Budapester Puppenmuseum: Geniale Gitarrenarbeit und Hexenkesselzauberei!



Glitzer-80s-Spaceman, Drummer-Legende,
 zuckender Sänger, Zombie-Krankenschwester und vielleicht der beste Bassist in Augsburg

Konzert der Augsburger Schockrockband Budapester Puppenmuseum am Mittwoch 13.12.2023 im Musik-Club Spectrum


It might be a vision ...', so das Motto im Inlay des brandneuen Outputs 'Spooktakular Affairs' aus dem Hause Budapester Puppenmuseum. Na denn auf, auf in eine Scheinwelt zwischen Realität und (Alb-)Traum, zwischen Wirklichkeit und Wahnsinn, in welche uns die Band  im Augsburger Spectrum entführen will. Ein paar mehr Kreuze und Grabsteine hätten's anlässlich der anstehenden Releaseparty auf der Bühne schon sein können, aber die sind teuer, und wer sich vier Jahre lang in der Gruft ausruht, muss halt auch erstmal die nötigen Groschen verdienen, was im Beruf Shockrocker ohnehin schon schwer genug ist. 

Harald Kranz singt über Midnight Funeral und Black Holes.
(Foto: Florian Klinger)

Allerdings hat die temporäre Abstinenz der zum Quintett angewachsenen Formation – Keyboarder Ezra Almunkat bereichert seit geraumer Zeit das Gruselkabinett – der Treue ihrer Fans keinen Abbruch getan. Das Spectrum (oder wie der als Harald Kranz reinkarnierte Sänger U. Albin Konrady meinte: Spekulatius Club, wohl wegen Advents- und Weihnachstzeit) ist mehr als gut gefüllt, zwar bestuhlt, dennoch stehen die Zuschauer in allen Gängen bis weit hinter die Bargrenze.

Rolf Spechtmeister am Bass und Mikro
beim Budapester Puppenmuseum.
(Foto:Florian Klinger)

Doch bevor der Mummenschanz seinen Lauf nehmen soll, darf ein junger Barde namens Jomelta den Anwesenden einheizen. Ob letzteres gelang, bleibt das berühmte zweischeidige Pferd. Sangen und klatschen die Leute zwar am Ende der Performance beim Madonna-Cover 'Like A Prayer' und seinem Titel 'Hope' lustig mit, dennoch wussten viele mit den Singer-Songwriter-Stücken Jomeltas, der stimmlich als eine Kreuzung zwischen Ronan Keating und James Blunt, optisch wie eine Jugendversion von Helge Schneider daherkam, nicht ganz so viel anzufangen. Schön vorgetragen, fein arrangiert die Songs, die zwischenzeitlichen Ansagen aber eher nervend. Man breche keinen Stab über ihn, war schließlich sein erster Auftritt, seine musikalische Entjungferung, vor größerem Publikum.

Jomeltas erster Auftritt.


Umbauphase gibt's so gut wie keine. Jeder darf ne Zigo schlürfen und kurz Pipi machen, dann soll die Wilde Hatz beginnen. Nach kurzem Horror-Intro entlässt der Zirkus seine Tiere und das Budapester Puppenmuseum brettert mit dem Opener des neuen Albums 'The Nun' los. Jolanda Szabo an der Gitarre, wie immer im Zombie-Krankenschwester-Outfit, ein zuckender Harald Kranz, Glitzer-80s-Spaceman Almunkat, Drummer-Legende Ronald Danner und vielleicht der beste Bassist Augsburgs Rolf Spechtmeister führen in den folgenden 100 Minuten durch ein Potpourri ihrer beiden Alben, wobei der Fokus weder auf dem Erstling 'The Fate Of Ronald Danner' noch auf der neuen Scheibe liegt.

Ronald Danner: Drummer wie ein erbarmungloses Power-Uhrwerk.
(Foto: Martin Vill)

Schon erstaunlich, wie es der Fünfer schafft, zig grundverschiedene Genres, beziehungsweise musikalische Stilrichtungen unter dem Banner Budapester Puppenmuseum unter einen Hut zu bekommen und zu einer in sich stimmigen Show zusammenzubrauen. Doch allein schon die Präsenz der einzelnen Charaktere trägt hierzu viel bei. Da steht ein 'Lochlied' wie 'Black Holes', wie Kranz ankündigt, welches nach Powerwolf oder Lordi klingt, neben einer schrägen deutschsprachigen Polka-Nummer, 'El Accidente', das 'Mexico-Lied', intoniert von Basser Spechtmeister, aufgebaut auf dem Riff von UFOs 'Rock Bottom' und garniert mit einprägsamen Synthie-Sprengseln, neben einem Hardrock-Tango wie 'Megabit In Love' oder das nun tatsächlich an den König des Shockrock Alice Cooper erinnernde 'The Night Of Ronald Danner' (letzte Zugabe) neben dem Key-lastigen, fast poppigen 'The Dark Triangle'. 

Jolanda Szabo an der Gitarre beim Budapester Puppenmuseum.
(Foto: Florian Klinger)

Apropos Alice Cooper: auch er hat sich zeitlebens nie in Schubladen pressen lassen, sich nie einem Genre angebiedert und seiner Künstler-Schnauze freien Lauf gelassen. Er dürfte stolz auf seine Erben sein. Herauszuheben sind in jedem Fall die teilweise geradezu geniale Gitarrenarbeit Szabos, hier wird ein irrwitziges Solo nach dem anderen aus dem Ärmel geschüttelt, natürlich die absoluten Entertainer-Qualitäten Kranz', der nicht nur stimmlich, sondern auch durch ironisch-witzige Ansagen glänzt, und nicht zuletzt der Mann am Licht. 

Die Lightshow war phantastisch und des Anlasses zur Gänze würdig. Songtechnische Highlights gab's so einige. Jedoch stachen die neue Single 'Midnight Funeral', straight gehaltener Hardrocker mit extrem erhöhtem Ohrwurmfaktor, und die zweite Zugabe 'Stewardessessass', superbe Halbballade, die den Schreiberling, warum auch immer, an Konstantin Wecker erinnerte, nochmal heraus.

Ezra Almunkat am Keyboard: Glitzer-80s-Spaceman.
(Foto: Martin Vill)
 
Kurzum: das Museum hat sich mit einem Knalleffekt zurückgemeldet und die vier Jahre Auszeit vorzüglich genutzt, ein tolles Album aus dem Hexenkessel zu zaubern. 

Holt Euch 'Spooktakular Affairs' (am besten natürlich als echtes Produkt zum Anfassen) und vor allem, nutzt die nächste Gelegenheit, Euch die Band live anzuschauen, denn nur so wird die musikalische Vision manifest und die Typen hinter den Nummern treten aus den Schatten. Im Spekulatius Club hat an diesem regnerischen Mittwoch-Abend mit Sicherheit keiner bereut, sich in die Gruselmanege entführen zu lassen.

Das neue Album 'Spooktakular Affairs' vom Budapester Puppenmuseum.
Zu bekommen über E-Mail an: jolanda.szabo.b.p.m@gmail.com



Bericht: Dennis Fuxx

Mehr Fotos, Musik und Information zum Budapester Puppenmuseum gibts hier.


Film-Clip zum neuen Album: Midnight Funeral

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