Literaturpreis des Bezirks Schwaben: Beep. Beep. Beep.

Claudia Endrich freut sich in der Augsburger Stadtbücherei über den 1. Preis
für ihre Geschichte "There is more". 



Bei einer öffentlichen Preisverleihung in der Stadtbücherei Augsburg zeichnete der Bezirk Schwaben drei Autorinnen und einen Autor mit dem Schwäbischen Literaturpreis 2023 aus. Prämiert wurden unter anderem eine „Liebesgeschichte vor dem Hintergrund des Liebestöters Amazon“, eine humorvolle Erzählung aus Perspektive eines Germanisten in Japan und eine psychologische Beziehungsanalyse zwischen zwei jungen Menschen.


Die Preisträger/-innen im Überblick

Claudia Endrich wurde 1991 in Höchst am Bodensee im österreichischen Bundesland Vorarlberg geboren und studierte in Wien Kommunikationswissenschaften und Romanistik. Ihr Debüt „Das nächste Mal bleib ich daheim“ erschien 2020 in der edition atelier. Es folgten ein Stipendium für eine Schreibklasse von Gertraud Klemm an der sfd (vienna poetry school) und eine Veröffentlichung in der Anthologie „Suchbewegungen. Junge Literatur“ (2021, Kulturmaschinen Verlag). Im April 2023 war sie Stipendiatin der Österreichischen Gesellschaft für Literatur in Paliano, Italien. Endrich lebt in Innsbruck. Ihre ausgezeichnete Geschichte, die sich um die aufblühende Liebe in einem großen Lager dreht, beginnt mit den Worten "Bep.Beep. Beep."

Den 1. Preis bekommt Claudia Endrich aus den Händen von
Bezirkstagspräsident Martin Sailer.


Sabine Bockmühl wurde 1962 in Wuppertal geboren und wuchs in Lindau und Liechtenstein auf. Sie ist gelernte Grafikerin und Korrektorin und begann ab 2002 mit dem Literarischen Schreiben. 2017 erschien Bockmühls „Normale Leute. Erzählungen“ im Van Eck Verlag, Triesen. Hinzu kamen zahlreiche Veröffentlichungen in Anthologien, unter anderem in der Vorarlberger Literaturzeitschrift „miromente“, in den Jahrbüchern des Literaturhauses Liechtenstein, beim orte Verlag, Schwellbrunn, und Limbus Verlag, Innsbruck. 2023 wurde die Autorin erstmalig zum Literarischen Forum Oberschwaben eingeladen. Bockmühl lebt in Liechtenstein.

Sabine Bockmühl wurde für ihre Geschichte "Neuer Kontinent" ausgezeichnet. 
Die Laudatio hielt Julian Werlitz.


Achim Stegmüller wurde 1977 in Heidelberg geboren und studierte am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig und danach Japanologie in Tübingen. Er publiziert seit 2001 stetigLyrik und Prosa in Anthologien und Literaturzeitschriften, darunter ndl, edit und Am Erker. Stegmüller war von 2009 bis 2010 Stadtschreiber von Ranis in Thüringen und absolvierte Aufenthaltsstipendien im Künstlerdorf Schöppingen, im Alfred-Döblin-Haus in Wewelsfleth und im Künstlerhaus Lukas in Ahrenshoop. Sein Theaterstück „Als wir uns in Shanghai begegneten“ wurde 2010 mit dem Else-Lasker-Schüler-Stückepreis ausgezeichnet. Stegmüller erhielt 2012 ein Jahresstipendium für Literatur des Landes Baden-Württemberg. Der Autor arbeitet seit 2013 als Lektor für Deutsch in Kyoto, Japan.

Achim Stegmüllers Bruder nimmt für die Geschichte "Japan, Kopf und Brötchen" den Preis in Empfang.


Kathrin Thenhausen wurde 2000 in München geboren und studiert in Potsdam. Sie ist unter anderem Preisträgerin des Treffens junger Autoren 2021, des Literaturwettbewerbs zeilen-lauf 2022 und des Signatur- Förderpreises 2022. Thenhausens Kurzprosa und Lyrik wurde in Anthologien und Magazinen veröffentlicht, darunter die Anthologie zum Ulrich-Grasnick-Lyrikpreis 2022, Textsammlungen der Gruppe 48 und die Etcetera 92 (Mai 2023).

