als er beim dritten Platz und in der Champions Hockey League zu den Erfolgsgaranten zählte.
Mick Köhler (Verteidigung)

Die zweite Ausländer-Lizenz wird vergeben an Jordon Southorn, der als Kapitän des HC Kosice im April zum zweiten Mal den slowakischen Meisterpokal stemmen durfte. Seine durchgehend positive Plus-Minus-Statistik lässt ausgeprägt gutes Defensivverhalten erwarten, hinzu kommen gute Werte beim Skoren: 2019 war er treffsicherster Verteidiger in der Slowakei.
Mirko Sacher (Verteidigung)

Simon Sezemsky (Verteidigung)


Mick Köhler sorgte im April mit dem EC Bad Nauheim durch den Playoff-Sieg gegen die Kassel Huskies für den Klassenerhalt der Panther und kämpfte sich so selbst in die erste Liga, die er jetzt natürlich halten soll und will.

Die Stürmer

TJ Trevelyan, Samuel Soramies, Alexander Oblinger, Matt Puempel, Luca Tosto, Jerome Flaake, Luke Espositio, Anrei Hakulinen, Chris Collins, Zack Mitchell, Jere Karjalainen, Niklas Andersen, Justin Volek, Christian Hanke, Marco Niewollik (U23), Moritz Elias (U23)
Alexander Oblinger (Sturm)

Justin Volek (Sturm)

Christian Hanke (Sturm)

Den in den Augen vieler Fans schmerzlichsten Abgang – Drew LeBlanc wird nach acht rotgrünweißen Jahren nur zweimal mit Iserlohn im Curt-Frenzel-Stadion spielen – sollen sechs Deutsche, zwei Finnen, zwei Kanadier, je ein US-Amerikaner und ein Däne wettmachen.
Jere Karjalainen (Sturm)

Samuel Soramies (Sturm)

Besonderes Augenmerk verdient das finnische Duo, das zuletzt zusammen für Lukko Rauma spielte: Center Anrei Hakulinen soll dem rechten Flügelstürmer Jere Karjalainen die Tore auflegen, möglicher dritter Mann im 1. Sturm ist Matt Puempel, der aufgrund seiner Herkunft jetzt als Deutscher lizenziert wird oder Vizeweltmeister Sam Soramies, dessen Vater ein in Deutschland lebender Finne ist. Es sind also nicht nur die beiden Stürmer und sowie Co-Trainer Juha Nokelainen, die für den finnischen Anstrich des rotgrünweißen Teams sorgen: Für eine gute und schnelle Integration der neuen Skandinavier gibt es Sam Soramies und Markus Keller, der mit einer Finnin verheiratet ist. Auch Kellers Torhüter-Kollege Dennis Endras kennt das finnische Eishockey näher: Er spielte ein Jahr in Helsinki für HIFK.
 Anrei Hakulinen (Sturm)

T.J. Trevelyan (Sturm)

Luke Esposito (Sturm)

Luke Esposito trägt einen bei Eishockeyfans berühmten Namen, ist aber mit den beiden NHL-Stars Phil und Tony nicht verwandt oder verschwägert – er ist Neffe des noch größeren Stars Mark Messier. Der Center spielte zuletzt mehrere Jahre für Bakersfield in der AHL, besser als dort hatte er jedoch auf College-Eis geskort, das europäische Maße hat. Der zweimalige NCAA-Champion möchte an seine dortigen Erfolge anknüpfen und meint: „In der NCAA konnte ich schon viel auf der größeren Eisfläche spielen und denke, dass das meinem Stil entgegenkommen wird.“
Chris Collins (Sturm)

 Moritz Elias (Sturm)

Auch der Name Chris Collins kommt AEV-Fans bekannt vor, auch einer der Vizemeister-Helden heißt so. Der neue Chris Collins ist wesentlich größer als der alte (1,86m), aber in Österreich ähnlich treffsicher wie der alte beim AEV: Nach 204 Spielen mit 159 Punkten für Villach wechselt er nach Augsburg.
 Matt Puempel (Sturm)

Zack Mitchell (Sturm)

Beim Namen Zack Mitchell klingelt’s ebenfalls bei den AEV-Fans, aber wieder ist es die falsche Glocke: Keine Verwandtschaft besteht zum langjährigen Coach Larry. Zack Mitchell kann auf 35 NHL- und 109 KHL-Spiele zurückblicken, zuletzt spielte er in der Schweiz, stand aber nach einer mittlerweile ausgeheilten Schulterverletzung für den HC Ambri-Piotta nur einmal auf dem Eis.
 Luca Tosto (Sturm)

 Niklas Andersen (Sturm)

Marco Niewollik (Sturm)

Die vorerst letzte Ausländerlizenz geht an den dänischen Nationalspieler Niklas Andersen, der überraschend von der Weser an den Lech wechselt. Andersen spielte drei Jahre für die Fischtown Pinguins, Trainer Kreutzer erwartet sich vom DEL-erfahrenen Wing gutes Skating und einen „sehr guten Schuss“.
Jerome Flaake (Sturm)

Masse statt Klasse – reicht das zum Klassenerhalt?

Fans und Medien können die neuen Panther noch nicht richtig einordnen, vor allem die Torhüter-Situation bereitet vielen im AEV-Forum Bauchschmerzen. In der Abwehr und im Sturm halten viele die Mannschaft für überbesetzt, hoffen aber trotzdem auf eine schnelle Reaktion, falls wie im vergangenen Jahr früh Schüsselspieler ausfallen (Puempel, Warsofsky, Endras…) oder ihrer Form nachlaufen sollten. Matt Puempels deutscher Pass bietet die Möglichkeit hier schnell zu reagieren.

Christof Kreutzer will „emotionaler“ spielen lassen und das Motto „PURE EMOTION“ wieder mit Inhalt füllen, eine Aufgabe für Mick Köhler und vor allem Alexander Oblinger, der sich mit seiner als hart bekannten Spielweise in die Herzen der Fans kämpfen möchte.

Auf der anderen Seite fällt auf, dass Kreutzer bei der Stürmer-Akquise Wert legte auf gutes Backchecking, seine letzten Teams Schwenningen und Düsseldorf fielen oft durch den sprichwörtlich vorm Tor geparkten Bus auf, schnelle Stürmer sorgten für die Tore.

Ob diese Taktiken aufgehen, wird sich während der Vorbereitung zeigen – Highlights hier sind die traditionelle Teilnahme beim Dolomiten Cup (19. und 20. August), vor allem aber der Sonderzug nach Bad Nauheim am 10. September: Dort möchten sich Club und Fans fürs Ausschalten der Kassel Huskies und den damit verbundenen Klassenerhalt der Panther bedanken.

Außerdem präsentieren sich die Teams – Profi-Panther und Nachwuchsmannschaften – am 12. August beim AEV-Sommerfest ab 9:30 Uhr den Eishockeyfans.

Mitte September startet der AEV in die 30. DEL-Saison in Wolfsburg (15.9.) und zuhause gegen Frankfurt (17.9.)

Altes Trikot.

AltesTrikot

Die Panther erinnern mit den weißen und roten Trikots an "30 Jahre DEL". Ins sonst schlichte Design wurden die Sterne integriert, die es auf den Jerseys der Aufstiegs-- und der Premierensaison schon einmal gab.

Die Goalies

Die Goalies

Dasneue AEV-Panther-Team

Banksy


Text und Fotos: George Stadler
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Mehr Information zu den Augsburger Panthern (AEV) ist hier.



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