Kanu-König Karl Heinz Englet: Der Mann des Feuers feiert seinen 85. Geburtstag!

 

Karl Heinz Englet im Kanu.

"Bis heute ein bewegendes Gefühl!"
Interview mit Karl Heinz Englet, lebende Kanu-Legende vom Augsburger Eiskanal zu seinem 85. Geburtstag am 11. Juni 2024

Karl Heinz Englet konnte nicht nur viele nationale und internationale Triumphe als Kanusportler erringen. Er war auch als Sportartikel-Repräsentant für einige Firmen erfolgreich unterwegs. Sein Wirken als Marketing-Manager an der Augsburger Kanustrecke am Eiskanal ist mehr als bemerkenswert.

Englet war Mitbegründer der Kanu-Abteilung beim TSV Schwaben Augsburg. 
Der Pool für viele Kanu-Siege.


NAR-Frage: Lieber Karl Heinz, Gratulation zu deinem 85. Geburtstag. Sag mal, du wurdest doch am 11. Juni 1939 in München geboren, wie kamst du denn nach Augsburg an den Eiskanal, der 1972 auch durch dich zur Kanu-Olympiastrecke wurde?

Karl Heinz Englet: Schon im September nach meiner Geburt begann der schreckliche Zweite Weltkrieg. Ja, mein Vater war ein leitender Angestellter im Rüstungsbetrieb Dornier-Werk, die Flugzeuge herstellten. Nach dem Krieg. Im Herbst 1945, bekam mein Vater als Nazi-Unbelasteter ein Angebot in Augsburg als Verantwortlicher zur Betreuung der Lechkanäle. Wir zogen dann in den folgenden Weihnachtstagen nach Augsburg um. Von der Isar an den Lech. Mein Bruder Günther und ich wuchsen ziemlich einsam in einem Haus am Hochablasswehr auf. Ringsum nur Wald.

NAR-Frage: Und wo war die nächste Schule für dich?

Karl Heinz Englet: Das war die Volksschule am Roten Tor. Ich musste damals mit dem Schulranzen 5 km in die Schule und 5 km wieder nach Hause laufen. Immerhin bekam ich dadurch schon eine gewisse Grundkondition, die ich später gut gebrauchen konnte.

Der junge Englet auf seinem ersten selbst gekauften Fahrzeug.



NAR-Frage: Als Kanu-Fahrer, war das sicher von großem Vorteil. Wie kam es zu deiner Begeisterung für den Kanu-Sport?

Karl Heinz Englet: Mein Vater baute mir aus einer Bombenschale mein erstes Boot. Mit diesem merkwürdigen Metall-Kahn durchfuhr ich alle Bäche im Siebentischwald, damit durchforschte ich auch den damals noch wie einen Urwald zugewachsenen Kuhsee. Die anderen Kinder nannten uns die Kuhsee-Indianer. Das Paddeln wurde zu meiner Lieblingsbeschäftigung.

NAR-Frage: Wann war dein erstes Wettrennen mit dem Kanu?

Karl Heinz Englet: Das war als 14jähriger im Herbst 1953 in Rosenheim. Ich kam dabei unter 50 Konkurrenten, die alle älter waren, immerhin auf den 6. Platz.

Das Hochzeits-Foto mit Brigitta und Karl Heinz von 1962.


NAR-Frage: Wann war dein erster großer Erfolg als Kanu-Sportler?

Karl Heinz Englet: Das war 1958 in München bei der dortigen 800-Jahr-Feier. Auf dem Isar-Kanal an der Floßlände wurde ich mit einem grandiosen Sieg Deutscher Meister.

NAR-Frage: Die Süddeutsche Zeitung schrieb von einem „neuen Stern am Kanu-Himmel“. Jetzt kommt eine ganz wichtige Frage in deinem Leben. Erzähl uns bitte, wie es 1972 zur Olympia-Strecke für Kanus in Augsburg kam als die Olympiade in München war.

Karl Heinz Englet: Fälschlicherweise wird oft behauptet, dass ich den olympischen Kanu-Slalom nach Augsburg geholt hätte. Tatsächlich war es ein hoch professionelles, gut funktionierendes Quartett bestehend aus Oberbürgermeister Wolfgang Pepper, Sportbürgermeister Hans Breuer, Sportjournalist Robert Deininger und meine Wenigkeit. Ein neuer Eiskanal quer durch die Wiese zum Lech musste entstehen.

Den Augsburger Autor Bert Brecht schätzt der Kultur-Freund Karl Heinz Englet sehr. 

NAR-Frage: Eine spannende Geschichte, wir können unseren Leserinnen und Lesern nur dein Buch „Der Mann des Feuers“ empfehlen, wo alles über dieses olympische Abenteuer für Augsburg drin steht. Du konntest dich allerdings nicht am olympischen Wettkampf im Kanu-Slalsom beteiligen.

Karl Heinz Englet: Nein, ich musste vom Sportler zum Funktionär werden, zum Slalom-Sportwart.

NAR-Frage: Immerhin durftest du zur Eröffnung des olympischen Wettkampfs dann das olympische Feuer durch Augsburg zum Eiskanal tragen.

Karl Heinz Englet: Ja, so wurde ich zum Mann des Feuers. Es war am Montag, 28. August 1972, das olympische Feuer erreichte nach mehreren Stafetten durch Augsburger Vereinssportler den Eiskanal. Heute noch ein berührender und lebendiger Moment für mich. Kurz vor 12 Uhr übernehme ich mit meiner Schluss-Stafette die olympische Fackel. 30.000 Menschen im Kanu-Stadion erwarten mucksmäuschenstill meine Ankunft. Pünktlich um 12 Uhr entzünde ich die Flamme am Austragungsort. Der stürmische Jubel klingt mir immer noch im Ohr. Bis heute ein bewegendes Gefühl, zu diesem einmaligen Ereignis auserkoren worden zu sein. Ganz Augsburg feierte sich als Olympia-Stadt. Sicher für die Ewigkeit. Denn olympische Spiele wird es in Augsburg nie mehr geben.

NAR-Frage: Lieber Karl Heinz, das ist ein großartiges Erlebnis für dich gewesen. Es folgten dann noch viele Ereignisse am Augsburger Eiskanal an denen du beteiligt warst. Inzwischen genießt du die sportlichen Ereignisse an der olympischen Kanu-Strecke mit Gelassenheit. Wir wünschen dir viel Freude beim Feiern deines Geburtstages.

Karl Heinz Englet: Danke! Inzwischen ist ja auch die Kanu-Strecke am Eiskanal ein Stück des UNESCO-Welterbes der Wasserstadt Augsburg geworden. Das feiere ich gerne mit.




Das Interview stellte Arno Loeb mit den Texten aus dem Buch
Der Mann des Feuers zusammen, das im Context-Verlag erschienen ist.


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