Quecksilber brachte den Zwangsarbeitern den Tod. |
Kürzlich erschien das Buch "Die Deutschen in der Welt", verfasst vom Autor David Blackbourn. Darin schildert er auch rücksichtslos wie Jakob und Anton Fugger in Augsburg im 15. und 16. Jahrhundert durch Zwangsarbeit mit tödlichem Quecksilber ihren Reichtum mehrten.
Für die Rückzahlung ihrer Kredite an finanzschwache Fürsten wie Maximilian I. ließen sich Jakob Fugger und sein Nachfolger Anton Fugger Bergwerke überschreiben, die sie zum Abbau von
Eisen, Kupfer, Silber und Gold ntzten. Durch Karl V., den sie mit viel Geld auf den Thron hoben, "bekamen sie ab 1524 Zugang zum spanischen Transatlantikhandel" schreibt Blackourn. Kann man sich vorstellen wie bei Elon Musk und Donald Trump heutzutage. Ebenso erhielten die Fugger damals die Rechte zum Abbau des roten Sulfids Zinnober in den reichhaltigen Minen beim spanischen Ort Almadén. Durch ein spezielles Röstverfahren wurde daraus Quecksilber produziert. In den Stollen kam es auch vor, dass das Quecksilber flüssig hervorquoll, das gefährliche Dämpfe von sich gab. Pures Gift für die Menschen, die dort arbeiten mussten. Quecksilber wurde gebraucht, um Silber und Gold besser gewinnen zu können.
Es wurde eine Weile auch als Heilmittel gegen Krankheiten wie Syphilis eingesetzt, aber bald war klar, dass hierbei mehr Schaden als Nutzen herauskam. Dadurch wurde bekannt, dass Quecksilber giftig für den Körper war. Das war noch besser zu erkennen bei den Menschen, die das Quecksilber herstellten. Viele wurden durch die Quecksilberdämpfe schwer krank und starben dabei früher. Darum wollte kaum jemand freiwillig in den Zinnober-Minen arbeiten. Es wurden Zwangsarbeiter eingesetzt, die Sklaven oder Leibeigene waren - oder aus Gefängnissen kamen.
Autor David Blackbourn schildert die Quecksilber-Produktion durch Zwangsarbeit im Auftrag von Jakob Fugger und seinem Nachfolger. |
Für Kolonien zur Ausbeutung
Der deutsche Reporter Egon Erwin Kisch schildert seine Erfahrungen aus der Quecksilber-Stadt Almadén in Kastilien, mitten in Spanien: "Die christlichen Könige aus den Häusern Aragonien, Kastilien, Habsburg und Bourbon, mit Galeerensklaven, also unentgeltlichen Bergleuten, weniger gesegnet als ihre phönikischen, griechischen, römischen, westgotischen und arabischen Vorgänger und verschuldet bis dorthinaus, konnten ihre Gläubiger nur mit Quecksilber bezahlen, mit dem noch nicht geförderten Quecksilber. Zunächst ward Almadén als Lehen den Tempelrittern gegeben, die dem Hof bei seinen Kriegen halfen. Später, gerade als Quecksilber für die spanischen Kolonien zur Ausbeutung der neuentdeckten Silbergruben unentbehrlich geworden war, erhielt die Familie Fugger zu Augsburg für eine Karl V. gewährte Anleihe die Grube zum Pfand."
Kisch schildert weitere interessante Dinge zu Quecksilber: "Almadén, das war mehr als die Goldgrube Iberiens, weit mehr: es war seine Quecksilbergrube, Lieferantin der Welt. Roms galante Damen brauchten Vermillon, das Quecksilbersulfid, zur Schminke. Abdurrahman III., Kalif von Cordova, ließ für seine Geliebte im Lustschlößchen Medinat-az-Zahra die berühmte Fontäne aus Mondlicht errichten, das Quecksilber war. Hasenfelle beizt man von alters her mit Quecksilbernitraten, ehe sie zu Filzhüten geformt werden. Viele Farben, vornehmlich der submarine Schiffsanstrich, taugen nichts, wenn sie nicht Quecksilber enthalten. Der Goldmacher primäres Elixier war Quecksilber, das Metall ist und Flüssigkeit zugleich und überhaupt zur Zauberei reizt."
