Das Stadtcafé der Stadtbücherei Augsburg, das für diese Veranstaltung in "Café Europa" umbenannt wurde, war voll besetzt, als Jörg Seinsch, Roman Deininger und als Moderator Kurt Idrizovic am Montag Abend, 27. Mai 2024, ab 19.30 Uhr, über die Zukunft Europas debattierten. Jörg Seinsch referierte als SPD-Kandidat für das Europaparlament zum Thema "Europa: Auslaufmodell oder Friedensprojekt?".
Der Publizist und Autor Robert Menasse stellt uns in seinem soeben erschienen Buch: „Die Welt von morgen“ die Frage, was denn die Gemeinsamkeit, das Verbindende sein kann – bei all den Unterschieden von Sprache, Kulturen, Mentalitäten und Traditionen in Europa? Und er gibt uns die Antwort: Einheit in Vielfalt. Das wäre, so Menasse, zu jedermanns Nutzen. Aber wie soll das gehen? Welche Rolle kann Deutschland spielen? Welche Rolle sollte Deutschland spielen? Und wie können wir ein „Auslaufmodell Europa“ verhindern?
Neulich hatte der französische Präsident Emmanuel Macron die schockierende Behauptung gemacht: „Europa ist sterblich!" Ist also Europa noch überlebensfähig? Woran kann man das erkennen? Europa und Deutschland bestehen aus Bundesländern, Städten, Landkreisen, Regionen, Bezirken. Gibt es Unterschiede? Ein Stadt-Land-Gefälle? Ein West-OstGefälle? Welche Rolle spielen die rechten Kräfte im Wahlkampf im Wahlergebnis? Muss man mit dem Schlimmsten rechnen – die Rechte legen zu? Woran erkannt man eigentlich eine europäische Identität? Wann ist man Europäer? Diese und einige andere Fragen stellte Idrizovic in den Raum. Er wollte vom Politiker Seinsch wissen, was dieser persönlich von der Idee Europa halte, was er daran ändern und verbessern wolle. Ebenso interessierte sich Idrizovic für die Meinungen, die Seinsch bei seinen Informationsveranstaltungen von den Bürgern zu Europa hört und was Seinsch dazu sagt.
Seinsch erklärte, dass ihm das Modell Europa gut gefalle, dass aber noch sehr viel getan werden müsse, um diese Idee besser in den Köpfen und Herzen der Europäer zu verankern. Dafür würde er sich stark engagieren, wenn er am 9. Juni 2024 ins Europäische Parlament gewählt würde. Eine gute Zukunft für Europa ist ihm sehr wichtig. Er will sie nicht denen überlassen, die lieber zocken und zerstören, was über Generationen aufgebaut wurde.
Wir reden ganz selbstverständlich vom Euro, der Euro-League, jetzt steht sogar die Europa-Meisterschaft an. Da müsste doch was zu machen sein?
"Der europäische Mensch will nicht mehr kämpfen. Nicht um Prinzipien, nicht um Territorien, nicht einmal um die Unversehrtheit der eigenen Autonomie. Stattdessen: Verabschiedung der Helden, Leugnung des Ernstfalls, kurz: die Ausfahrt aus der Weltgeschichte in die Ferien", zitierte Idrizovic den Philosophen Peter Sloterdijk. Die Europäer hätten sich mit ihrer nahezu verpflichtungslosen Mitgliedschaft in der EU in einer komfortablen Indifferenz eingerichtet, als Endverbraucher eines Komforts, von dessen Entstehungsbedingungen er nicht mehr den geringsten Begriff hat. Darum geht auch keiner wählen. Und vor allem hat niemand mehr einen Schimmer von den historischen Voraussetzungen ihres Zufallsprodukts Europäische Union. Diese Sätze standen auch zur Debatte.
Aus München angereist war Roman Deininger, Chefreporter der Süddeutschen Zeitung, vor einigen Jahren bereits mit seinem Kollegen Uwe Ritzer in Augsburg zu Gast. Damals wurde das Buch „Die Spiele des Jahrhunderts. Olympia 1972, der Terror und das neue Deutschland“ vorgestellt. Er ist der Europa-Experte des Süddeutschen Zeitung.
Er berichtete über seine Zeit als Korrespondent in Brüssel. Von den vielen Organisationen, Ländern, Politikern und Gebäuden. Was ganz schön verwirrend sein kann und eine Weile dauert, bis man den Durchblick hat. Er findet, dass aus Brüssel zu wenig berichtet wird, um mehr Interesse zu wecken. "In Berlin gibt es viel mehr Journalisten", weiß er. Ein Europa in der Krise konnte er in Brüssel nicht erkennen. "In dieser Hauptstadt der Idealisten leben begeisterte junge Menschen, die von einem vereinten Europa träumen", erzählte er den Besuchern des kurzzeitigen "Europa-Cafés".
Kommentar: Einige sachkundige Besucher hatten von Jörn Seinsch einen guten Eindruck, weil er nich wie ein aalglatter Politiker sprach und agierte. Sie vermuten sogar, dass Seinsch, dessen Vater einst den Augsburger Fußball Club (FCA) erstklassig machte, vielleicht zum Oberbügermeister-Kandidaten der Augsburger SPD aufgebaut wird. "Dabei macht es nichts, wenn es mit der Wahl ins Europa-ParlamStadtbüchereiappt", war von SPD-Insidern an diesem Abend zu hören. "Der spricht druckreif", war eine von vielen guten Meinungen über den sympathisch rüberkommenden Newcomer-Politiker.
Fotos: Lina Mann
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