Spielberger zum umstrittenen Theater-Umbau: "Wie konnte es soweit kommen?" Chaos nach Architekten-Kündigung?

Beim heftig umstrittenen Gebäude-Umbau des Augsburger Staatstheaters wurde vor einigen Tagen die Kündigung des Architekten-Teams Achatz für den zweiten Bauabschnitt des großen Theatergebäudes am Augsburger Kennedy-Platz bekannt. Team Achatz wurde per Dringlichkeitsentscheidung durch den Baureferenten Steffen Kercher und Oberbürgermeisterin im Alleingang gekündigt. Die bisherigen geschätzten Kosten haben sich bis dahin schon auf 417 Millionen Euro hochgeschaukelt. 




Der Augsburger Bauträger und Grundstücksentwickler Bernhard Spielberger mit über 34 Jahren praktischer Berufserfahrung, gerade mit komplizierten Bauvorhaben, stellt sich die Frage, wie es so weit kommen konnte, dass das bisherige Architekturbüro beim Augsburger Theater-Umbau gekündigt werden musste und ob dies tatsächlich keine weiteren Verzögerungen und Mehrkosten mit sich bringen wird.

Augsburger Theater und kein Ende

Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber verweist in einem Zeitungs-Interview bei der Frage, ob die Stadt diesem großen Einzelprojekt gewachsen ist, auf das städtische Projekt-Team für die Theatersanierung. Wie konnte es dann überhaupt so weit kommen, dass die Stadt dem äußerst renommierten Architekturbüro, welches gerade in der Theatersanierung große Erfahrung (jedenfalls erheblich mehr, als das städtische Projektteam) aufweisen kann, kündigen musste und dies als einzigen Ausweg sah, um „Schaden von der Stadt abzuwenden“?

Nun soll die Koordinationsfunktion für eine bestehende Planung, welches das bisherige Architekturbüro erstellt hat, mit Baubeginn 2025 neu vergeben werden. Bei einem Einfamilienhaus mag das möglich sein, bei einem derart großen Gesamtprojekt, welches wiederum aus vielen Einzelprojekten besteht, ist das aus praktischer Sicht völlig unrealistisch.
"Intensiv prüfen" Allein bei der Vergabe der Koordinationsfunktion dürfte die Klärung der Fragen zur Art und Umfang der Ausschreibung des Auftrages, der tatsächliche Aufgaben- und Verantwortungsbereich, die mögliche Haftungsübernahme bzw. -ausschluss, die Kostengrenzen etc. etc. einen erheblichen Zeitraum erfordern. Gemäß HOAI ist die Koordinationsfunktion (Bauoberleitung) mit bis zu 32% des Architektenhonorars zu veranschlagen. Kann diese Koordinationsfunktion dann „freihändig“ von der Stadt vergeben werden oder ist diese EU-weit auszuschreiben? Falls derjenige, der die Koordinationsfunktion für dieses Mammutprojekt nun neu übertragen bekommt, nicht vom ersten Tag an in die persönliche Haftung rutschen möchte, wird dieser sämtliche Pläne incl. Ausführungspläne, sämtliche Verträge mit Projektanten, sämtliche Zielsetzungen der Stadt, sämtliche Kostenschätzungen, sämtliche behördlichen Auflagen, sämtliche Förderrichtlinien, etc. sehr intensiv prüfen müssen und im Anschluss auf Fehler, Missstände, Vollständigkeit, Schlüssigkeit, Realisierbarkeit, Kostenrisiken etc. etc. hinweisen. Dies ist Grundlage für jede Koordinationsstelle.

"Es geht um Haftung"

     Ich bezweifle, dass der neu beauftrage Koordinator alles nachvollziehen kann, ihm alle Fragen schlüssig beantwortet werden können und keine Fehler bzw. zumindest erhebliche Verbesserungs- und Änderungsvorschläge finden wird. Immerhin geht es um seine Haftung und das bisherige Architekturbüro wird bei der Mitwirkung bzw. Beantwortung dieser Fragen nur wenig beitragen, da es sich diese dann gleichzeitig anlasten lassen müsste. Falls es keine Fehler geben sollte, dann würde es auch keine Gründe für die Kündigung des bisherigen Architekturbüros geben. Erfahrungsgemäß baut kein Bauoberleiter auf den Planungen des bisherigen auf, denn es ist leichter und weniger risikoreich im Hinblick auf mögliche Haftungsfragen die Projektsteuerung und Koordination selbst zu erstellen, als die von anderen zu prüfen und zu übernehmen. Diese Koordinationsfunktion (Bauoberleitung) macht nach HOAI bis zu 32% des Architektenhonorars aus. Wird das bisherige, sehr renommierte Architekturbüro so ohne weiteres auf diesen Millionenbetrag verzichten, obwohl es durch die Teilkündigung einen großen Imageschaden erlitten hat und sich dies auf zukünftige öffentliche Ausschreibungen negativ auswirken wird? Wohl kaum und falls nicht, sind das bereits die ersten Mehrkosten im Millionenbereich.

"Stadt machtlos"

Ein neuer „Koordinator“ wird nicht den Fehler machen und die bestehenden Kosten als ausreichend bewerten. Das ist völlig weltfremd. Zu seiner eigenen Sicherheit wird er nach Prüfung aller Unterlagen  zu einem neuen Kostenkalkulation kommen.

Da die Stadt den „point of no return“ längst überschritten hat, kann der neue Koordinator, dessen Honorar auch direkt proportional von der neuen Kostenschätzung abhängig ist, da aus dem Vollen schöpfen. Er wird sich im Zeitplan der Projektumsetzung größere Puffer einbauen. Auch hier geht es wieder um die persönliche Haftung.

In beiden Punkten ist die Stadt nun machtlos. Beim bisherigen Architekten hätte sie möglicherweise noch Ansprüche geltend machen können. Beim neuen Koordinator sicher nicht.

Viel Erfahrung beim Bauen und ohne Scheuklappen: Bernhard Spielberger.

Fassen wir zusammen: Vergabe der Koordination und Vertragsabschluss sowie Zustimmung durch den Stadtrat (welcher für den Vertrag wohl zuständig wäre), Überprüfung der bestehenden Unterlagen durch den neuen Koordinator, Klärung der möglichen Fragen und Neuplanung und Neu-Koordination, erst danach - mehrere Jahre bei diesem Großprojekt - kann mit der Umsetzung begonnen werden.

Alles andere endet in einem Organisations- und Kosten-Chaos.


Großes Gebäude des Augsburger Staatstheaters vor dem Umbau.
Das Banner wurde zur Abwehr eines Bürgerbegehrens gegen den teuren Umbau angebracht.


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