„Axxis san a Live-Band.“ So oder in abgewandelter Form war dieses Statement am Donnerstag, 26. März 2024, im Spectrum des öfteren zu vernehmen. Ohne den Studio-Qualitäten der Band rund um Gesangsderwisch Berhard Weiß und die Graue Keyboard-Eminenz Harry Oellers irgendwas abzusprechen, darf man das nach diesem schweißtreibenden Abend locker unterschreiben. Nach dem im Juli erschienenen 'Coming Home' und 18 weiteren Studioalben, tausenden von Konzerten, Welttourneen und einer Hinterlassenschaft von unsterblichen Klassikern soll nun alsbald nach 35 Jahren Bandgeschichte Schluss sein. Glauben wir das? Hmmh. Schad wär's allemal nach dem, was den Anwesenden an Spektakel im Spectrum geboten wurde. Aber der Reihe nach.
Opulente Auswahl
Sogleich fällt auf, dass es heute im Spectrum richtig, richtig kuschelig wird. Schon ne halbe Stunde, bevor der Support Sons Of Eternity die Bühne entert, ist der Club proppenvoll. Kaum Stehtische, der Oberrang ist geöffnet und die Bedienungen tun sich ziemlich schwer, sich ihre Wege durch's vorrangig ü40-jährige Publikum zu bahnen. Am Merchandise-Stand tummeln sich sogar ein paar Kuttenträger. Tour-Shirts nen Dreißiger – normal heutzutage. Hätten die Patches 8 statt 10 Euronen gekostet, wäre der werte Schreiberling in Versuchung geraten. So bleibt's beim Bestaunen der opulenten Auswahl an Vinyl und CDs der Band. Sogar Axxis-Becher gibt’s. Hübsch, hübsch.Präziser Beat des Drumwerkers
Sons Of Eternity: Strahlen Souvernität aus. |
Sons Of Eternity starten pünktlich ihre Vorstellung mit dem Opener 'Eye Of The Storm' vom bis dato einzigen Output 'End Of Silence' (2023). Die beiden Matthiasse 'Schenky' Schenk (Voc.) und 'Church' Kirchgessner machen mit ihren Würzburger Mitstreitern von Anfang an ordentlich Dampf. Nicht nur diesen beiden ist ihre langjährige Bühnenerfahrung in Bands wie Shylock, Haggard oder bei Paul di' Anno deutlich anzumerken. Auch Jonas Roßner (ehemals Gitarrist bei Beyond The Black) und Frederick Müller-Schartl (Bass bei Apokrypha) strahlen durchwegs Souveränität aus. Abgerundet wird das Ganze vom präzisen Beat des Drumwerkers Thomas Abts.
Top Auftakt mit Sons Of Eternity
Wir haben es hier von daher mitnichten mit einer Horde von Frischlingen zu tun. Schenk ist hervorragend bei Stimme und alle haben ihre Rockstar-Posen mehr als intus. An der Schneise zwischen Power- und traditionellem Metal führt uns die Band durch ein launiges Set, gespickt mit Highlights wie dem eingängigen Uptempo-Kracher 'Travellers In Time', dem Deep-Purple zu Joe Lynn Tuner-Zeiten zu Ehre gereichenden 'The End' oder dem nach eigener Aussage „youtube-Hit“ 'Media Zombies' (inkl. Mitgröhleinlage). Am meisten zu begeistern wissen jedoch die an späte Savatage erinnernde Power Ballade 'Ruins' und die als Letztes gespielte, der RMF, Rotarian Metalhead Fellowship (regionaler Club?) gewidmete, zügig-einprägsame Bandhymne 'In Silence'. Wenn die Würzburger ihren Weg in dieser Art und Weise fortsetzen, dürften sie in nicht allzu ferner Zukunft selbst Headliner-Tourneen fahren. Top Auftakt!Metallische Ohrwürmer
Es darf gerätselt werden, warum es Axxis nie geschafft haben, in die Liga von Helloween, Gamma Ray und Konsorten aufzusteigen. Denn die Voraussetzungen dazu waren/sind alle vorhanden. In Weiß ein charismatisch-witziger Sänger mit einzigartiger Stimme, früher mit der EMI ein ordentliches Label im Rücken, Live-Qualitäten, die man heutzutage selten (noch) so sieht und vor allem Hits, Hits, Hits. Lag's an den über die Jahrzehnte häufigen Besetzungswechseln? Karriere-technischen Fehlentscheidungen? Gar dem Zeitgeist, der am Anfang der 90er gegen die Band werkelte? Lassen wir mal dahin gestellt. An einer zu kleinen Fanbase, wie das so gut wie ausverkaufte Spectrum beweist, oder wie erwähnt metallischen Ohrwürmern, die man in 50 Jahren wohl noch hier und dort hören wird, liegt's in keinem Fall. Ein Riesen-Backdrop und zwei lustige Faltwände mit Axxis-Fantasy-Motiven sowie das prachtvolle Pearl-Drumkit (8 Becken, 2 Bassdrums) von Dirk Brand zieren die in blaues Licht getünchte Bühne, bevor das Quintett lässig auf die Bretter schlendert.Agilität verblüfft
