Tom Sawyer und Huckleberry Finn im Augsburger Bierkeller! Mark Twain-Abend in der Brauerei Riegele war voller Erfolg!
![]() |
Das Publikum lauscht im vollen Bierkeller der Brauerei Riegele, was auf der Bühne von Experten und Künstlern geboten wurde. |
Mit lebendiger Literatur sorgte die Buchhandlung am Obstmarkt bei schönem
Sommerwetter für einen mit interessiertem Publikum gefüllten Bierkeller im
Gebäude der Brauerei Riegele. Die Kombination von spritziger Literatur aus der
Feder des Autors Mark Twain, packender Blues-Musik und interessantem Gespräch auf der Bühne mit Literatur-Experten, hatte große Anziehungskraft entwickelt. Noch
beim Soundscheck schaute Sebastian Priller, Chef der Brauerei, vorbei und wünschte
viel Erfolg, was dann auch eintrat.
Natürlich war der Ausschank von Wein im Bierkeller, genannt die Biermanufaktur,
der Brauerei Riegele am Augsburger Hauptbahnhof verboten. Wohl gerade deswegen ließ
Matthias Hartwich die Story über einen trickreichen Weinhändler vonSchauspieler und
Rezitator Matthias Klösel vortragen, die große Heiterkeit hervorrief. Klösel von der
Augsburger Theaterwerkstatt, den wir als Hecht-Brecht von der Kahnfahrt, [U1]als Kafka
im City-Club oder als Poe im Fünfingerlesturm kennen, las eindrucksvoll die Twain-Texte
vor, mit einem guten Timing und der richtigen Betonung. Es klang so, als hätte er auch
schon als Kind die Worte und Sätze gelesen und würde sie nun mit erkannter Bedeutung
besonders intensiv interpretieren.
Hartwich, Diplom-Politikwissenschaftler und Präsident der SEV Gewerkschaft des
Verkehrspersonals in der Schweiz, hatte als Kenner der Texte von Mark Twain auch
andere Geschichten aus der Feder des ehemaligen Lotsen auf dem Mississippi zum Vorlesen
herausgesucht. Sie handelten von der dramatischen Suche nach dem wahren Kreuz, an das
Jesus einst genagelt worden war, von einem Duell in Frankreich, das immer komplizierter
wird, und davon, wie sich Tom Sawyer in eine Mitschülerin verliebt und die Prügel eines
Lehrers zu fürchten hat. Das Publikum, dicht gedrängt auf den Holzbänken an den
Gasthaustischen und stehend auf den Balkonen, honorierte das mit großem Applaus.
Als besondere Lesung entpuppte sich dann der Auftritt von Matthias Hartwich, der eine
originelle Story über Raben auf Englisch, in Twains Muttersprache, vorlas. Hartwich dazu:
"Wir haben fast den gesamten Abend in deutscher Sprache bestritten, an sich bestand sogar
noch der Plan, über Mark Twain und sein Verhältnis zur deutschen Sprache (die
schreckliche deutsche Sprache / the awful German language) zu diskutieren.
Schlussendlich hat Twain alle seine Werke in englischer Sprache verfasst, und ich wollte,
dass das Publikum zumindest einen kurzen Eindruck erhält, wie seine Werke im Original
klingen. Übersetzungen sind oft gut, oft sogar sehr gut. Aber schon die Übersetzung des Titels zeigt, dass Übersetzungen immer auch schon Interpretationen sind. Da war es
mir wichtig, dem Publikum einen - wenn auch kurzen - Eindruck zu vermitteln, wie Twain eigentlich klingt. Und gerade diese Stelle mit den Raben im Wald ist dafür besonders
geeignet, denn hier zeigt sich, wie sein Humor und seine Sprache zusammenfallen."
Hartwichs Gattin ist Kanadierin und hat ihm beim Vortrag dieses Textes auf Deutsch und Englisch gesagt, dass auf Deutsch viel vom originalen Geist verloren geht. Außerdem sollte es auch eine kleine Referenz an die englischsprachigen Gäste sein.
![]() |
Al Morris und Lewis Glover spielten Blues. |
Authentischen Blues servierten Lewis Glover und Al Morris mit Bass, Mundharmonika
und Gesang. Das Publikum wippte bei Songs wie "Got My Mojo Working" und "Hoochie
Coochie Man" von Muddy Waters begeistert mit. Tina, die Helferin von der Brauerei, die
auch Brauereiführungen macht, war völlig begeistert und ließ ihre Beine passende
Tanzschritte hinlegen. Lewis und Al sind in Augsburg durch die Rock Steady Blues Band
bekannt. Lewis stammt aus Oklahoma und Al aus Jersey City in den U.S.A.