Karin Thenhausen sprach per Film zum Publikum in der Stadtbücherei.
Von ihr findet sich als Nachwuchspreis die Geschichte "Stadtgeflüster" in der Anthologie zum
Literatur-Preis des Bezirks.


Über den Schwäbischen Literaturpreis des Bezirks Schwaben

Der Bezirk Schwaben vergibt seinen Literaturpreis bereits seit 2005. Ziel der Auszeichnung ist es, die literarische Vielfalt schwäbischer Literatur zu erhalten und zu stärken. Teilnahmeberechtigt sind Autorinnen und Autoren mit Lebensmittelpunkt oder biografischen Wurzeln im schwäbisch-alemannischen Kulturraum.

Es kann ein unveröffentlichten Text zu einem vorgegebenen Thema eingericht werden. Der Schwäbische Literaturpreis ist mit insgesamt 6.000 Euro dotiert. Davon entfallen 2.500 Euro auf den Hauptpreis, 2.000 Euro auf den zweiten und 1.500 Euro auf den dritten Platz. 
Der mit 600 Euro dotierte Nachwuchspreis enthält zudem eine Einladung zur Meisterklasse Literatur bei der Sommerakademie der Schönen Künste 2024 in der Schwabenakademie Irsee. 

Das diesjährige Thema der Auszeichnung „gestern morgen“ ist an das Jahresmotto „gestern – heute – morgen“ des Bezirks Schwaben angelehnt, unter dem der Bezirk heuer sein 70. Jubiläum feierte.

Die Jury des Schwäbischen Literaturpreises 2023 setzte sich zusammen aus Oswald Burger (ehem. Literarisches Forum Oberschwaben), Dr. Michael Friedrichs (Redakteur), Dr. Saskia Grandel (Bezirk Schwaben), Dr. Sylvia Heudecker (Schwabenakademie Irsee), Dr. Ulrike Längle (ehem. Franz-Michael-Felder-Archiv Bregenz), Dr. Claudia Maria Pecher (Sankt Michaelsbund), Dr. Sebastian Seidel (Sensemble Theater Augsburg) und Dr. Julian Werlitz (Universität Augsburg). 
Den Vorsitz hatte Dr. Michael Friedrichs.


Die Geschichten in der Anthologie
"gestern morgen"


In der Anthologie "gestern morgen", die zum Literaturpreis des Bezirks 2023 erschienen ist, befinden sich 13 Texte, darunter auch die drei ausgezeichneten. Etwas nervig ist es, dass die Laudatio zum jeweiligen Preisträger vor dessen Geschichte kommt. Das wäre am Schluss des Buches besser aufgehoben, wo sich auch die kurzen Biographien der abgedruckten Autoren befinden. Wer will schon vorgekaut bekommen, welche Geschichte er jetzt gleich liest und wie gut sie ist?

Claudia Endrich: There is more
Eine Lagerarbeiterin verliebt sich in einen Kollegen, den Fahrer eines Gabelstaplers. Laudator Oswald Burger: "Das ist alles unspecktakulr, alltäglich, feühlhaft und treffen formuliert. Ein wunderbarer Text." 
 
Sabine Bockmühl: Neuer Kontinent 
Einm Roman-Geflecht aus Kurzgeschichten. Darin auch das Leben in der Vorstadt beim mysteriösen Döner-Imbiss. Laudator Julian Werlitz: "Erzählt werden kleine Ausschnitte aus dem täglichen Leben ganz verschiedener Menschen."  

Achim Stegmüller: Japan, Kopfund Brötchen
An einer Universität in Japan geschehen merkwürdige Dinge. Laudator Michael Friedrichs: "Nicht jede Hoffnung auf eine Uni-Karriere erfüllt sich, aber man hat dann immerhin was Erstgaunliches und Erinnernswertes erlebt."

Kathrin Thenhausen: Stadtgeflüster
Die Freundschaft zwischen Kindern. Laudatorin Saski Grandel: "Ein wahnsinnig , berührender Weckruf , sich selbst zu überprüfen, welche Erinnerungen und Gefühle aus der Vergangenheit man in jetzige Beziehungen trägt ..."

