Gelungenes Buch zum Elias-Holl-Jubiläum 2023 - Baumeister-Karriere holpert durch Liebe

 

Jens Baiter: Elias Holl bringt die Barock-Türme auf dem Renaissance-Rathaus an.


Eine bedeutende Stadt. Ein wahres Genie. Ein besonderer Geburtstag. Ein ungewöhnliches Buch.

2023 feiert Augsburg den 450. Geburtstag von Elias Holl, einem der herausragenden europäischen Architekten des 17. Jahrhunderts. Renommierte Autoren begeben sich auf die Spur des Meisters. Die Schnittmenge ihrer Betrachtungen ergibt das Bild eines genialen Schöpfers, der seine Stadt in eine Perle der Renaissance verwandelt hat.

Inzwischen wimmelt es von diversen Büchern über Elias Holl und seine Bauwerke in Augsburg. Vom Wasserturm, Zeughaus, Stadtmetzg, Heilig-Geist-Spital, bis zum Rathaus. Kaum ein Baumeister prägte das Bild seiner Stadt mehr, als Elias Holl das Aussehen der Stadt Augsburg bis heute gestaltete. So haben die Macher des Zoeschlin-Verlags lange überlegt, wie sie beim Jubiläums-Jahr 2023 von Elias Holl einsteigen könnten. 

Herausgekommen ist ein schmaler, aber sehr gelungener Band mit einer Essaysammlung renommierter Autoren, die sich speziellen Gebieten bei Arbeit und Leben des Elias Holl widmen: "Die Stadt und ihr Meister / Elias Holl und Augsburg - eine Auslese".

Jens Baiter: Elias Holl und seine visionären Bauwerke für Augsburg.



"Das Rathaus von Elias Holl im Blick europäischer Reisender" ist das Kapitel in dem wir erfahren, dass der norditalienische Diplomat Giacomo Fantuzzi, 1652 im Gefolge eines päpstlichen Nuntius, sich über den Marmor, das Blattgold und den Baustil des Augsburger Rathauses begeisterte. Das berichtet Professor Dr. Rainald Becker, der bei der Kommission für bayerische Landesgeschichte zugehörig ist, beschäftigt sich mit historischer Geografie und Topografie sowie Wissen und Bildung in Humanismus und Barock.

Bei seinem Essay "Elias Holl - eine Bildbetrachtung" vergleicht Dr. Christoph Emmendörfer die beiden Augsburger Berühmtheiten Bert Brecht und Elias Holl. Wobei Emmendörfer uns wissen lässt, dass Elias Holl immer in Augsburg blieb, im Gegensatz zu Brecht, der durch die gesamte Welt reiste, vertrieben durch die Nazis. Holl bekam allerdings als standhafter Protestant in Augsburg Berufsverbot durch die Katholiken. Emmendörfer leitet seit 1998 das Augsburger Maximilianmuseum und ist Kurator der kommenden Elias-Holl-Stellung. Seine Publikationen umfassen Abhandlungen über die Augsburger Kunst- und Stadtgeschichte der Neuzeit. 

Es sind einige Superlative, die Felix Guffler in seinem Kapitel "Der Meister und seine Stadt" aufführt. Für rund 300 Jahre das höchste Gebäude Deutschlands. Gebäude mit neun Stockwerken gab es vorher nicht. Guffler arbeitet bei der Bezirksheimatpflege Schwaben. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Sozial- und Kulturgeschichte der Antike und der Neuzeit in Bayern und Schwaben. Er hat sich schon bei seinem Buch "Versorger. Zeitzeuge. Bewahrer." über den St. Jakobs-Wasserturm bei der Augsburger Kahnfahrt einiges Wissen über Elias Holl reingezogen. Dieser Wasserturm wurde von Holl zur Wasserversorgung der Jakobervorstadt errichtet. 

Jens Baiter: Elias Holl und die Augsburger Puppenkiste
im Heilig-Geist-Spital.



