Drei Mohren - Augsburgs verrückter Namens-Skandal jetzt im Buch!

 



Der französische Philosoph und Autor Gaspar Koenig macht sich in seinem neuen Buch "Mit Montaigne auf Reisen - Abenteuer eines Philosophen" auch Gedanken über den Skandal mit dem Augsburger Hotel "Drei Mohren", dessen Name und Logo als rassistisch angeprangert wurden. Die Geschichte ist es wert, erzählt zu werden, meint Gaspard Koenig.
 
Der Lokal-Legende zufolge kamen drei Mönche aus Abessinien (also Schwarze) 1495 in die Stadt. Ihr vierter Gefährte war unterwegs gestorben und sie fanden sich am Ende ihrer Kräfte. Sie wurden den ganzen Winter über von einem Wirt untergebracht, der infolge sein Haus im Gedenken an diese Begegnung taufte.

Mohr war der Begriff, der damals angebracht war, um afrikanische Bevölkerungen zu bezeichnen. Abgeleitet aus dem Lateinischen Mauri wurde der Begriff seit der Antike verwendet. Ein Jahrhundert später präsentierte Shakespeare seinen Othello, einen mächtigen, angesehenen General als den Mohr von Venedig. Pragmatisch bemerkt, gibt man seinem eigenen Geschäft keinen abstoßenden oder beleidigenden Namen. Der Name "Drei Mohren" bezeugt vielmehr eine glückliche Erinnerung. Michel de Montaigne ist auf seiner Reise von 1580 bis 1581 ohne Zweifel an dem Gasthaus einst vorbeigekommen, das einige Jahre zuvor von den Fuggern aufgekauft worden war.
 
Auch wenn ich leider zugeben muss, dass Montaigne damals anderenorts unterkam, nämlich in einer Herberge mit dem Zeichen eines Baumes namens "Linde". Zu lesen in Montaignes historischem Reisetagebuch bei Augsburg.
 
Türgriff beim einstigen Hotel "Drei Mohren" in Augsburg.

 
Zeitgenössischen Aktivisten ist das egal. Es genügt ihnen, das Wort "schwarz" zu lesen, um sich reflexhaft in Harnisch zu werfen. Sie stellen die Hautfarbe als das Wesentliche und die Herrschaftsbeziehungen als eine Art historisches Verhängnis hin, und so sind in meinen Augen sie es, die den Rassismus wach halten.
Sie dulden die Vorstellung nicht, dass die Bürger der Freien Reichsstadt Augsburg in der Lage gewesen sind, die drei Mohren mit Sympathie und Menschlichkeit zu behandeln, denn das würde ihre Argumente über strukturelle Privilegien ruinieren.
 
Noch weniger akzeptieren sie es, dass man mit der Sache unverkrampft umgehen könnte: Eine in diesen Fragen friedliche Gesellschaft würde ihrer Militanz die Daseinsberechtigung nehmen. Petitionen, Kundgebungen und Pressekampagnen gegen das Hotel "Drei Mohren" haben sich also in den letzten Jahren vervielfältigt. Mit Erfolg: Als ich in Augsburg ankomme, hat man das Hotel soeben in "Maximilians" umbenannt, ein traurig neutraler und banaler Name, den Touristen gut verstehen und der deshalb unangreifbar ist.
 
So schließen sich also 500 Jahre Geschichte unter dem Druck unkultivierter Provokateure, die die Gesellschaft in eine Ebene verwandeln wollen, die ebenso langweilig ist wie die, die nach Augsburg führt, ohne Reibungsfläche, ohne Humor, ohne Menschlichkeit.
 
Als ich bei diesem Hotel vorbeispaziere, hängt das Schild mit den drei Mohren noch an der Fassade, aber es wird nicht lange dauern bis es abmontiert wird. Die internationalen Gäste lesen die New York Times zum Frühstück. Die Statuen der drei Mohren im Lendenschurz und mit einer goldenen Krone geziert sind entfernt worden.
 
Alles ist ordentlich, sowohl in hygienischer und als auch in politischer Hinsicht. Die aus den USA importiert die woke Kultur, die die Empfindlichkeiten eines jeden zum moralischen Normen erhebt, die respektiert und geschützt werden müssen, legt einen schweren Bleideckel über die sozialen Beziehungen über die individuelle Kreativität.
 
Die Menschheit macht regelmäßig Perioden des Moralismus durch: Montaigne beklagte, dasss ein Jahrhundert, das Jahrhundert der Inquisition und der Bartholomäusnacht den Fanatismus nährt. Nietzsche wetterte gegen den Geist des Ernstes im 19. Jahrhundert.
Im Grunde kommt es nicht auf die Werte an, für die gekämpft wird, ob es die Religion ist oder die Wissenschaft oder die Gleichheit. Die Art und Weise, wie sie durchgesetzt werden, macht den ganzen Unterschied.

Die Exkommunikation und Zensuren, die heute von intersektionalistischen Bewegungen verhängt werden, können mit den Inquistionen von damals mithalten. Andererseits haben wir auch Momente der Leichtigkeit und der kollektiven Phantasie erlebt, in denen die Zügel gelockert waren: die Liberinage des 18. Jahrhunderts, die roaring twenties, die Gegenkultur der 60er-Jahre.
 
Ich bin überzeugt, dass das Pendel wieder auf die Seite der Freiheit zurückschlagen wird und dass die Drei Mohren wieder ihren Auftritt in Augsburg haben werden, als Helden gefeiert wie 1495. Ich erwarte es mit Ungeduld.
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Gaspard Koenig kommt zu Lesung und Gespräch über sein Buch "Mit Montaigne auf Reisen - Abgenteuer eines Philosophen zu Pferde" am 14.September 2022 in die 'Augsburger Stadtbücherei


- Mehr Information zur Veranstaltung: http://www.buchhandlung-am-obstmarkt.de/de-user...

- Mehr Information zu Gaspard Koenig: https://de.wikipedia.org/wiki/Gaspard_Koenig

- Mehr Information zu Michel Montaigne: https://de.wikipedia.org/wiki/Michel_de_Montaigne

Vor wenigen Jahren sah die Fassade beim Hotel "Drei Mohren", jetzt "Maximilian's", noch so aus.


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