Simone Alber: Suppentage
Ein Knabe isst seine Suppe nicht und lässt sich einige Tage nicht mehr sehen. Erster Satz: "Neulich habe ich von meinem großen Bruder geträumt."

Olivia Auth: Der Mann aus Papier
Eine Frau blickt auf ihr unerfülltes Leben. Erster Satz: "Der Mann aus Papier saß etwas zerknittert an der Bahnhaltestelle."

Thomas Bissinger: Zucker
Alle warten auf den geheimnisvollen Farkas und sein Pferdegespann. Erster Satz:"Einmal im Monat kam die Zuckernacht."
  
Gerhard Dick: Lhea
Ein Delinquent hat einen zu kleinen Raum, Ein Kriegsherr gibt sich freundlich. Erster Satz: "Er hätte gern erfahren, ob es sich bei der Wasserfläche die durch das vergiterte Fenster zu sehen war, um einen Fluss oder einen See handelte." 

Karin Feltes: Morgen gibt es noch nicht
Das Sterbedatum jedes Menschen ist bekannt. Erster Satz: "Ich kann fliegen sagt Sam und lehnt sich so weit auf der Schaukel zurück, dass ihre Haare auf dem Boden schleifen."

Hajo Fickus: Der Zustand
Ein Computer will die Welt beherrschen und die Menschheit vernichten. Erster Satz: "Es ist etwas irritierend, dass ich nicht genau sagen kann, wann er begann."

Der ehrenwerte Dr. Beckmann
Ein Professor blickt auf längst vergangene Zeit zurück. Erster Satz: "Ich habe sie diesmal in unser Universitätmuseum eingelanden ..."

Sarah Mann: Hinter der Thuja
In einem Wohnhaus taucht im Keller ein versteckter Raum auf. Ester Satz: "Da kullerte meine Kindheit den Haufen runter."

Sorana Scholtes: Winterwende
Das Leben in einem fernen und in einem neuen Land. Erster Satz: "Die Winter, die Marla von zu Hause kennt, sind knochenkalt."


Das Cover zeigt den ausgetrockneten Forggensee. Es handelt sich dabei um ein 
Foto von Roland Seichter aus Kaufbeuren: „Forggensee Dry“. Was aber durchaus nicht bedeutet,
dass es sich um trockne Geschichten im Buch handelt.



Die Anthologie: „gestern morgen. Literaturpreis des Bezirks Schwaben 2023“, Wißner Verlag 2023. ISBN: 978-3-95786-345-4, Preis: 14,80€

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Die Fotografen hatten viel zu tun.

Dr. Saskia Grandel, Leitung der Stabstelle Weiherhof, erläuterte ihre Meinung zum Text des Nachwuchspreises "Stadtgeflüster" von KarinThenhausen: "Das triggert mich positiv."



"Begeisterung war zu spüren"
Unser Kommentar: Schade, dass dieses Jahr aus dem bayerischen Schwaben und somit auch aus Augsburg kein Preisträger des Bezirks kam. Daran dürfte wohl auch das Bewerbungs-System nicht unschuldig sein. Wer will sich schon bewerben und dann keinen Preis bekommen? Keine Autorin und kein Autor, der glaubt er habe eine gute Story verfasst. Es sollten auch Vorschläge zugelassen werden und es müsste sich auch der Bezirk selbst nach literarischen Talenten in Augsburg und in der Region umschauen. Wir sind sicher, hier gibt es einige.

Neben Bezirkstags-Präsident MartinSailer sitzt Melanie Melitta Hippke mit roter Weste, eine der wenigen Bezuirkstagsmitglieder die sich für diese Literatur-Veranstaltung interessieren.


Kürzere Vorreden hätten bei der Preisverleihung gut getan. Und wenn schon die Preisträger ihre Urkunden bekamen und vorgestellt werden, dann hätten sie auch gleich aus ihren Geschichten lesen können. Und nicht mehr als eine oder zwei Seiten. Ihre ganze Geschichte könnte aufgenommen werden und dann über Youtube zum Anhören bereit stehen. Außerdem werden sie in der dazu erschienen Anthologie abgedruckt. Das genügt doch. Natürlich will die Jury seine Meinung abgeben, warum und wieso ein Autor gewonnen hat. Bestens fundiert. Sicherlich. Aber zu laaaaaang! Werden ebenso in der Anthologie abgedruckt. Ein paar Worte auf der Bühne genügen, um nicht an Kaugummi zu erinnern. Das würde auf einem Blatt fürs Publikum zum Lesen besser rüberkommen. Und müssen so viele Leute was dazu sagen? Landrat Martin Sailer hats als Bezirstags-Präsident ganz gut hinbekommen, keine ausufernde Laudatio für die Peisträger zu verkünden. Es ist ja keine Auszeichnung für schöne Reden, sondern für schöne Literatur. 