Und schon geht’s los mit dem vom Album 'II' stammenden 'A Little Look Back'. Nicht nur die bereits erwähnten sind in einer bestechenden Form, auch Bassist Rob Schomaker und Gitarrist und Nesthäkchen Matthias Degener zeigen auf Anhieb ihre musikalischen Ausnahmefähigkeiten. Schon im Anschluss gibt’s zwei Liedchen vom neuen Album 'Coming Home', nämlich den Titeltrack und das nach Strich und Faden abgefeierte 'Moonlight Bay'. Die Agilität von Weiß verblüfft; genauso wie die Tatsache, dass sich seine Stimme ohne jedwede Hinzunahme technischer Hilfsmittel anhört, als sei es 1989. Außerdem mimt er das ganze Konzert über den komödiantisch-spaßvögelnden Entertainer, der sich gleich zu Anfang betrübt darüber zeigt, aufgrund der Wetterverhältnisse heute in Augsburg keinen Schweinebraten habe grillen zu können.Gänsehaut pur
Weiter geht’s mit 'Love Will Shine For Everyone', bevor mit 'Blood Angel' erstmals richtig das Gaspedal durchgedrückt wird. Es scheiden sich bis heute die Geister daran, in welche Sparte man nun Axxis einordnen kann. An diesem Abend sind es aber nicht zuletzt die Melodic Power Metal-Songs wie eben letzterer, die ihre Spuren vor allem beim Metal-affinen Publikum hinterlassen. Nachdem sich Weiß über die „Scheiß-Nöppel“ an den PET-Flaschen, die man eigentlich einfach abreißen sollte, beschwert hat, schnackt er kurz mit einem 15-jährigen und versucht ihm zu erklären, dass es mal einen TV-Sender namens MTV gab und Axxis damals dort einen Semi-Hit landeten: 'Stay Don't Leave Me' – logisch. Vielleicht bis heute der bekannteste Song der Combo. Danach folgt mit 'Save Me' eine der stärksten Nummern im Repertoire der Band. Hohes Tempo, super-eingäniger Chorus, Gänsehaut pur. Beim Instrumental 'Trash in Tibet' (inklusiv Drumsolo) bleibt die Schlagzahl ähnlich hoch und Weiß gönnt sich eine wohl verdiente Pause, nach der er das folgende 'Touch The Rainbow' mit den Worten einleitet: „Ihr könnt die Band auch ohne Sänger buchen. Nur is sie dann teurer.“Bis zum Siedepunkt
Ein großes Lob ist dem Augsburger Publikum auszusprechen, das nicht müde wird, jedes Mitsing-Spielchen, sei's bei den beiden folgenden 'Heaven In Black' und 'Heavy Rain' oder dem grandiosen, von 'The Big Thrill' stammenden 'Little War', dankend aufzunehmen. So wird das ganze zur abendlichen Hard Rock-/Metal-Party zu dem Axxis mit dem Brecher 'Tales Of Glory Island' und der Goodtime-Hymne 'My Little Princess' ihren Teil beitragen. Nochmals wird 'A Little Look Back' kurz intoniert, bevor die Jungs verschwinden. Doch nur, um mit der Ballade 'Fire And Ice' und den beiden Übersongs 'Living In A World' und 'Kingdom Of The Night' die Stimmung nochmal bis zum Siedepunkt auszureizen.Hart rockende Landschaft
Was für ne Show! Mal im Ernst: wie viele 'Alte Haudegen' schaffen es heutzutage noch, solch eine Spielfreude gepaart mit musikalischer Ausnahmequalität zur Aufführung zu bringen? Axxis gehören längst nicht zum alten Eisen und es bleibt nur zu hoffen, dass dieser und die folgenden Gigs nicht die Schlussakkorde einer tollen Formation sind, die man in ihrer Ausrichtung und Form kein zweites Mal in der deutschen hart rockenden Landschaft findet. Muss man gesehen haben. Live!Bericht und Fotos: Dennis "Doc" Fuxx
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