In diesem Buch werden die dubiosen Geschäfte der Fugger beschrieben. |
Gegen Filzläuse und Franzosenkränke
Auch zum Thema Quecksilber als Medizin machte sich Kisch Gedanken: "Nicht nur die Quacksalber verordneten Quecksilber gegen alle inneren Störungen, die studiertesten Medici taten desgleichen. Es schien logisch, daß ein Kügelchen Arznei, vorne-oben eingenommen und ohne Formveränderung, ohne Quantitätsverlust hinten-unten von sich gegeben, alle Stoffe wegstoße, die sich unbefugt auf diesem Weg befinden. Mit Quecksilber vertrieben die Landsknechte ihre Filzläuse, die Offiziere ihre Franzosenkränke."
Das Quecksilber, ein silbrig glänzendes Metall, das schon bei Normaltemperatur flüssig wird, wurde einst in Lederbeuteln oder Glasflaschen transportiert. Mit den Schiffen bis nach Südamerika, wo es zur Gewinnung von Gold und Silber eingesetzt wurde. Auch die indigenen Zwangsarbeiter in den von Spaniern und Portugiesen eroberten südamerikanischen Gebieten starben jämmerlich an den giftigen Dämpfen des faszinierenden aber lebensgefährlichen Metalls.
Voller Emotion lässt uns Kisch in seiner aufschlussreichen Reportage wissen: "War man ursprünglich mit Fesseln an die verderbenspeienden Höhlen geschmiedet, war man später dadurch hier festgehalten, daß zwischen Kerkerwand und Giftwand nur ein Weg, aber kein Ausweg blieb, hatte man sich hernach nur deshalb ins Quecksilber verdingt, um sein Leben nicht auf Kriegszügen in Südamerika oder Nordafrika zu beenden, entschloß man sich schließlich zur Arbeit in Almaden, weil es keine andere Erwerbsmöglichkeit gab. Tod durch Hunger ereilt die ganze Familie, während das Gift der Mine nur einen umbringt." Kisch nennt die Symptome einer Quecksilbervergiftung: "Die Folgen sind: Ausfall der Zähne, Blutarmut, Herzschwäche, vorzeitiges Altern, Zerstörung des Nervensystems. Die Gliedmaßen beginnen konvulsivisch zu zucken, wenn sie zu einer Bewegung eingesetzt werden."
Gewinnung von Quecksilber. |
Er muss ein Werwolf sein
Martin Luther verurteilte Ausbeuter wie Jakob Fugger: "Er sündigt auch nicht auf menschliche Weise. Er muss ein Werwolf sein, schlimmer als alle Tyrannen, Mörder und Räuber, schier so böse wie der Teufel selbst. Besonders weil er nicht als Feind, sondern als Freund und Mitbürger im allgemeinen Schutz und Frieden sitzt und trotzdem greulich raubt und mordet wie kein Feind und Mordbrenner ..."
Natürlich wusste auch Jakob Fugger der Reiche, der hinter diesem tödlichem Geschäft steckte, von der Qual der Zwangsarbeiter in den Minen von Almadén, und ihm war klar, dass das moralisch sehr verwerflich war. Man braucht 3 bis 5 kg Quecksilber, um 1 kg Gold zu gewinnen. Das Quecksilber verunreinigt die Umgebung und gelangt in die Atmosphäre. Durch Regen kommt es zur globalen Quecksilberbelastung. Elementares Quecksilber gelangt in die Nahrungskette, häufig in Fische, die von zahlreichen anderen Tieren und dem Menschen verzehrt werden. Bergleute, ihre Familien, vor allem die Kinder erleiden dieses Gift.
Das war wohl auch einer der Gründe, warum Jakob Fugger mit dem Bau der sogenanten Sozialsiedlung Fuggerei in Augsburg zeigen musste, dass er doch ein guter Mensch war, der für die Armen und Geplagten sorgte. Für einige zumindest, die dann in ihrer Gratis-Wohnung viele Vaterunser beten mussten, bis heute, damit der Fugger nicht so lange im Fegefeuer schmoren musste und nicht in der Hölle landete.
Unser Kommentar: Eine Stadt wie Augsburg, die so viel Wert auf Frieden, Menschlichkeit, Nachhaltigkeit und Fair Trade legt, sollte sich endlich abgewöhnen sich als "Fugger-Stadt" zu bezeichnen. Oder sind wir eine Stadt, die sich über Reichtum durch brutale Zwangsarbeit freut?
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