Michael Friedrichs als Redakteur der Anthologie "gestern morgen" war auch in der Jury.


Der Saal in der Stadtbücherei war bei dieser Preis-Verleihung gut gefüllt. Die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit des Bezirks war bestens vertreten. Lediglich einige Mitglieder der Jury, deren Namensschilder zu sehen waren, ließen ihre Plätze leer. 

Einige Jury-Stühle sind leer.


Eine sehr gute Idee war es, jeden Preisträger mit einem großen Banner im Saal den Besuchern vorzustellen. Damit zeigt sich der Respekt und das Engagement für die Autoren. Auch das kleine bunte Lesezeichen ist ein Beweis für die liebevolle Behandlung. Bravo!

Jürgen Kannler von der Zeitrschrift a3kultur hört genau hin.


Zur Veranstaltung in der Stadtbücherei ist zu sagen, dass eine Pause ungünstig ist. Dabei verdrückt sich die Hälfte des Publikums und fehlt dann bei den Lesungen im Saal, der dann halbleer die Begeisterung der Autoren vielleicht etwas schmälert. Der Moderator Marius Müller war wie immer schlagfertig und charmant. Auch wenn sein Mad-Max-Beispiel nicht besonders großen Anklang bei einigen Beteiligten fand. Dafür war sein Gag mit dem Bruder gelungen. War eine Anspielung auf Aiwanger. Weil der Bruder Stegmüllers, der in Japan weilte und sich per Film bedankte, den Preis entgegennahm. Die Preissumme könnte insgesamt ruhig etwas höher als 6.000 Euro sein, damit die Autorinnen und Autoren nicht nur ihre Stromrechnung damit zahlen können. Ein schlechtes Beispiel gibt dafür die Stadt Augsburg mit ihrem kärglich dotierten Kunstförderungspreis ab.

Auch Lyriker Knut Schaflinger und Buchhändler Kurt Idrizovic
befinden sich im aufmerksam lauschenden Publikum.


Auf jeden Fall war die Begeisterung über die ausgezeichnete Literatur zu spüren und das ist die Hauptsache. Der Abend war mit Akkordeon-Spieler und kleinen Häppchen gut gestaltet. Und es war interessant, belebend und machte Spaß, sich mit den Autoren und dem Publikum zu unterhalten. Beste Stimmung war das. Wir freuen uns auf den nächsten Literatur-Preis, seine Geschichten und seine Autoren: Bep. Beep. Beep.

Am Akkordeon sorgt Martin Hegele von der Band "Die Scheineiligen" mit
flotter Spielweise für eine muntere Preisverleihung. 


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2024 lautet das Motto für den Literatur-Preis des Bezirks Schwaben:

 "Auf Augenhöhe"

Der Bezirk Schwaben lobt nun den Schwäbischen Literaturpreis 2024 aus. Bis zum 1. April 2024 können Bewerberinnen und Bewerber an die Bezirksheimatpflege ihre unveröffentlichten Prosatexte zum Thema „Auf Augenhöhe“ zusenden. „Schwaben ist vielseitig – das gilt auch für seine Literatur“, sagt Bezirkstagspräsident Martin Sailer. „Mit unserer Auszeichnung wollen wir den vielschichtigen literarischen Stimmen unserer Heimat Gehör verschaffen.“ Bezirksheimatpfleger Christoph Lang betont: „Das Engagement im Sozial- und Kulturbereich bestimmt traditionell die Arbeit des Bezirks Schwaben. Unser diesjähriges Motto ‚Auf Augenhöheʹ soll diese Ausrichtung widerspiegeln und helfen, den literarischen Fokus auf das Thema Inklusion zu richten.“

Hier mehr Information zum Mitmachen.

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