
"Werden Sie alt, es lohnt sich", sinnierte einst Heinz Rühmann in der Harald Schmidt-Show. Den Beweis für die, zumindest in manchen Fällen, Richtigkeit des Spruchs trat am Montag den 5.5. die Rock n' Roll-Legende Russ Ballard im Augsburger Spectrum an. Zusammen mit seiner Live-Band – Roly Jones (Git.), John Miller (Drums), PJ Phillips (Bass) und Marc Rapson (Keys) – lieferte der 79-Jährige eine Show der Extraklasse gespickt mit Welthits ab, von der sich einige 'Newcomer' mehr als eine Scheibe abschneiden können.
Als wir ankommen, ist das Spectrum bereits zu drei Vierteln gefüllt. Ein kurzer Schwenk zum Merchandiser verrät uns, dass Ballard-Shirts 25 und eine Einkaufstasche mit Logo 15€ kosten, was in der heutigen Zeit (leider) als Gang und Gäbe bezeichnet werden darf. Im Gepäck hat die Band das brandneue Doppel-Album 'Songs From The Warehouse/The Hits Rewired', welches man ebenfalls am Stand erstehen kann ("...and it's signed!", wie Roly Jones nicht müde wurde, während der Show zu betonen).
Den Anheizer geben Michael Voss, bestens bekannt als ex-Sänger von Mad Max und aktuell stimmlich bei der Kinder-Metalband Heavysaurus unterwegs, gemeinsam mit Van de Forst, ihres Zeichens New Country-Star, die schon mit Größen wie Michael Bolton, Bonnie Tyler oder Ben Zucker die Bretter teilte. Die allesamt akustisch gespielten Songs zeichnen sich durch ihren schön inszenierten 2-stimmigen Gesang und die Bühnenpräsenz des Duos aus. Hervorzuheben wären die 80er-Ballade 'Hollywood Angels' und eine zum Abschluss dargebotene Cover-Version von 'Sweet Child Of Mine', bei der Van de Voss vollumfänglich brillieren kann.

Das Spectrum ist nun voll wie dazumal Didi Hallervordens berühmte Wanne und das diesmal deutlich über 40 Jahren liegende Publikum muss nicht lange auf den Meister warten. Der Einstieg gelingt mit 'It's Only Money', alter Argent-Titel, Ballards Band Anfang der 70er, nicht gänzlich, auch weil der Sound noch nicht ganz austariert ist, aber schon beim zweiten Song 'New York Groove' gehen die Zuschauer steil. Nicht jeder dürfte wissen, dass Ballard nicht nur selbst Hits für die Ewigkeit veröffentlicht hat, sondern als Komponist für unzählige Chart-Erfolge und Evergreens verantwortlich ist.
Dieses ist der erste von vielen an diesem Abend, einst geschrieben für die Band Hello und Radio-Airplay bis heute erreicht durch Ace Frehley von KISS. Weiter geht's mit einem echten Russ-Hit 'Playing With Fire', gefolgt von 'Dream On' vom 1985er Album 'The Fire Still Burns'. In jenes Jahrzehnt entführt uns die Band immer wieder, wozu Roly Jones in seinem Gene Simmons-Shirt, der grinst und posiert, als wäre der KISS-Demon höchstselbst anwesend, einen gehörigen Beitrag leistet. Russ ist größtenteils gut bei Stimme und lässt es sich nicht nehmen, so gut wie alle Gitarren-Soli selbst zu inszenieren, Man ist so alt, wie man Gitarre spielt! Die 79 Lenze merkt man da nicht.



Es folgen das vom Publikum dankbar aufgenommene 'In The Night' und ein neuer Song in 'Resurrection'. Russ betont, wie wohl er sich in Augsburg fühlt, "It's like comin' home. It's like a second home", hat er doch das Spectrum schon des Öfteren bespielt, bevor die Band den Doppelschlag 'On The Rebound' und 'The Fire Still Burns' raushaut, was nicht wenigen im Rund den ein oder anderen Gänsehautschauer verpasst haben dürfte. Darauf folgt nochmal Neues in Form von 'Courageous', das von einem elfjährigen Mädchen handelt, das sich um ihre Familie kümmern muss, und Altes mit 'Liar', anfangs gespickt mit einem Snippet von 'Mama Told Me Not To Come' von The Three Dog Night (ursprünglich geschrieben von Randy Newman für Eric Burdon).
Russ hüpft auf und ab, schüttelt Hände und hat seinen zitierten "serious fun" beim Total-80s-Überflieger 'Woman Like You' und dem einst von ihm für die britische Sängerin Elkie Brooks geschriebenen 'No More The Fool'. Yep, der Abend ist auch was für alle Musik-Historiker. Russ wechselt die Gitarre und es ertönt das allseits bekannte 'Hold Your Head Up', wieder original von Argent, verziert mit lustig-originellen Gitarren- und Key-Soli.

Danach geht's Schlag auf Schlag. Kurz wird noch launig die Band vorgestellt, danach gibt's 'Since You Been Gone' (berühmt geworden durch die Version von Rainbow mit Graham Bonnet), das tatsächlich auch aus Russ' Feder stammt, den Singalong 'Voices', bei dem das Publikum laut und freudig mitmacht, und die beiden, längst in die Rock-Geschichte eingegangenen Klassiker 'Two Silhouettes' und 'I Can't Hear You No More'. Nur für eine beklatschte Minute verschwindet die Band hinter dem imaginären Vorhang, denn einen gibt's noch als Zugabe: 'God Gave Rock N' Roll To You', geschrieben für KISS und berühmt geworden als Beitrag zum Soundtrack von 'Bill und Ted's verrückte Reise in die Zukunft' anno 1991.
Hierbei kann dann selbst der Schreiber dieser Zeilen nicht umhin, in aufregend schönen Jugenderinnerungen zu schwelgen. Mit jenem Lied im Ohr gehen sicher alle mehr als zufrieden nach Hause, und wer weiß: vielleicht beehrt uns Russ Ballard zum 80. ja nochmal, denn bekanntlich schützt Alter keinesfalls vor Rock n' Roll.
Text und Fotos: Dennis "Doc" Fuxx
Text und Fotos: Dennis "Doc" Fuxx



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