"Der Elias-Holl-Platz - dem Meister angemessen?" fragt Franz Häußler in seinem Kapitel über den Platz hinterm Augsburger Rathaus, der durch angeblich viel zu laute Jugendliche vor einiger Zeit mächtig ins Gespräch kam. "Aus schmalen Gassen heraus musste man den Kopf schon arg in den Nacken legen, wollte man früher vom Elias Holl-Platz aus die Fenster des Goldenen Saals sehen." Damit beschreibt er den Zustand des Platzes, der erst ab 1882 durch den Abriss von 14 Häusern zu dem freien Platz mit Bäumen und Bänken wurde, der er heute ist. Franz Häußler publiziert seit vielen Jahren Beiträge zur Geschichte Augsburgs.

Die Liebe zu Maria Burkhart gestaltete die Karriere von Elias Holl etwas holprig. Das erfahren wir durch den Beitrag von Christoph Lang, der seit 2021 Bezirksheimatpfleger von Schwaben ist. 

Von einem skurrilen Bauwerk, eine womöglich missglückte Kopie des Augsburger Rathauses als Mathematikturm in der österreichischen Beneditkiner Kremsmünster erzählt Dr. Stefan Lindl in seinem Kapitel "Anselm und Elias. Das Phänomen der Einzigartigkeit des Hollschen Rathauses". Lindl ist Akademischer Rat am Lehrstuhl für Europäische Regionalgeschichte sowie Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte der Universität Augsburg. 

Augsburg besaß einst eine eigene Waffenschmiede, die durch große Hitze beim Gießen von Kanonen abbrannte. Elias Holl errichtete 1602 am Katizenstadel dann einen Zigelbau mit einem Bohrturm in dem die Löcher in die Kanonen gebohrt wurden. Das erfahren wir durch Dr. Renate Miller-Gruber. Sie ist Kunsthistorikerin und seit 2006 Mitglied im Vorstand des Kunstvereins Augsburg. Sie veröffentlichte zahlreiche Publikationen zur Architektur- und Stadtgeschichte Augsburgs.

Elias Holl - der gemainen statt werckmaisert", lautet der Text von Dr. Benhrahrd Niethammer, der sich mit Johannes Holl, dem bauenden Vater von Elias Holl, stark beschäftigt. Elias war schon mit 13 Jahren auf den Baustellen seines Vaters. Niethammer leitet seit 2019 das Schwäbische Bauernhofmuseum Illerbeueren. Als Bauhistoriker betreute er zahlreiche historische Gebäude.

Jens Baiter: Elias Holl und der Ärger mit den Handwerkern.



Es war der wohlhabende Kaufmann Kaufmann Anton Garb, der Elias Holl nach Venedig mitnahm, schildert Dr.Wolfgang Wallenta, den Aufenthalt des staunenden Elias Holl in der italienischen Handels-Metropole mit 140 Kirchen und 400 Pallazi, eine bedeutende Stätte europäischer Kunst. Dort eigente sich Holl die Bauweise der Renaissance an, die er für seine großen Augsburger Bauwerke anwendete. Walenta  ist Historiker und seit vielen Jahren Stadtführer in Augsburg. Er schildert Holls Italien-Reise in seinem Text "Elias Holl und die Architektur der italienischen Renaissance".  

Jens Baiter: Elias Holl und der Wasserturm bei der Kahnfahrt.



Durch die witzig-originellen Illustrationen des Augsburger Grafikers Jens Baiter erhält das Buch "Die Stadt und ihr Meister" eine amüsante Note. Auch wenn die Essays nicht in trockener Fachsprache daherkommen, so bringen die recht frechen Bilder von Baier, mit einem spitzbübisch, ja manchmal fast dämonisch dreinblickenden Elias Holl, etwas auflockernden Humor zwischen die Zeilen. Das macht das Buch über den Augsburger Baumeister Elias Holl nicht nur unterhaltsam, sondern auch zum idealen Geschenk aus unserem Augsburg, das wir immer mehr gern als Elias-Holl-Stadt erkennen und nennen.

Die Autoren, der Illustrator, der Verleger, seine Layouterin und der Turm-Betreuer bei der Buch-Präsentation vor dem St-Jakobs-Wasserturm bei der Augsburger Kahnfahrt.



Text: Arno Loeb


Die Stadt und ihr Meister. Elias Holl und die Stadt Augsburg, eine Auslese / Gebundene Ausgabe / 96 Seiten / 16,00 € ISBN 978-3-947881-06-2 / Zoeschlin-Verlag

Kommentare