Die Lyrikerin und Schriftstellerin Ulrike Schrimpf lobte den amerikanischen Autor:
"Twains lässige, zeitlose Sprache, seine meisterlichen Naturdarstellungen, die signifikante
Mischung aus Humor und philosophischer Tiefe, das tiefe Verständnis für die
Ambivalenzen der menschlichen Seele, sein Gerechtigkeitssinn und der lebendige und
auch freche Wagemut, die aus seinen Texten sprechen, sind einige der Eigenschaften, die
Twains Literatur so unvergleichlich und dauerhaft erfolgreich machen." Im Programmheft
war von ihr über Mark Twain zu lesen: "Ich liebe ihn allein und zuerst, weil er die
Abenteuer des Tom Sawyer geschrieben hat. Es ist in meinen Augen eines der besten
Kinder- und Jugendbücher, die jemals geschrieben wurden, denn es ist wahnsinnig
komisch, voller Wärme und Verständnis für die menschliche Fehlbarkeit, dazu
hochspannend, klug und brutal, immer unterhaltsam und es spiegelt eindrücklich und
lebendig die Gesellschaft wider."
Buchgemeinschaft, für die Büchergilde Gutenberg, zuständig ist, berichtete über die
spannende Suche nach einem Bild, das Mark Twain als Lotsen auf einem
Schaufelraddampfer zeigt. Nach langer Recherche wurde es in Schottland bei einem völlig
unbekannten Illustrator gefunden. Es hat auch einen besonderen Grund, warum sich
Huffman und ihr Team diese Mühe machte, denn die Büchergilde startete 1924 mit dem
Buch "Mit heiteren Augen" von Mark Twain. Es wurde zum Mark-Twain-Jubiläum neu
aufgelegt, in seiner historischen Ausgabe.
![]() |
Mark Twain begegnet der KI. |
Historische Ausgabe des ersten Buches der Büchergilde Gutenberg: Mark Twain "Mit heiteren Augen." |
Kurt Idrizovic, der Initiator, Organisator und Moderator des Abends von der Buchhandlung
am Obstmarkt, äußerte sich zufrieden über den Ablauf der Veranstaltung: "Ich bin begeistert, dass es so viele Mark-Twain-Fans in Augsburg gibt! Und dieser Autor hat es verdient: Er
ist immer noch aktuell, steht für beste Unterhaltung und ist auch als Reisereporter
grandios! Jung und Alt kann etwas mit seinen Texten anfangen, und das ist selten. Die
Riegele Biermanufaktur war die perfekte Location für diesen literarisch-musikalischen Abend." Idrizovic hatte dem Abend im Keller zwischen Säulen und kupfernen Brauerei-
Gerätschaften das Motto gegeben: "Good Evening, Ladies and Gentlemen, dieses Jahr werde ich 190 - aber die Nachricht meines Todes ist übertrieben."Wie versprochen wurde es ein heiterer Abend um die Welt von Mark Twain und seinen literarischen Figuren, die viele nicht nur aus seinen Büchern kennen, sondern auch aus Hörspielen, Filmen und TV-Serien.
![]() |
Mark Twain als Lotse. Eine gesuchte Illustration. |
![]() |
Auf der Bühne (v.l.n.r.) im Gespräch: Matthias Hartwich, Ulrike Schrimpf, Corinny Huffman, Kurt Idrizovic und Matthias Klösel. |
Das Licht der Welt erblickte Mark Twain unter dem Namen Samuel Langhorne Clemens
am 30. November 1835 in einer Hütte in Florida, Missouri. Ironisch meinte er später dazu:
"Das Dorf zählte hundert Einwohner, und ich erhöhte die Bevölkerungszahl um ein
Prozent. Es gibt kein Zeugnis, dass ein anderer Vergleichbares zuwege gebracht hätte -
nicht einmal Shakespeare." Seine Familie zieht einige Jahre später an den großen Fluss
Mississippi, wo bekannterweise die Abenteuer der beiden Lausbuben Tom Sawyer und
Huckleberry Finn spielen. Zuerst wollte Twain "Dampfbootmann" werden, aber nach
Abschluss der Schule betätigt er sich erstmal als Goldsucher, später mit dem Namen Mark
Twain als Journalist.
Clara, Mark Twains singende Tochter, gab einst auch in Augsburg ein Konzert. |
P.S.: Bei seinen Recherchen zu Mark Twain und seinen Reisen durch Deutschland, hat Kurt
Idrizovic entdeckt, dass Clara, eine Tochter des amerikanischen Autors, einmal in
Augsburg war. Sie war zu ihrer Zeit eine bekannte Konzertsängerin, die gemeinsam mit
ihrem ersten Mann öffentlich auftrat. Am 08. Mai 1912 gaben beide ein Frühjahrskonzert in Augsburg. So wurde denn auch eine direkte Verbindung der Familie Clemens/Twain mit
Augsburg ausgegraben.
P.P.S.: Zur Erinnerung an den gelungenen Literatur-Musik-Gesprächs-Abend bereitete die Fotografin Lina Mann für jeden Gast mit Ticket ein Tütchen mit köstlichen Cheese-Cakes vor. Auf den Tüten waren einzelne Worte aus den Abenteuern des Tom Sawyer notiert. Später konnte auf Facebook und Instagram mit diesen Tüten-Wörtern ein Mark-Twain-Buch gewonnen werden, das die Buchhandlung am Obstmarkt spendierte.
![]() |
Andrang am Büchertisch. |
Mark Twain als reisender Reporter. |
![]() |
Kurt Idrizovic mit den Blues-Musikern beim Finale auf der Bühne. |
Bericht und Fotos von der Veranstaltung: Arno Loeb
Kommentare
Kommentar veröffentlichen